Dear Diary, I’m totally exhausted… Was war der Juni für’n Höllentrip. Lächeln und winken! Dabei hat mein wahres Ich, der Wolf im Schafspelz, längst die Weltbühne betreten. Und immerhin bin ich der Erste Präsident mit Nobelpreis. Im Prinzip hab ich ja auch schon echt viel erreicht – oder? Wären da nicht immer diese viel zu hohen Erwartungen, lästigen Dienstreisen und nervigen KollegInnen. Beim Treffen mit Xi Jinping auf Ranch Sunnylands im 42 Grad heißen Kalifornien hatte ich schon den Kaffee auf: Unserer hemdsärmelig lockeres Weltmächtetreffen sollte einen historischen Neubeginn markieren. In der Tat, dass Nordkorea doof ist, darauf konnten wir uns einigen – Atomwaffen übrigens auch, aber dazu später mehr. Und sonst? – Nix. Eigentlich wollte ich ordentlich auf die Kacke hauen. Denn dass die Streitkräfte in Schanghai meine US-Unternehmen und -Ministerien hacken, ist schon ziemlich uncool. Irgendwie schien mir der Zeitpunkt dann aber recht ungünstig. Ich muss stattdessen was von „Zeitalter der globalen Vernetzung“ und „Neuland“ gefaselt haben – weiß nicht mehr genau – die kalifornische Sonne brannte mir so unerbittlich aufs Haupt. Doch nach meinem Besuch in Germany dämmerte es… In der Karibik hat Peking jetzt Sportstadien gebaut, die MexikanerInnen dürfen endlich Tequila und Schweinefleisch ins Land der Mitte exportieren. Ich gehe leer aus. Na Super!
Dann ging’s zu G8 nach Nordirland: Wild und rau, klimatisch eine gelungene Abwechslung. Aber dieser Putin, immer dieser unbequeme alte Sesselpupser aus‘ m Kreml. Waffen für die RebellInnen in Syrien, keine Waffen für syrische RebellInnen – da darf man ja wohl mal unterschiedliche Meinungen haben. Gut wenigstens, dass deshalb nicht wirklich über Eurokrise, Klima und Handel diskutiert wurde.
Last but not least: Obamania in good Old Germany. Wenn schon Europa, dann auch Berlin besuchen. Wären da nicht diese unerbittlichen Deutschen. Erst erwarten se, dass ich ein halbes Jahrhundert nach „Ich bin ein Berliner“ den zweiten Kennedy oder zumindest einen kleinen Reagan mache, dann sind se enttäuscht, dass ich bloß der Barack bin. Nach meinem frenetisch umjubelten Gastauftritt mit Fanmeile 2008 ein ernüchterndes Erlebnis. Zuerst habe ich Gauck und sein Schloss besucht. Reibungsloser Auftritt. Dann Angela und Guido im Kanzleramt. Mensch, war da ne Affenhitze. 11 Uhr morgens, 35 Grad. Und alle so verklemmt. Neben Syrien und Sicherheitspolitik stand auch mein kleines Spionageproblem auf dem Programm. Dass das Netz für alle Neuland sei und Feinden ihrer demokratischen Grundordnung neue Waffen an die Hand gäbe, erklärte die Kanzlerin. Na, ich bin doch ein guter Freund. Im Vorfeld wurde ja ewig über mein Verhältnis zu Angela spekuliert. Also soweit kann ich beruhigen: Da läuft nix. Habe ja Michelle und die Prinzessinnen. Waren übrigens alle dabei in Berlin und mussten einen Geschichtskurs mit Merkels Mann absolvieren, während Papa die Brötchen verdient hat. Zu guter Letzt am Brandenburger Tor hieß es runter mit dem Jackett – auch wenn’ s für die China-Beziehungen nichts geholfen hat – und dann den Leuten liefern, was sie hören wollen (das Wahlprogramm von 2008). Etwas gestört hat mich dabei ja der ganze Sicherheitsquatsch. Zum Beispiel die fette kugelsichere Scheibe vorm Kopp. Als junger Mann habe ich in Chicagos Armenvierteln soziale Arbeit geleistet. Wer da heil rauskommt, überlebt auch Berlin ohne Panzerglas und Sondereskorte. Irgendwas für die Geschichtsbücher musste dann noch aus dem Hemdsärmel: Atomwaffen sind doof! Wenn Russland abrüstet, bin ich dabei. Cyber- und Drohnenkrieg sind da viel ressourcenschonender. Ich liebe mein Volk!
Bloß VerräterInnen kann ich nicht leiden. Und jetzt ist auch noch der olle Snowden ausgebüchst. Mit Zwischenstopp in Moskau ab nach Ecuador. Das fehlte mir noch…
Mal wieder Urlaub braucht,
dein Barack