Es ist Warnstreik. Schon zum dritten Mal innerhalb von zehn Tagen stehen sämtliche kameraüberwachten U35-Räder still, weil Verdis starker Arm es will.

Szenario 1: Auch in Mensen und Cafeten tut sich nicht allzu viel an diesem 27. März – die Angebotseinschränkungen des Akafö machen nicht wenigen Studis und MitarbeiterInnen zusätzlich zu schaffen, die es trotz Streik an die Uni geschafft haben. Obwohl das Verständnis für die berechtigten Gewerkschaftsforderungen weiterhin groß ist, entschließt sich der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Ruhr-Uni zu einer kulinarischen Soli-Aktion mit den von den Streikauswirkungen Gebeutelten: Im Akkord werden vor dem KulturCafé Fleisch und Gemüse auf den Grill geworfen, um den Heißhunger der Streikgeschädigten zu stillen.

Doch da hat der AStA die Rechnung ohne die Grüne Hochschulgruppe (GHG) gemacht: „Jede Milderung“ der „Leiden der Studierenden“ mildere zugleich „die Schlagkraft eines Warnstreiks!“, heißt es lautsprecherstimmengleich in einer ausrufezeichenreichen Stellungnahme auf den GHG-Netzseiten, die mit der schlagkräftigen Schlagzeile „AStA fällt Streikenden in den Rücken!“ überschrieben ist.  Als vermeintlicher „Streikbrecher“ wird im gleichen Atemzug der AStA denunziert – „die AStA-Referent*innen haben faktisch genau die Aufgabe der streikenden Akafö-Mitarbeiter*innen übernommen: Sie haben für Geld Essen ausgegeben“, bringt die GHG ihre Kritik auf den Punkt. Im Akt des Verkaufens sehen die Hochschulgrünen eine besondere Schwere des behaupteten Streikbruchs seitens des RUB-AStA: „Wenn er das Essen wenigstens verschenkt hätte, wäre dies zwar auch gegen die Interessen der Akafö-Beschäftigten gewesen, aber die AStA-Referent*innen haben ihr Grillgut sogar verkauft und sich somit wie klassische eingekaufte Streikbrecher*innen verhalten“, ereifert sich die GHG in ihrer Online-Polemik.

Doch das ist noch nicht alles: Der sich zwar solidarisch mit den Beschäftigten erklärende Allgemeine Studierendenausschuss zeige faktisch nicht nur keine wirkliche Solidarität mit diesen, sondern verhalte sich vielmehr solidarisch mit den ArbeitgeberInnen: „Das ist umso perfider, da der AStA selbst Arbeitgeber ist“, wird in der Online-Stellungnahme nachgelegt. Man hoffe, dass der AStA zumindest „keine eigenen Beschäftigten, sondern (nur) politische Angestellte eingesetzt“ habe – ansonsten würde dies einen ‚gezielten Streikbruch‘ bedeuten, heißt es in der GHG-Stellungnahme vom 1. April weiter. Dass der AStA keine veganen Tofu-Schnitzel gegrillt hat, ist den Grünen dagegen offenbar keine kritische Zeile wert.

Szenario 2: Man nehme Szenario 1 und die spezifische politisch-ökonomische Kritik der GHG am Verkauf des Grillguts. Bei einem angenommenen Warenwert von zweihundert Cent pro Portion kämen wir bei 500 ausgegebenen Speisen auf einen Verlust von 1.000 Euro. Was würde die GHG dazu sagen?

Szenario 3: Die ArbeitgeberInnenseite hat die Verdi-Forderungen auch nach dem dritten Warnstreiktag immer noch nicht erfüllt. Der Betrieb in Mensen und Cafeterien wird nun für eine gesamte Woche komplett eingestellt. Die AStA-tragenden Listen beschließen daraufhin, mit einem auf ungeklärtem Wege in ihre Hände gelangten Schlüssel in die Mensa einzudringen, um den Betrieb zum Selbstkostenpreis aufrecht zu erhalten. Die Bildzeitung bildet den AStA-Vorsitzenden mit einer gigantischen Schöpfkelle bei der Essensausgabe ab – „Held der Arbeit“ lautet die Bildunterzeile. Tags darauf stellt die GHG wegen allgemeiner Verzweiflung ihre Arbeit ein und beschließt, zur nächsten Wahl zum Studierendenparlament nicht anzutreten. „Streiks ändern nichts – sonst wären sie verboten!“, lautet die Überschrift des Abschiedsflyers.

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