Köln, 25.10.2007: Das Haus rockt…beziehungsweise die Live Musik Hall. Vier bekannte Bands der Metalszene geben alles und reißen das Publikum mit. Die Halle ist brechend voll und mit 2500 Metalheads ausverkauft.

Um 18.30 Uhr ist Einlass. Bereits zu diesem Zeitpunkt nahm die Parkplatzsuche eine gute Viertelstunde in Anspruch. Also geparkt, letztes Bier gezischt und ab in die Schlage. Nachsorgfältigen Securitycheck darf man endlich in den Innenhof, in dem ein paar Bierbänke stehen, ein Getränkewagen und der riesige Tourbus von Soilwork.
Ab 19.20 Uhr begaben sich allmählich die letzen Musikfreunde in die Halle um „Syndicate“, eine schwedische Melodic-Death-Metal / Metalcore-Band aus Falkenberg, die von drei Brüdern gegründet wurde, zu sehen. Die Band wurde 2002 als „Fallen Angels“ gegründet und ist damit die jüngste Band der Tour. Ihr aktuelles Album seit Mai heißt “ Only Inhuman“, was sie auch auf dem Wacken dieses Jahr präsentierten. Trotz der hohen Erwartungen an die weiteren Bands, schaffte es „Sonic Syndicate“ die Menge zu begeistern und in Stimmung zu bringen.
Eine halbe Stunde später wurde umgebaut und die Bühne für „Dark Tranquillity“, eine Melodic-Death-Metal-Band aus Schweden freigegeben. Natürlich fehlte es auch hier nicht an Stimmung und die Temperatur in der Halle stieg allmählich. Als dann die ersten Klänge von „Misery Crown“ von ihrem aktuellen Album “ Fiction“ ertönten, waren nur noch wenige zu halten und es wurde alles gebangt, was man so hat. Auch ein paar alte Sachen wurden zum Besten gegeben, da es dieBand schon seit 1989 gibt, so dass auch die jung gebliebenen Metalfreunde, die zu den Hochzeiten von ACDC schon 30 waren, nicht zu kurz kamen.
Musik, Bier, Schweiß
Wieder einen Umbau später betrat eine schwedische Melodic-Death-Metal-Band, die innerhalb weniger Jahre zu einer der bekanntesten Bands des so genannten Göteborg-Metals wurde, die Bühne. Ihre Liveauftritte sind seit jeher geprägt von so genannten Circlepits (bei denen man im Kreis ineinander, übereinander und umeinander rennt, komme was da wolle) und ausflippenden Fans, die die unglaubliche Spielkunst des 5ers immer wieder abfeiert. Schon beim zweiten Lied wurde dieser „Tanz“ angekündigt und die Menge tobte. Es wurde gesprungen, mitgebrüllt, gepogt und Bier in Euphorie verschüttet. Ohne Rücksicht auf Verluste. Bereits nach den ersten Liedern, unter anderem „Bastard Chain“ und „As We Speak“, konnte man nicht mehr unterscheiden, welche Flüssigkeiten auf dem T-Shirt der eigene Schweiß, der von einem Nachbar, herangeflogenes Bier oder sonstiges war. Die Setlist war komplett durchmischt von alten Songs wie „Chainheart Machine“ bis zu den aktuellsten. Mit „Exile“ kam sogar die erste Single vom neusten Album „Sworn to a Great Divide“ auf die Setlist. Der Albumtitel ist eine Homage an die Trennung vom Hauptsongwriter und Gitarristen Peter Wichers ist, der aber von Daniel Antonsson (u.a. Dimension Zero) würdig ersetzt wurde. Nach 45 Minuten ungewohnter Körpernähe und seltenen Kopf- und Körperbewegungen, drängte das Publikum Richtung Innenhof, Toilette und Bar. Die 20 Euro Eintritt hatten sich jetzt schon zweimal rentiert und der Hauptact stand noch aus. Bei so viel guter Mucke waren auch die 3,10 Euro für ein Beck`s zu verschmerzen.
Headliner Caliban
Caliban, eine deutsche Metalcore- Band aus Hattingen an der Ruhr, war mit ihrer Performance an der Reihe und ihre 90 Minuten wurden, wie man es von den Jungs mittlerweile kennt, von Lichteffekten und einem stimmungsvollen Intro untermalt. Schnell drängten sich auch die letzten Emokids händchenhaltend durch die Menge um ihre Fantreue zu beweisen. Auch Caliban setzte schon beim dritten Lied auf ihre „Wall of Death“, bei der sich das Publikum in der Mitte teilt und dann auf ein Zeichen des Sängers, Andy Dörner, aufeinander los stürmt. Ihre Hits wie „I Rape Myself“ und „The Beloved and the Hatred“sorgten von Beginn an für Megastimmung und Jubel bei ihren Anhängern, die zahlreich erschienen. Caliban stieg mit ihrem sechsten Album „The Awakening“ in zehn Jahren Bandgeschichte auf Platz 36 in den Albumcharts ein. Natürlich wurden auch sie gebührend gefeiert, zumal sie ja in ihrer Heimat sind. Ihren Vorteil Lokalmatadoren zu sein, rechtfertigte wohl auch die Running Order, also die Reihenfolge der Bands. Bei einem solchen Bandaufgebot als Headliner ins Rennen zu gehen war manchem Anwesenden zumindest eine verbale Diskussion mit dem Nachbarn wert.
Nichtsdestotrotz haben die Jungs gezeigt, warum sie seit Jahren die Bühnen der Welt unsicher machen, egal ob in USA, Asien oder eben auf dem guten alten europäischen Festlandsockel.
Es war ein sehr gelungener Abend, den man gerne wiederholen möchte. Falls ihr mehr erfahren und dem Aufgebot tatsächlich nach Skandinavien zum Tourabschluss folgen wollt, findet ihr Infos unter http://www.antidotetour.com/!

