Heiliger Stuhl ist auch nur Scheiße. Diesen Satz liest man bisweilen, allein in diesem modernen Medium, das man Internet nennt, 92.500 Mal. In der Tat wäre es interessant, in Erfahrung zu bringen, ob es tatsächlich einen solch heiligen Stuhl gibt, schließlich wird in der katholischen Kirche so einiges verehrt: Knochen, Zähne, Schädel, Blutampullen; Holzsplitter, verschwitzte Tücher, Stroh aus der Krippe. Und tatsächlich tauchten im Mittelalter auf einmal nicht nur Fläschchen mit der Muttermilch Mariens auf, sondern auch die Windeln Jesu. Wenn sich da nicht Spuren des allerheiligsten Stuhls finden lassen!
Nicht im Mittelalter, sondern spätestens ab dem 15. März 2013 steht ein ganz anderer Heiliger Stuhl im Rampenlicht des öffentlichen Interesses. Wir springen also von Bedeutung 4b im Duden („Kot (1) vom Menschen“) zu Lemma 3: „katholische Kirche“, aber „nur in bestimmten Fügungen“. Diesen zu besetzen ist nämlich ausgeschrieben. Bewerber müssen für diesen Posten zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen Katholiken sein – und männlich. Eine Frauenquote gibt es nicht. Aber die hätte man in Europas letzter absolutistischen Monarchie auch nicht erwartet. Andererseits hat auch niemand damit gerechnet, dass dieser Posten freiwillig abgegeben wird. Schließlich hat seit 1294 bislang jeder Papst sein Amt mit Würde und Altersdemenz bis in den Tod getragen. Andererseits ist man trotz Niederlassungen auf der ganzen Welt beim global player Katholische Kirche auch erst nach fünf Jahrhunderten das Wagnis eingegangen, einen Deutschen auf den Heiligen Stuhl zu setzen. Und dieser hat – nach der Sitte deutscher Politiker – irgendwann seinen Rücktritt bekannt gegeben. Allerdings nicht als direkte Folge eines politischen oder privaten Skandals. Es ist halt alles so kompliziert in diesem winzigen Land mit den großen Geheimarchiven. Oder hat Josef „Benni“ Ratzinger etwa bei seinem Glaubensbekenntnis plagiiert und tritt deshalb, von Gewissensbissen geplagt, zurück?
Mit dieser Entscheidung hätte Josef „Ratzefummel“ Ratzinger, so der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki, das Amt, ja „entzaubert“. Da muss man doch sagen: Respekt! Was die mehrmalige Aufforderung zu Krieg, Mord und Totschlag, die Jahrhunderte von Kämpfen um politische Einflussnahme, die Personalunion mit dem Amt eines weltlichen Staatsoberhauptes, die Borgias, die Ersetzung von Gebeten durch Geldzahlungen und ein eher wenig teilnahms- und verantwortungsvolles Umgehen bei der Aufklärung von Kindesmissbrauchsfällen nicht hingekriegt haben, das schafft Josef „Ratzfatz“ Ratzinger mit links.
Wenn eine solch kritische Sicht auf die eigene Institution von nördlich der Alpen stammt, ist es vielleicht wirklich wünschenswert, wenn der nächste Nachfolger des Apostelfürsten von südlich der Sahara kommt. Immerhin steht eine der größten Kirchen, Notre-Dame-de-la-Paix, in Yamoussoukro, der Hauptstadt der Elfenbeinküste. Warum nicht gleich die gesamte Kurie dorthin verlegen? Architektonisch orientiert sich die ivorische Notre Dame ohnehin am Petersdom, warum dann nicht auch strukturell?
Warum ist dieser Text ein Referat enzyklopädischen Wissens? Weil das Pontifikat ein Kuriosum in einem kuriosen Staat ist. Was es aber nicht ist, das ist entzaubert, sondern unglaubwürdig und überflüssig. Und das nicht erst seit Josef „Sweet Sixteen“ Ratzinger.