Ein politisch isoliertes, verarm­tes Land am Rand der Welt droht mit Atomwaffen und empfiehlt anderen Ländern vorsorglich schon einmal, ihre DiplomatInnen nach Hause zu holen. Allem Anschein nach rüstet die „Demokratische Volksrepublik Korea“, hierzulande besser bekannt als Nordkorea, nicht nur verbal zum Krieg. Schon seit Jahren weisen AnalystInnen auf die immense Anzahl von unter Waffen stehenden SoldatInnen hin: Etwa jedeR zwanzigste NordkoreanerIn ist beim Militär. Im vergangenen Jahr zog sich das in dritter Generation herrschende Kim-Regime (aktuell führt Kim Jong-un die halbe Halbinsel) globalen Spott mit einem gescheiterten Raketentest zu, und auch sonst laufen die immer schrilleren Drohungen oft ins Leere. Bisher hat noch kein Staat seine MitarbeiterInnen nach den Warnungen des Regimes abgezogen. Stattdessen wenden sich selbst die wenigen verbliebenen alten Verbündeten stückweise ab: Der große und einflussreiche Nachbarstaat China kann es sich nicht leisten, auf dem Parkett der wirklich wichtigen und großen Politik mit einem postpubertierenden Provokateur an der Hand unangenehm aufzufallen.
Ohne das Reich der Mitte im Rücken kann der ehemals kommunistische Norden der koreanischen Halbinsel aber gar nicht so schnell drohen, wie er in einer ernsthaften militärischen Auseinandersetzung mutmaßlich unterliegen würde. BeobachterInnen vermuten deswegen gar innenpolitisches Kalkül hinter den Drohgebärden gen Westen. Innere Einheit durch äußere Feinde – das ist ein altes, aber scharfes Schwert im Arsenal der Politik. Und so bleibt dem pausbäckigen Führer des Militärstaates aus dem Ausland wohl weiterhin nur beißender Spott, vor allem im Netz. Ein Blog listet zum Beispiel offizielle Propagandafotos aus dem hermetisch abgeriegelten Land auf, die den Machthaber beim Betrachten von Dingen zeigen. Bilder des nicht wirklich fotogenen Mannes beim Anschauen von Kostümen, Basketballspielen, Stiften und zahllosen weiteren Alltagsgegenständen und -situationen zeichnen nicht gerade das Bild eines Generals, der zum Sprung ansetzt, um die Welt zu erobern. Und inszeniert er sich einmal gefährlich, weist der Vorsitzende der nationalen Verteidigungskommission (so der offizielle Titel)  einfach zu viele Parallelen mit drittklassigen Filmschurken á la James Bond auf, um wirklich bedrohlich zu wirken – siehe zum Beispiel das oben erwähnte Beispiel mit der Rakete.
 Und so lässt ihn die Weltgemeinschaft gewähren, in der Hoffnung, er sei wie seine Vorgänger ein polternder, aber letztlich zahnloser Unruhestifter. Etwas über die üblichen Konventionen hinaus polemisch, aber doch im Herzen eher pragmatischer Realpolitiker als geisteskranker Nuklearzündler. Die Welt wettet, dass Kim nicht verrückt ist.  Was aber, wenn sich herausstellen sollte, dass der Jung-Diktator (Jahrgang 1983) doch nicht ganz richtig im Oberstübchen sein sollte? Dann steht einem vereinten Korea mittelfristig wohl nur noch ein Strahlung absondernder Krater irgendwo zwischen dem verhassten Bruderland und der nächsten amerikanischen Militärbasis im Wege. Es sei denn natürlich, der Rakete vom letzten Jahr wird als Träger für den Atomsprengkopf noch einmal eine Chance gegeben.