ank

Viel mehr als nur das Schauspielhaus

Kultur in BO: Da ist für jeden etwas dabei!
Wer sich schon immer gefragt hat, ob es in Bochum Kultur nur im großen Schauspielhaus gibt, dem sei hier gesagt: Nein, gibt es nicht! Es gibt hier viel mehr Kultur, man muss nur wissen, wo man danach suchen muss.

weiterlesen

BookCrossing – wenn Bücher reisen Von der Sucht, Bücher auszuwildern
Mancher Leserin, manchem Leser mag es vielleicht schon bekannt sein oder vielleicht betreibt er oder sie es ja sogar schon selbst: „bookcrossing“. Im Englischen bezeichnet es das Reisen von Büchern von einer Hand zur nächsten. Diese neue Form der literarischen Reise wird vor allem von einer großen Community im Internet unterstützt.

weiterlesen

Die Katze auf dem
heißen Blechdach

Am 27. Oktober feierte das Theaterstück „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennesse Williams im Schauspielhaus Bochum Premiere. Das 1955 geschriebene und 1985 mit Elizabeth Taylor und Paul Newman verfilmte Kammerspiel erzählt die Geschichte der reichen amerikanischen Gutsfamilie Pollitt, deren Mitglieder anlässlich des nahenden Todes des Familienoberhauptes ihr wahres Gesicht zeigen.

