Erst die Rechtschreibreform und jetzt das. Sprachwandel – gemacht für Begriffsstutzige. Unterdrückung der Interpretationsfreiheit. Eurythmie in Schriftform. Niemand kann mehr ohne ihn hier: . Er ist überall. Hihi. . Worte, Sätze, logische Aussagen und Zusammenhänge sind sowieso nur noch überflüssig. Voll out und so. Warum sollte man einen sinnvollen Text ausformulieren, wenn man stattdessen die Möglichkeit hat, einen Affen zu versenden, der sich die Augen zuhält? Oder die Abbildung eines Shrimps? Oder einen Kacka-Haufen, der den/die EmpfängerIn höchst blöd angrinst?
Aber das, was mir wirklich zu denken gibt, ist, dass Aussagen via Mail, SMS, Facebook, What’s App… eine ganz andere Semantik erhalten, wenn man mal den Allmächtigen vergisst. Man bekommt einen richtigen Schock, wenn man eine Nachricht von SeniorInnen oder HalbseniorInnen, die sich aus lauter Gruppenzwang ein Handy mit überdimensionalen Tasten zugelegt haben, empfängt. Da hat man direkt das Gefühl, persönlich angegriffen oder unterschwellig kritisiert zu werden! „Wann kommst du?“ Okay, dann komm ich halt nicht! Hättest du mir ja gleich sagen können, dass dir das zu stressig ist!
„Wir treffen uns heute Abend an der Ecke.“ Punkt. Einfach nur Punkt? Kein Smiley? Kein Emoticon? Wenn das jemand lesen würde, der/die würde denken, ich wickelte heute Abend einen wichtigen Drogendeal ab, ich sei Mitglied einer geheimen kriminellen Gesellschaft. Die SMS impliziert: EineR muss sterben. Entweder SenderIn oder EmpfängerIn. Noch heute Nacht.
Oder man stellt sich Folgendes vor: Der Freund schickt eine Message mit „Wir müssen reden ☺“ oder aber mit „Wir müssen reden.“ Erstere erweckt Glücksgefühle, die zweite eher Selbstmordgedanken. Oh mein Gott, er will mit mir Schluss machen! Er hat mich betrogen. Ganz sicher. Er ist bestimmt mit dieser einen zusammen. Von der er erzählt hat. Die, die immer so süße Smileys schickt. Dann wird erst einmal rumtelefoniert, um eine zweite Meinung einzuholen. Oder man schickt direkt eine Rund-SMS à la „“. Dann wissen sowieso alle, was Sache ist. Und das Beste: Die erste Frage von der Freundin wird immer sein: „Was hat er denn für einen Smiley geschickt?“ und dann: „Wie? KEINEN?!“ Dramatisches Schweigen. Dass der Absender lediglich reden will, ist gar keine Option.
Ob wir es wollen oder nicht, die kugeligen, gelben Grinsebäckchen werden die Weltherrschaft übernehmen. Dann gibt es einen Smiley, oder von mir aus auch Emoticon, der ausdrückt, dass man grade auf Toilette ist, einen, der verbildlicht, dass man grade anderweitig beschäftigt ist… Und noch viel präziser. Wahrscheinlich gibt es das schon längst, ich bin nur noch nicht auf dem neusten Stand – mega uncool von mir (Affe-der-sich-vor-lauter-Scham-die-Augen-zuhält). Ich würde ja gerne was gegen den Niedergang der Sprache tun und mich gegen die Smiley-Herrschaft wehren, aber dann hätte ich keine FreundInnen mehr, weil die entweder denken würden, ich hätte mit ihnen Schluss gemacht oder weil sie mich aus Todesangst meiden würden. Ganz sicher, eins von beiden. Freut euch auf die baldige Ausgabe der :bsz, in der ihr euch nur noch Smileys und Emoticons anschauen braucht. Alles andere wäre ja auch viel zu anstrengend. Voll von gestern, ey.