Die ARD hat ihren Nachrichtensendungen ein neues Studio spendiert. Auf einer fast 18 Meter langen gekrümmten Leinwand, auf die Bilder, Videos und 3D-Grafiken projiziert werden können, und zwischen zwei geschwungenen Tischen präsentieren die NachrichtensprecherInnen der ARD seit Samstagabend sämtliche Tagesschau-Ausgaben, die Tagesthemen und den Wochenspiegel. Überhaupt wurde das Design modernisiert, die Eingangsmelodie etwa neu arrangiert. Die ARD hat sich alle Mühe gegeben, in den zwei Wochen zuvor Spannung auf den Wechsel zu erzeugen, in Erklärstücken darzulegen, was das neue Studio alles leisten kann und wieviel es gekostet hat: 23,8 Millionen Euro. In den Kommentarspalten meldete sich sofort Protest, der in seiner Reflexhaftigkeit fast schon erwartbar war, aber schwer nachvollziehbar ist.

Es gibt zahlreiche KritikerInnen, die sich über jede öffentlich-rechtliche Ausgabe echauffieren (wollen) und gebührenfinanzierten Rundfunk rundheraus als Zwangsabgabe geißeln und entsprechend ablehnen. Zugegeben, die Anstalten der ARD sowie das ZDF zeigen in ihrer Berichterstattung nicht immer die gebotene Staatsferne, aber wie unabhängig von Privatinteressen Nachrichten finanziert werden sollen, verraten die DauernörglerInnen nicht.

Nun hat die ARD mit ihrer umfangreichen Vorabinformation eine Transparenz an den Tag gelegt, von der sich andere von der öffentlichen Hand finanzierte Projekte eine Scheibe abschneiden könnten, dabei aber zugleich den Eindruck erweckt, sich rechtfertigen zu müssen. Man erfährt die Gründe für das neue Design. Tagesschau und Tagesthemen wollen sich modernisieren, neue Wege der Präsentation beschreiten und das meistgesehene Nachrichtenformat, nach dem immer noch sämtliche Sender den Beginn ihres Hauptprogramms ausrichten, heutigen Sehgewohnheiten anpassen, ohne dabei einem Trend hinterherzuhecheln. Fotojournalismus soll durch mehr und vor allem größere Bilder eine stärkere Rolle zukommen. Zudem werden sich die ModeratorInnen der Tagesthemen durch das große Studio bewegen und von Kopf bis Fuß zu sehen sein, was wohl den größten Bruch mit dem Gewohnten für ZuschauerInnen und Beteiligte darstellt. Nun wurden bei den ersten Ausgaben in neuer Umgebung noch nicht alle Möglichkeiten ausgereizt; die Größe des Studios war zur Premieren-Tagesschau nur während des Intros und Outros zu erfassen und Jan Hofer wirkte etwas verloren im riesigen Studio. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur in den Tagesthemen, sondern auch in den Hauptnachrichten um 20 Uhr künftig das komplette Studio ausnutzt wird. Medienwissenschaftlich, journalistisch ist der Umbruch jedenfalls faszinierend, und auch die zurschaugestellte Vorfreude der Tagesschau-JournalistInnen auf die Herausforderungen des neuen Zuhauses kann man ihnen durchaus abnehmen. ZuschauerInnen und GebührenzahlerInnen könnten es ebenfalls honorieren, dass die ARD ihre Flaggschiff-Sendung für die Zukunft flott macht. Das neue Studio soll für die nächsten zehn Jahre die Heimat der Nachrichtensendungen sein; da scheint ein Gesamtpreis von 23,8 Millionen Euro – auch im Vergleich zum 30 Millionen Euro teuren ZDF-Nachrichtenstudio – völlig im Rahmen. Natürlich sind auch hier Fragen danach, wie Gebührengelder eingesetzt werden, völlig berechtigt, aber in Perspektive zu betrachten. Zieht man die dreistelligen Millionenbeträge als Maßstab heran, welche die öffentlich-rechtlichen Sender an Gebührengeldern für Sport-Übertragungsrechte etwa der Bundesliga oder der Champions League bezahlen, und das jährlich, dann wirkt die Kritik an der Investition in gebührenfinanzierten Nachrichtenjournalismus reichlich überzogen.