Es ist der Abend von Big Daddys Geburtstagsfeier. Maggie (Margaret) und Brick, Big Daddys Sohn, haben sich dazu überreden lassen, zu diesem Fest zu erscheinen, da es wahrscheinlich das letzte für Bricks Vater sein wird. Dieser ist an Krebs erkrankt, auch wenn ihm die Ärzte vorerst beste Gesundheit bescheinigen.
Auf dem Gut der Familie müssen Maggie und Brick nicht nur Bricks älterem Bruder Gooper und dessen nervende Frau Mae ertragen, die mit allen Mitteln versuchen, die Sympathie des Vaters zu erlangen, um als Erben an erster Stelle zu stehen, sondern auch deren fünf schreiende und unerzogene Kinder. Zusätzlich stellt sich heraus, dass Maggies und Bricks Ehe nur noch eine Farce ist. Er ist nach dem Tod seines besten Freundes vor Jahren schon zum Alkoholiker geworden und will seitdem seine Frau nicht mehr anfassen. Maggie hingegen, die sich zu einer kratzbürstigen und verbitterten jungen Frau entwickelt hat, versucht trotzdem alles Erdenkliche, um doch noch einen Hauch von Leidenschaft zwischen den beiden wiederzuerwecken. Besonders, da Mae ihr bei jeder Gelegenheit vor Augen hält, dass sie noch keine Kinder bekommen und somit ihre Rolle als Frau vollkommen verfehlt hat.
Maggie wehrt sich ohne Unterlass wie eine Katze auf dem heißen Blechdach gegen Mae und Big Mama, die ebenfalls anmerkt, dass eine Ehe nur gut funktionieren kann, wenn die Ehefrau ihren Gatten in jeder Hinsicht sexuell befriedigt. Auf den Gedanken, dass Maggie vor Sehnsucht und Liebe zu Brick beinahe vergeht, kommt keiner.
Alles Lügen
Zu allem Überfluss verlagert die Familie die Feierlichkeiten spontan in das Zimmer der beiden, da Brick sich in der Nacht vorher auf dem Sportplatz bei dem Versuch über Hürden zu laufen, den Knöchel gebrochen hat, und dieses nun nicht verlassen kann. Der Versuch, hier eine Party steigen zu lassen, wird allerdings von Big Daddy höchstpersönlich unterbunden. Er will mit seinem Sohn Brick über dessen Alkoholproblem und die dazugehörigen Gründe reden.
Nachdem nach und nach alle Anderen aus dem Zimmer geschrieen wurden, schafft es Big Daddy die Wahrheit ans Licht zu bringen, bis Brick ihm seinen baldigen Tod vor Augen führt.
Als dann auch noch Gooper und Mae Selbiges Big Mama erklären wollen, zusammen mit einem Vorschlag für die Übernahme der Baumwollplantage, eskaliert die Situation.
Kühl, aber gut
Das Bühnenbild, welches ausschließlich das Zimmer von Maggie und Brick zeigt, ist in schlichtem, kaltem Weiß gehalten und besteht nur aus einer langen Bar, einem großen Bett und einem Sessel, die in diesem riesigen, asymmetrischen Raum ein wenig verloren aussehen.
Zwar weist die Inszenierung teilweise ein paar Längen auf, doch schaffen es die Darstellerinnen und Darsteller um Louisa Stroux (Maggie), Marc Oliver Schulze (Brick) und einem genialen Charles Brauer (Bid Daddy) die Bissigkeit und den Sarkasmus überzeugend darzustellen. Das Stück geht in die Tiefen und Abgründe der menschlichen Existenz, die sich in jeder und jedem von uns wieder finden lassen.

aw

Weitere Vorstellungen: 08.11. und 25. 11. 2007 um 19 bzw. um 19.30 Uhr
Karten unter www.schauspielhaus-bochum.de

Das Fleisch ist willig,
aber der Geist ist schwach

Zwischen Tiefsinnigkeit und italienischen Schnulzen: Die Premiere des „Kaufmannes von Venedig“ im Theater Oberhausen brachte zwar einige angenehme Überraschungen, große Sensationen blieben jedoch aus. Das Publikum war dennoch angetan von Valentin Jekers letzter Inszenierung.

Eine Bühne ohne Vorhang, edle Ledersofas im Stil eines Rauchersalons zeigen sich den gespannten Premierengästen beim Betreten des nicht ganz ausverkauften großen Hauses. Sollte es trotz klassischer Beschreibung im Programmheft doch noch eine freiere, moderne Inszenierung werden? Sollte es nicht. Handwerklich solide drei Stunden Shakespeare erwarteten den Theaterbesucher, erfreulich über weite Strecken mit nur wenigen negativen Highlights.
Im Kontrast zu der Handlung des „Kaufmannes von Venedig“, in dem Selbstüberwindung zum Neuen und Angst vor dem Fremden zentrale Themen sind. Der Protagonist Antonio borgt sich beim Juden Shylock Geld um seinem Freund Bassanio die Heirat mit Porzia zu ermöglichen. Zurückzahlen kann er es allerdings nicht, was ihm fast zur Einlösung seiner Zinsen, einem Pfund Fleisch des eigenen Körpers, zwingt. Dieser Rahmen bietet Raum für zahlreiche Nebenstränge, wie das Rätsel um Porzias Heiratsbedingungen und die Flucht von Jessika und Lorenzo aus ihrem väterlichen Haus.
Genial oder
beschissen?
Bühnenbildnerin Beatrix von Pilgrim schaffte es, mit einer zweistufigen Bühne dem Schauplatz von Porzias Hof außerhalb und jene Szenen innerhalb Venedigs intelligent abzugrenzen und zu betonen. Die Schlichtheit erlaubt es dem Zuschauer sich auf die Handlung und die Schauspieler zu konzentrieren. In diesem Umfeld fällt die Haupthandlung in vielen Teilen leider zu langatmig aus, wobei die Kernszenen des Vertragsabschlusses und der Gerichtsverhandlung tiefsinnig und sorgsam gestaltet wurden. In diesen Momenten werden die einzelnen Positionen und Zwiespälte der Charaktere ersichtlich und schaffen Gegenwartsbezüge. Jeff Zach spielt das Bild des Judens überzeugend, schlägt eine Brücke die Empathie ermöglicht und Starrsinn aufzeigt. In seinen Nebenrollen als Salarino/Paolo und Prinz von Marokko erweckt Georg Lippert die Frage nach Genialität oder Dämlichkeit, was eine Auszeichnung sein könnte. Er ist zusammen mit dem aufbrausenden, witzigen Graziano, Michael Witte, einer der Lichtblicke dieser Szenen.
Sinnlos geschmacklos
Ein Stockwerk höher, nicht räumlich, sondern auch in Sachen Inszenierung und Schauspiel befindet sich die Liebesgeschichte von Porzia und Bassanio. An ein Rätsel gebunden stellt Shakespeare wieder einmal die Frage nach den Kriterien wahrer Liebe in Form eines Rätsels, was Valentin Jeker viel Raum für amüsante und nachdenkliche Momente gab. Jeder Sprung von Venedig an Porzias Hof bedeutet einen Zuwachs an Spannung und Unterhaltungswert für die Zuschauer, aber auch als die wunderbaren Franziskas Werner und Franziska Weber sich in Hosenrollen in die Gerichtsverhandlungen einmischen, gewinnt diese an Wert. Jessikas, Webers, Liebesgeschichte mit Lorenzo wurde von ihm allerdings durch schlechtes Spiel und Inszenierung in die Belangslosigkeit verdammt.
„Der Kaufmann von Venedig“ in Wuppertal ist eine gelungene Shakespaere Inszenierung, die amüsante, emotionale und nachdenkliche Momente hat. Sensationen bleiben leider aus, die freieren Augenblicke kontrovers. Die Einbindung der Italoschnulze „Azzurro“ schafft es aus der Geschmacklosigkeit hin zum anrührend amüsanten und gleichzeitig emotionalen Moment, während die entzündeten Fürze an Geschmack- und Sinnlosigkeit nicht zu überbieten sind.
kae

Termine: 9., 18., 28. November Karten unter www.theater-oberhausen.de

Dann kommt Ruhe und Glück

Der Autor Goethe versah den Sechsakter sowohl mit unterhaltenden als auch mit kritischen Elementen, die sich wie folgt begründen: Als Hofdichter des Herzogs Carl August in Weimar wurde der „Triumph der Empfindsamkeit“ zum Geburtstag der Fürstin in der Faschingszeit des Jahres 1778 erstmalig inszeniert.

Die Kulisse des karnevalistischen Hofes bot Goethe Gelegenheit amüsante Anspielungen und Narreteien auf Kosten der höfischen Gesellschaft zu integrieren.
Gleichzeitig komplettierte er die, nach eigener Aussage, „komische Oper“ um sich von dem verherrlichenden Kult um seinen Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ etwa drei Jahre nach seiner Veröffentlichung zu distanzieren. Er personifizierte diese Satire auf die Epoche der Empfindsamkeit (1760-1780) mit Hilfe der Figur des Prinzen Oronaro. Im Stück zeigt sich dessen Sensibilität darin, dass er unfähig ist die Realität von Natur oder Menschen auszuhalten. Er lebt darum stets im Paradoxon einer künstlichen Natur und betet heimlich eine Puppe im Königinnengewand an. In gerade diesen Prinzen verliebt sich die Königin Mandandane, was ihren Gatten Andrason in eine Ehekrise stürzt und das Orakel befragen lässt. Mithilfe eines Komplottes der Hofdamen enträtselt der König den Zusammenhang zwischen der Weissagung und dem Geheimnis des Prinzen und vertauscht Fiktion und Realität. Er will seine Liebe bereits aufgeben als er vom Orakel zurückkehrt und die Täuschung bemerkt. Der Konflikt löst sich durch die wiederholte Hinwendung des Oronaro zur Puppe und Wiedervereinigung des Königspaares.
Jessing lässt die
Puppen tanzen
Was auf der bloßen Handlungsebene bereits kompliziert erscheint, gewinnt für die Zuschauer noch an Tiefe durch die Kritik an der Epoche der Empfindsamkeit. Es ist eine Kernaufgabe für Inszenierende, wie die Gruppe um Dr. Benedikt Jeßing, die karikierten Charaktere auf der Bühne für das Publikum lebendig werden zu lassen. Allen voran das prinzliche Dreigestirn: Was aus einer Notsituation entstanden war, was das Publikum mit besonderem Applaus belohnte satirische Komik: Einen sentimental verliebten Prinzen mit dem Charme eines vorgeführten Tanzbären, Fabian Bertelsmeier, seiner sehr guten „Stimme“ in Puppenfigur von Joachim Haupt und dem Diener Merkulo mit tuffigen Starallüren, gespielt von Christian Fischer. Sie verkörpern gelungen die Hauptabsicht des Stückes. In einigen Kernszenen zeigt sich die weitere Qualität der Umsetzung des Textes durch die Germanisten, wie der „literarischen Organtransplantation“ von Oronaros Puppe. Hier zeigen die Zofen Irma Schlothauer, Ann-Kathrin Quednau, Julika Vorberg, Annika Schmitz und Melanie Block die eigentliche Naivität der Lesenden der Empfindsamkeit durch ihre Kommentare („Die Leiden des jungen Werthers, ach, der Arme!“), aber auch ihre choralen Gesänge und Tänze überzeugen. Böswillige Kritiker könnten ihnen in einigen Anfangsdialogen Übertreibung vorwerfen, was jedoch Nervosität zurückgeführt werden kann. Kontrastierend dazu angenehm zurückhaltend das Königspaar Benjamin Ehrchen und Anna-Lena Hippert, welches sich mit bestechender Ernsthaftigkeit selbst vorführt. Er bringt das Publikum im Musischen Zentrum durch seine Balleteinlage zum Lachen, während sie in ihrem Monodrama erstaunliche Ausdruckskraft zeigt.
Das Schlusslied des Stückes fasst die Intention des Stückes als „Fratzengesicht“ gegen die Empfindsamkeit noch einmal zusammen. Die Gesänge und das Orchester untermalen an allen Stellen passend die Handlung und Intention. Die Euphorie der Studierenden schon vor Einlass war also gerechtfertigt und Dr. Benedikt Jeßing warb mit stolzgeschwellter Brust für seine Inszenierung: „Wer am Wochenende nicht im Musischen Zentrum war, der hat etwas verpasst.“ Für alle betrübten Studierenden: Im Frühjahr ist eine Wiederaufnahme geplant.

 jkae
Â

Standing Ovations
bei Premiere

„15 Jahre nichts als Theater.“ Unter diesem Motto feierten die Schauspieler des Theaters „ne’ah“ ihr 15jähriges Bühnenjubiläum.

Das Ensemble steckt längst nicht mehr in den Kinderschuhen, sondern hat mit 15 Jahren die Pubertät erreicht – und genau das spiegelt ihr Programm wieder: frech, witzig, schwarzer Humor und dabei nicht mehr ganz grün hinter den Ohren. Die Premiere des Sketch-Abends am Samstag erntete Standing Ovations beim begeisterten Publikum.
Seit den Sommerferien diesen Jahres probte das Ensemble des Theaters „ne’ah” für seinen 15. Geburtstag. Die meisten Schauspieler sind im Durchschnitt zehn Jahre dabei, und Gründungsmitglieder Lars Abraham, Monika Friese, Ilka und Markus Leifermann waren auch dieses Mal mit von der Partie. Während ihr erstes Stück „der stumme Zeuge” vor 15 Jahren rund 200 Zuschauer zählte, ist die Truppe sicher, während der Sketch-Abende passend zum 15jährigen Bestehen den 15.000sten Zuschauer begrüßen zu können. „Wenn der Abend Ihnen (nicht) gefallen hat, dann sagen Sie es weiter und schicken Leute, die Sie (nicht) mögen!”
Pünktlich zum Gongschlag hob sich der Vorhang. „Do you want some Rock’n’Roll? – Okay, dann seid ihr hier falsch, hier gibt’s heute Abend nichts als Theater”, eröffnete Moderator Lars Abraham das Programm, der die Umbaupausen durch interaktives Theater und Conférence über die Definition von internationalen Wirtschaftsunternehmen am Beispiel der Viehhaltung und Milchproduktion geschickt überbrückte. Die Grenzen zwischen Darstellern und Zuschauern schienen zu verschwimmen, schließlich ist die Welt eine große Bühne.
Ein bunter Strauß an Sketchen erwartete die mittlerweile mehr als gespannten Zuschauer: Ob intellektuell, sozial-kritisch oder Klamauk, es war für jeden Geschmack etwas dabei. Alles gewürzt mit einer ordentlichen Portion Galgenhumor. Themen gibt es schließlich genug, allein die Liebesbeziehung:“Sex wird doch einfach überbewertet: Jeder denkt ans erste Mal, doch wie wird das letzte Mal sein? Wenn der letzte Zug abfährt, wird vorher nicht gepfiffen. Denken Sie darüber nach…” Mit diesen Worten überließ Gründungsmitglied Lars Abraham das Publikum dem Bühnenprogramm.
„Das muss
man sehen!“
Parodien im Stil der erfolgreichen Comedyshow „RTL Samstagnacht” gehörten neben „voll korrekter Vertragsentwürfe” und einem mysteriösen (Selbst-) Mord, ohne vorherige Platzstornierung, ebenso zum Programm, wie tiefsinniges Philosophieren, im suboptimalen Verfassungszustand nach unzähligen Whiskey, über die asiatische Tütensuppen-Mafia. An diesem Abend war kein Thema ein Tabu. Insbesondere die heißen Diskussionen der Handlanger am stillen Örtchen ernteten so manchen Lacher beim Publikum. Auch der Sensenmann war bei jedem Wetter unterwegs und durfte bei einem englisch-amerikanischen Dinner mit vergifteten Speisen nicht fehlen. Er holte die Gesellschaft persönlich ab und beförderte sie samt neuem Pkw non-stop in die Hölle.
Überhaupt zeigte sich das Ensemble sehr experimentierfreudig: Wie beeinflusst ein Sprachfehler die Interaktion, wenn der Betroffene statt „a” stets „u” sagt? Auch die Generalprobe für die Fahrprüfung in gehobenem Alter im heimischen Wohnzimmer und der virtuelle Autokauf wurden gehörig auf’s Kerbholz genommen. So kann es passieren, dass der eifrige Autoverkäufer die Begeisterung des Interessenten für den Audi Coupé gern mal mit einschlägigen Magazinen verwechselt…
Insbesondere der Anruf einer schwerhörigen Alten „Dame“ bei der Polizei sorgten nicht nur bei den Zuschauern für eine extreme Strapazierung der Lachmuskeln.
Zum Abschluss erntete das engagierte Ensemble, im vollen Philipp-Nicolai-Haus, Standing Ovations für die Premiere ihres Sketch-Abends.
jbö
Termine: Sa. 10.11., So, 11. November, So. 18.11. und Sa. 1.12. Beginn jeweils 19.30 Uhr. Eintritt frei.
Â

Ungemein
Liebenswürdig

Regel Nummer 3: Starre keine Feengeschöpfe an, wenn sie gerade unsichtbar sind. – Regel Nummer 2: Spreche nicht zu ihnen, wenn sie gerade unsichtbar sind. – Regel Nummer 1: Ziehe niemals ihre Aufmerksamkeit auf dich.

Durch den Roman führt Aislinn. Sie hat eine ungewöhnliche Gabe mit in die Wiege gelegt bekommen: Schon seit ihrer Geburt kann sie Feen sehen. Mächtig und gefährlich bewegen sie sich unauffällig in der menschlichen Welt. Aislinn würde einiges darum geben, wenn sie wie alle anderen sein könnte: ein unbekümmerter Teenager. Sie fürchtet sich vor der Grausamkeit, die von den königlichen Feenwesen und ihren Wachposten auszugehen scheint, aber kann ihre Augen nicht verschließen, denn die Feen sind überall. Doch das Schicksal hat etwas anderes mit ihr vor.
Bald beginnen die Feen sie zu verfolgen. Aislinn versucht zu fliehen, doch es ist zu spät. Keenan, der Sommerkönig, sucht bereits seit 900 Jahren seine ebenbürtige Königin. Ohne sie wird der Sommer für immer verschwinden und durch einen ewigen dunklen, schneidenden Winter ersetzt. Und er möchte mit Aislinn an der Seite regieren – ungeachtet ihrer persönlichen Pläne und Wünsche. Währenddessen setzt Keenans Mutter Beira, die Winterkönigin, alles daran, dass die Pläne ihres Sohnes scheitern.

Wicked lovely

Für Aislinn ist mit einem Mal nichts mehr, wie es vorher war: Die Regeln, die sie immer in Sicherheit gewogen haben, scheinen plötzlich außer Kraft gesetzt, und alles steht auf dem Spiel: ihre Freiheit, ihre neue Liebe, der alternative Seth, ihr Leben.
Gerade zu Seth fühlt sie sich auf eine für sie ungewohnte Weise intensiv hingezogen. Und das liegt nicht allein an dem stählernen Haus, das er mit seiner Boa bewohnt. Doch nur dort fühlt sie sich wirklich sicher. Denn Stahl können Feen nicht vertragen, er schwächt sie, und so können sie Aislinn nichts tun. Hinzu kommt die Tatsache, dass Seth neben seiner Vorliebe für One-Night-Stands eine Leidenschaft für reichlich Bodymodification pflegt und seine Freizeit regelmäßig bei „Pins und Needles“, seinem Lieblings-Piercing- und Tattoostudio, verbringt. Um die Feen zu vertreiben und Aislinn zu beschützen, lässt er es sogar darauf ankommen, seine zahlreichen hypallergenen Titanpiercings durch Stahlringe zu ersetzen. Doch der Erfolg lässt zu wünschen übrig. Stattdessen sucht Aislinn die direkte Konfrontation mit dem Sommerkönig, eine Grenzerfahrung, der sie allein nicht gewachsen zu sein scheint. Geht sie mit Keenan, muss sie ihre sterbliche Liebe Seth zurücklassen. doch Keenan den Rücken zu zukehren bedeutet jedoch gleichzeitig, im ewigen Winter umzukommen. Oder lässt sich das Schicksal überlisten…?
Gemeinsam mit Seth kämpft sie einen scheinbar aussichtslosen Kampf – für das Sommerlicht…
Feenintrigen, sterbliche Liebe und das Chaos durch die Außerkraftsetzung jeglicher Ordnung machen „Gegen das Sommerlicht“ zu einem modernen Feen-Sommermärchen des 21. Jahrhunderts.

jbö

„Gegen das Sommerlicht“ von Melissa Marr

Carlsen-Verlag, 1. Auflage 2007, 352 Seiten, Gebundene Ausgabe

ISBN: 978-3551581686

„Maus“ ist ein Comic, dem durch einfachste Mittel die Darstellung eines furchtbaren Verbrechens gelingt.

Art Spiegelman, der 1948 in Stockholm geboren wurde, erkannte schon, als er in den 60er Jahren seine Karriere begann, die Möglichkeit, den Comic als politisches Sprachrohr zu nutzen. Nach zahlreichen Werken, wie zum Beispiel „Prisoner from the Hell Planet“ in welchem er 1971 den Selbstmord seiner Mutter verarbeitete, gab er von 1980 bis 1991 mit seiner Frau Françoise Mouly in New York das Magazin „Raw“ heraus, welches es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Comiczeichnung nicht auf einen Stil einzuengen und vor allem jungen Künstlern eine Plattform für ihre Werke zu geben.
In „Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus“, der 1989 erschien, erzählt Spiegelman die Geschichte seines Vaters, der als polnischer Jude die Schrecken des Holocaust am eigenen Leib erfahren musste, aber auch von sich selbst und wie es ist, ein Kind von Eltern zu sein, denen das Leben übel mitgespielt hat.
Bestimmte Eigenschaften des Vaters, wie zwanghafte Sparsamkeit und ein gespaltenes Verhältnis und Misstrauen gegenüber anderen Menschen, macht deutlich, dass dies vielmehr die Geschichte einer Persönlichkeit ist, die durch schmerzlichen Erfahrungen zur Veränderung gezwungen wurde. Wladek Spiegelman steht hier für viele, die den Holocaust zwar überlebten, aber nie mehr in der Gegenwart leben konnten, weil sie die Vergangenheit nicht los lies.
„Eine minderwertige Rasse“
Mit der Darstellung der Juden als Mäuse und der Nazis als Katzen, und weiterer Charakterisierungen dieser Art, reagiert Spiegelman auf die Tiermetaphorik des Nationalsozialismus und stellt das Zitat Adolf Hitlers „Es ist ja wohl nur recht und billig, die Welt von einer minderwertigen Rasse zu befreien, die sich wie Ungeziefer vermehrt.“ daher ganz bewusst der Geschichte voran. Die Zeichnungen, die im Stil eines Underground- Comics gehalten sind, werden auf das Wichtigste begrenzt. Dadurch, dass hier ganz auf Farben verzichtet und durch Schattierungen, sowie härtere und weichere Konturen die Stimmung verdeutlicht wird, schafft es Spiegelman die Schatten der Zeit, wie sie sich für die Betroffenen darstellten, zu transportieren und für den Leser begreiflich zu machen
1992 wurde „Maus 1“ mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und schaffte es so, den Status eines ernst zu nehmenden literarischen Werkes zu erlangen.
Bücherverbrennung in Polen
Gerade Ereignisse wie die Verbrennung von Werbeplakaten dieses Buches aufgrund der Verwechslung mit nationalsozialistischem Propagandamaterial oder selbst des Buches in Polen aufgrund der Darstellung der Polen als Schweine, zeigen, wie wichtig es auch heute noch ist, ein so heikles Thema neu an zuschneiden und neue Wege zu finden, es zu vermitteln.
Dieser Comic ist etwas für jeden, der mittlerweile durch Überinformation die Fähigkeit verloren glaubt, der Thematik des Holocaust den nötigen Respekt entgegen zu bringen. Denn er hat es nicht nötig Betroffenheit von seinem Leser zu fordern, weil dieser sie beim Lesen von selbst aufbringt.

jst

„Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus: Die Geschichte eines Überlebenden“ von Art Spiegelman

Rowohlt: rororo Taschenbücher; Originaltitel: „Maus, A Survivor‘s Tale“
Neuauflage 2005, 159 Seiten

ISBN: 978-3-499-22461-4 KNV-Titelnr.: 07861161Â

Goethe macht viel Theater

Schon im Februar dieses Jahres hatte Dr. Benedikt Jeßing seine Inszenierung des „Triumphes der Empfindsamkeit” in seiner Goethevorlesung mit stolzgeschwellter Brust beworben: „Ich versichere Sie, es wird ein lohnender Abend.”

Dreißig Minuten vor Vorstellungsbeginn: Eine ganze Wagenladung ergießt sich aus der U35 über die Unibrücke gen Musischem Zentrum. Zwei Germanistikstudentinnen sind gar betrübt, da sie für die ausverkaufte Vorstellung nicht akkreditiert zu sein scheinen. Ein Pulk von Jeßingjüngern drängt sich voller Vorfreude am verhangenen Eingang zum Bühnenraum. Muße für einen Aperitif und Schwelgen im Programmheft bis die Glocke zum Platznehmen ruft, hat keiner. Recht so. Denn kein dreifaches Gebimmel, sondern Pressesprecher Sascha Jurczyk hat seinen großen Auftritt. Mit effektvollem Händeklatschen untermalt, gibt er das Kommando zum Sturm auf die besten Plätze: „Einlass!”
So manches Theater könnte neidisch sein, sowohl um das begeistert gemachte Aufheben der Zuschauer, als auch um das Lob für diese Laieninszenierung. Denn beides ist gerechtfertigt.
Vierzig Studierende hatten in einem Proseminar und einer Übung im Sommersemester 2007 das Singspiel „Triumph der Empfindsamkeit“ von Johann Wolfgang von Goethe einstudiert. Das Resultat besaß an vielen Stellen professionelle Züge, trotz eines erhöhten Schwierigkeitsgrades, der sich durch die Konzeption des Stückes begründet. Neben den schauspielerischen Leistungen waren gesungene Partien, deren Vertonung durch ein Orchester, sowie ein flexibles Bühnenbild und historische Kostümierungen zu erbringen.
Weiter auf Seite 5

Â