Unverhältnismäßiger Mehraufwand, zusätzlicher Stress mit der Stundenplangestaltung und dem Bafög-Amt oder gar die Unmöglichkeit, sein Studium in Regelstudienzeit zu beenden: Die Latinumspflicht für Lehramtsstudiengänge ist bei den Studierenden in NRW spätestens seit der Bologna-Reform ziemlich verhasst. Nach mehreren kooperativen Gesprächen mit den studentischen GremienvertreterInnen unterstützt der Senat der RUB nun offiziell die Abschaffung der Latinumspflicht. Jetzt muss nur noch die Landesregierung von der gleichen Sache überzeugt werden, um das Lehramtsstudium vieler Fächer wieder sinnvoller und studierbarer zu gestalten.
Bereits 2009 gab es eine Initiative aus der studentischen Basis heraus, die Latinumspflicht für Lehramtsstudierende abzuschaffen. Tatsächlich wurde mit dieser Unterschriftenaktion eine Öffentlichkeit geschaffen und die Diskussion auf breiterer Ebene angefacht, doch verblieben diese Bemühungen leider ohne Wirkung.
Ohne Latein kein Englisch?
Noch sieht die Lehramtszugangsverordnung (LZV) das Latinum als Voraussetzung für die Ausübung des LehrerInnenberufes an Gymnasien und Gesamtschulen für folgende Fächer vor: Englisch, Französisch, Geschichte, Italienisch, Katholische Religion, Spanisch; in Philosophie entweder das Latinum oder das Graecum; in Latein und Griechisch sind beide Zertifikate erforderlich. Damit ist die Verordnung „gegenläufig zu dem KMK-Beschluss (Kultusministerkonferenz, Anm. d. Red.) vom 16. Oktober 2008“, wie es in der Resolution heißt, die am vergangenen Donnerstag vom Senat angenommen wurde.
Die zweite Welle studentischen Engagements nahm ihren wirkungsvollen Anfang im Mai 2012. Da besuchte NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze auf Einladung der Juso-Hochschulgruppe im Rahmen der Reihe „SozialdemokratInnen in touch“ ihre Alma mater, die RUB, und nahm Fragen aus der Studierendenschaft auf. Dem Studenten Jan Cassel, der sie auf die unhaltbaren Zustände im M.-Ed.-Studium ansprach, sicherte sie lediglich schwammig zu, sich der Sache anzunehmen. Eindeutig effektiver wurde sich an der Uni um die Sache gekümmert: Zusammen mit betroffenen Studierenden begann der damalige Referent für Hochschulpolitik Tim Köhler an einer Resolution zu arbeiten, welche die Abschaffung der Latinumspflicht fordert.
Vorbildliche Vernetzung Verantworlicher
Zahlreiche Räder wurden in Bewegung gesetzt, die endlich fruchtbar ineinander griffen. Die FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK), der AStA und die (Senats-)Liste der Fachschaften arbeiteten vorbildlich zusammen. „Es kam auch sehr viel von Studierenden, die sonst nicht in Gremien oder Fachschaftsräten engagiert sind“, erzählt Sina Wunderlich, FSVK-Sprecherin. Daran sähe man, wie wichtig den Studis das Thema ist.
Vor einigen Monaten wurde eine erste Frucht dieser Zusammenarbeit von der studentischen Senatsfraktion in den Senat eingebracht. Auch dabei wieder vorbildlich: die Vernetzung. Die Recherchearbeit habe vor allem Jan Cassel erledigt, sagt Moritz Fastabend, Tim Köhlers Nachfolger im HoPo-Referat, so dass er selbst sich um „Koordinaation und Feintuning“ kümmerte.
„Natürlich sind die Senatsfraktionen nicht immer einer Meinung, aber die Zusammenarbeit mit dem Senat und der UKL (Universitätskommmission für Lehre – Anm. d. Red.) ist in der Regel gut“, sagt Sina Wunderlich – dieses Mal aber war man sich einig. Und so gab die UKL viel hilfreiches Feedback für eine weitere Version. Diese musste kurzfristig in einer mehrstündigen Sitzung ausformuliert und in die Senatssitzung am vergangenen Donnerstag eingebracht werden– mit Erfolg! Mit 14 Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen und drei Enthaltungen unterstützt der Senat der RUB die Resolution des AStAs.
Und wie geht es jetzt weiter?
Unterstützt wird die Resolution außerdem von der FSVK, der studentischen Senatsfraktion, den ASten der Unis Köln und Paderborn sowie der Hochschule für Musik Detmold und der Vertretung der SchulmusikerInnen Letzterer.
„Jetzt ist es Aufgabe des AStA, für Vernetzung zu sorgen“, sagt Wunderlich. Damit hat es bereits gut geklappt. Zeitungen haben im Vorfeld über die Latinumsdebatte an der RUB berichtet. „Die Resolution war medial gut platziert“, sagt der jetzige AStA-Vorsitzende Tim Köhler, „und der Medienkontakt besteht weiterhin.“ Auch auf dem Landes-ASten-Treffen am Mittwoch, dem 17. April, wird das Thema zur Sprache kommen.
Alle weiteren Schritte und Möglichkeiten werden auf der öffentlichen Podiumsdiskussion am Freitag um 12.30 Uhr im HGB 40 besprochen. Alle Studierenden sind eingeladen, sich zu informieren und an der Diskussion teilzunehmen. Anwesend werden u.a. sein: Die hochschulpolitischen SprecherInnen der Regierungsparteien, VertreterInnen der Opposition (auch der studentischen Opposition – der FSR Klassische Philologie hat mit beachtenswertem Engagement viel Rückgrat bewiesen und ein Sondervotum zur Beibehaltung der Latinumspflicht beim Senat eingereicht), Prof. Dr. Glei vom Seminar für Klassische Philologie sowie eine Vertreterin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft.