Es gibt Comics, Karikaturen, Zeichentrickserien, Satiremagazine, Cartoons und Mangas. Und es gibt Roman Dirge. Kein Begriff? Kulturlücke!

Roman Dirge war einer der Zeichner von Invader Zim, erfand Lenore – The Little Cute Dead Girl, The Monsters In My Tummy und Something at the Window is Scratchin.

Man erkennt ihn an seinen zahlreichen Tätowierungen, den komischen riesigen Löchern in den Ohren und dem leicht wahnsinnigen Blick. Charakteristisch für ihn sollen auch, laut Beschreibung in manch einem Comic, sein nächtliches Sabbern und die merkwürdigen, leisen Stimmen in seinem Kopf sein. Die Verbindung dieser Stimmen zu dem im Folgenden rezensierten Heftchen ist nicht von der Hand zu weisen.

Dedicated to my Cat
Miss Spooky Muffin

Der Name des Comics verrät schon fast alles und lässt einen doch erst einmal ziemlich wundern: The Cat with a really big head (and one other story that isn’t as good). In diesem Zusammenhang sollte man das „really big“ sehr ernst nehmen, denn die Geschichte handelt von einer armen Katze, die zu ihrem immensen Unglück mit einem Schädel auf die Welt kommt, der einem Heißluftballon gleicht. Ja, richtig gelesen: Heißluftballon.
Die süße Katze namens Miss Tiki bringt, manche vermuten durch zu viele Chemikalien im Futter, ein Wunderbaby zur Welt. Das Wunder beschränkt sich aber lediglich auf den schon oben erwähnten Umfang des Kopfes. Kein Wunder ist, dass die junge Katzenmutter direkt nach der Geburt bzw. währenddessen das Zeitliche segnet.
Und so bleibt das Katzenbaby, kurz „the cat“ genannt, in der Obhut der beiden Kinder des Hauses, Molly und Max. Leider interessieren sich die beiden weniger für die Katze, als vielmehr für ihren ersten Haarballen, dem Max den Namen „Miss Purty Angel Puff“ gibt und all seine Liebe schenkt. Molly hingegen holt sich eine Maus, welche zum ärgsten Erzfeind der Mieze wird.

Whom I swear has the old soul of a poet trapped deep within her…

Neben den zahlreichen Problemen, die „the cat“ hat, so zum Beispiel Essen (sie muss sich auf einen Strohhalm aufstützen, um nicht in den Napf zu fallen), Rausgehen (Katzenklappen sind schon fies) oder, wenn man es endlich aus der Tür geschafft hat, Spazierengehen (das endet dann meistens mit Fliegen), gibt es diese Maus. Und diese Maus, Mr. Stinky, hat Freunde – viele Freunde. Leider sind es nicht „the cats“ Freunde. Im Gegenteil: Dieses Konglomerat aus fiesem, fiependen Ungeziefer hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Katze das Leben zur Hölle zu machen bzw. einfach nur Spaß zu haben. Zu all ihrem Unglück schafft es „the cat“ auch nie, Mr. Stinky zu fangen. Irgendwie, und sie kommt einfach nicht dahinter, scheint Mr. Stinky immer zu merken, wenn „the cat“ hinter ihr steht.

That or she just has some gas. You know, some cat gas.

„The Cat“ hat wirklich kein einfaches Leben. Bis zu dem Tag, an dem sie sich dafür entscheidet, ohne Strohhalm zu essen. Nach mehreren Monaten des Verfaulens im Napf (ihr könnt es euch denken: Sie konnte den Kopf nicht halten) merkt sie auch, wie sie ganz leicht wird und gen Himmel fliegt. Nur leider hält dieses unbeschreibliche Glücksgefühl, welches unweigerlich in ihr aufsteigt, nur vier Sekunden. Sie wird nämlich, wie das bei Katzen eben mit neun Leben so ist, wiedergeboren. Und sie ist immer noch keine normale Katze…
Als Bonus gibt es zu dieser anrührenden Erzählung noch ein kleines Schmankerl names „A big Question“. Dort geht es sehr knapp um ein junges Mädchen, welches den wunderschönen Namen Alisa McGee trägt und von einem Flugzeug platt gemacht wird. Auf dem Seziertisch des Pathologen erwacht klein Alisa McGee, um zu erfahren, warum sie denn sterben musste. Der Pathologe weiß aber keinen Rat. Da er sich nicht mit den Fragen nach dem Sinn des Lebens befassen will, erschlägt er klein Alisa McGee einfach noch mal. Und geht ruhig schlafen.
Wem nun immer noch nicht mulmig ist, dem sei diesese kleine, feine Heftchen wärmstens ans Herz gelegt.

aw

„The Cat with a really big head
(and one other story that isn’t as good)”
SLG Publishing
ISBN: 0-943151-58-9
Preis: 2.95 US-Dollar (ca. 2,20 Euro)

Einmal im Jahr fällt der Vorhang, und am Wochenende war es wieder soweit: Gleich zweimal beherrschte das beste Stück der Frau als studentische Inszenierung die Studiobühne des Musischen Zentrums. Eine dritte Vorstellung ist bereits in Planung.

Vor der Erstellung des Theaterstücks wurden über 200 Frauen und Mädchen jeden Alters, jeder Schicht und Berufsgruppe befragt. Aus ihren Antworten und Geschichten entstehen Eve Enslers mittlerweile schon legendäre Vagina-Monologe. Jedes Jahr behandeln die Monologe ein anderes Spotlightthema: Der Fokus liegt hierbei jeweils auf Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren mussten. Die VM 2007 beziehen sich auf „Frauen in Krisengebieten“: Im Sudan, Irak und Kongo ist insbesondere die sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen an der Tagesordnung. Besonderes Problem: die noch immer bestehende Straflosigkeit sexueller Gewalt im Krieg auch noch im 21. Jahrhundert. Mädchen und Frauen suchen beim Aufbau zerstörter Gebiete nach friedlichen Lösungen, gleichzeitig steigt die Anzahl der Gewaltdelikte an Frauen und Mädchen in ebendiesen Gebieten immer weiter an. Neben sexueller existiert militärische und häusliche Gewalt, daneben Vertreibung oder der Zwang zur Prostitution.

Vorspiel

Die Vagina-Monologe sind als Benefizprojekt gegen die weltweite Gewalt an Frauen zu verstehen. So werden bei den Aufführungen regelmäßig Spenden gesammelt. Mit diesen Spendengeldern bei den Bochumer Vorstellungen unterstützen die Schauspielerinnen die Arbeit von Frauenrechtsorganisationen wie V-Day, die es sich zum Ziel gemacht hat, die weltweite Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden. Ebenso wie die Hilfsorganisation Medica Mondiale e.V. für Mädchen und Frauen, die sexuelle Gewalt in Krisengebieten erfahren mussten, aber auch die lokale Hilfsorganisation für die Betreuung von Opfern sexuellen Missbrauchs Wildwasser Bochum e.V.. Schließlich bedeutet jegliche Erfahrung von Gewalt Eingriffe in die Persönlichkeit. Hierunter fallen neben folgenschweren Traumata und Beziehungsproblemen auch permanente Angst- und Schuldgefühle, Schlaf- und Ess-Störungen bis hin zu Suizidgefährdung. Hilfsorganisationen bieten Hilfestellungen und psychosoziale Prozessbegleitung in Form von Beratungsangeboten, Betreuung und Selbsthilfegruppen. Soweit das Vorspiel. Und nun zum Stück.

Der Akt an sich

Ein melancholisches musikalisches Intro durch drei Arnheimer Musikstudenten stimmte die ZuschauerInnen auf das ernste Thema ein. Doch trotz des Ernstes der Thematik zeichnen sich Eve Enslers Vagina-Monologe vor allem durch eine gleichzeitig oft humorvolle, unterhaltsame Inszenierung aus. Begonnen wird zwar nicht bei Adam und Eva, doch die Definition erscheint durchaus tricky: Wer oder was ist eigentlich die Vagina? Im Englischen als „Mrs. Brown“ und „Pussycat“ tituliert, wird sie im Deutschen hingegen vor allem als „Wundertüte“, „Rosamunde“ und im Schwäbischen sogar als „Mösle“ verschrien.
In zwei Akten wurden die Klischees und das beste Stück der Frau selbst so richtig rangenommen: Es wird erst einmal ordentlich abgelästert: Über die Beschaffenheit von Tampons, Frühlingsduft-Intimsprays und das „Folterinstrument String-Tanga“.
Nach dem ersten Monolog über das Thema Haare ja/nein folgte die erste Videoeinspielung, die neben der Anmoderation der unterschiedlichen Monologe und natürlich der Monologe selbst so manchen Lacher beim Publikum erntete – mit dem Thema: „Wenn deine Vagina sich anziehen könnte, was würde sie tragen und wenn sie sprechen könnte, was würde sie sagen?“ Dem folgten weitere amüsante Monologe, allesamt dargestellt von Studentinnen der RUB, mit Titeln wie „die Überschwemmung“, der „Vagina-Workshop“, „die erfreuliche Vagina-Tatsache“, „Weil er es liebte, sie anzuschauen“ und „meine wütende Vagina“.
Auch der zweite Akt beinhaltete humorvolle Aspekte: „Fotze rehabilitieren“ und „wie riecht eine Vagina?“ Allerdings lag der wesentliche Fokus auf den ernsten Aspekten des Abends: die Erfahrungen der Frauen und Mädchen mit Gewalt in den Krisengebieten kam in Monologen wie „Die nicht so erfreuliche Vagina-Tatsache“, „Meine Vagina war mein Dorf“ und „Die kleine Tschurimuri, die‘s drauf hatte“ zum Ausdruck.
Das Finale „Spotlightthema 2007 – Frauen in Kriegsgebieten“ performte das Ensemble gemeinsam und erntete dafür ordentlich Applaus bei den ZuschauerInnen.

jbö

Buchrezension „Das Evangelium des FSM“
Arrrgh!
Amerika hat ja schon viel Schwachsinn hervorgebracht. Zum Beispiel George W. Bush, Britney Spears und Hair Extensions. Seit Neuestem gibt es eine religiöse Bewegung, die sich ironischerweise Intelligent Design bzw. Kreationismus nennt. Dieses Grüppchen von Gläubigen behauptet doch tatsächlich, die Schöpfungsgeschichte wissenschaftlich beweisen zu können, um so die Evolutionstheorie vom Thron zu stoßen.

Mittlerweile wird diese „Wissenschaft“ sogar an amerikanischen Schulen unterrichtet, um den jungen, unwissenden SchülerInnen ein „breiteres Angebot“ an Glaubensrichtungen zu bieten. Schließlich sei die Evolutionstheorie noch nicht bewiesen, der Kreationismus könne dies mit der Schöpfungsgeschichte hingegen schon.
Als dies der junge Physiker Bobby Henderson mitbekam, packte ihn die Wut. Schließlich ist seine Religion wirklich die Einzige, die auf wissenschaftlichen Beweisen beruht. Und so schrieb er ein Buch, um genauer zu sein, ein Evangelium. Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters.

Am Anfang war das Wort, und das Wort war „Arrrgh!“

So zeigt Mr Henderson sehr detailreich, warum das Fliegende Spaghettimonster, kurz FSM, der wahre Schöpfer der Welt ist. Und die Beweise sind gut, triftig und überzeugend. Natürlich muss ich hier nicht näher darauf eingehen. Es ist ja auch nur zu logisch, dass das FSM das Universum erschaffen hat. Oder hat jemand Gegenbeweise?
An fünf Tagen schuf das FSM dank ausreichend Alkohol zuerst das Licht, daraus Tag und Nacht, am zweiten Tag Land, am dritten Tag das Pflanzenreich, am vierten Tag Sonne, Mond und Sterne, am fünften Tag gab es schließlich den Urknall. Zum Urknall gesellte sich, ohne, dass es das FSM bemerkt hätte, der Mensch. Hier legte das FSM wegen einem zu großen Kater eine kleine Pause ein. Deswegen ist der Freitag DER verpflichtende Feiertag im FSMismus.
Im weiteren Verlauf der Schöpfungsgeschichte formte das FSM noch ein Weibchen für das Männchen und verbot ihnen im Olivengarten von den Oliven zu naschen. Prompt bricht sich der Mensch den Zahn an einem Olivenkern. Auch merken beide Menschen, dass der Mann wohl ein Feigenblatt für sein nudeliges Anhängsel braucht, wenn auch kein allzu Großes.

WWEPT

Des Weiteren hat das FSM die Piraten, auf Grund ihres außergewöhnlichen Lebensstils, als das auserwählte Volk bestimmt. So hat man als gläubiger Pastafari (so die Bezeichnung eines Gläubigen FSMlers) Kopftuch, Augenklappe und Papagei auf der Schulter zu tragen. Grundnahrungsmittel ist Bier. Sowie natürlich Nudeln in jeglicher Form. An Freitagen gibt es davon noch mehr. Am Besten mit Fleischbällchen (VegetarierInnen können selbstverständlich darauf verzichten – wobei es ein sehr großes Glaubensbekenntnis wäre, wenn man sie trotz ethischer Bedenken isst).
Und falls man in bestimmten Lebenssituationen, wo es möglicherweise kein Bier und keine Nudeln gibt, in depressive Phasen abzurutschen droht, sollte man sich einfach immer wieder fragen: „Was würde ein Pirat tun?“
Zu allererst würde ein Pirat Grog (Bier) trinken, sich einen Papagei, eine Räuberbande und ein Schiff zulegen, eine Frau angeln („Weibliche Piraten sollten sich einen tapferen männlichen Gegenpart suchen, genau wie Piraten gleichen Geschlechts, die in der Piratenkultur absolut akzeptiert sind.“) und dann plündern. Zum Schluss gibt es nur noch eines zu sagen: Arrrgh!

Nichts gegen LiliputanerInnen – aber sie sind eben lustig

In diesem Evangelium werden auch wichtige Fragen des Alltags gelöst. Die Schwerkraft ist am Einfachsten zu klären: Das FSM drückt die Menschen mit seinen nudeligen Anhängseln auf die Erde. So ist auch ganz einfach der Unterschied zwischen großen und kleinen Menschen zu erklären. Kleine sind demnach enger mit dem FSM verbunden als Große. Lediglich LiliputanerInnen sind zur Belustigung des FSM erschaffen worden.
Zum Abschluss muss man noch erwähnen, dass der Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung der Welt auf das stetige Zurückgehen der Piraten zurückzuführen ist.
RAmen.

aw

Falls es in diesem Text irgendwelche Lücken, Widersprüche oder Ungereimtheiten gibt, so sind das lediglich Prüfungen, um den Glauben des Lesers auf die Probe zu stellen.

P.S.
Dieser Text ist nicht im Konsens der Redaktion erschienen und Teile der Redaktion sind davon überzeugt, dass SIE die Autorin zur Rechenschaft ziehen wird.

Wie ist eine komparative Kommunikationswissenschaft möglich, die Medien und Kommunikationsformen unterschiedlicher Kulturen in synchroner und diachroner Perspektive vergleicht, ohne dabei die Heterogenität kultureller Kommunikation aus den Augen zu verlieren?

Diese Frage stellt sich Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft (Schwerpunkt Kultur- und Medientheorie) Michael Giesecke zu Beginn seines neuen Werks „Die Entdeckung der kommunikativen Welt. Studien zur kulturvergleichenden Mediengeschichte“. „Entdeckung“ deswegen, weil jede Form der Wahrnehmung und Verarbeitung zu eigenen kognitiven Welten führt: Andere Sinne, andere Welten, anderes Denken. Um seine Leitfrage zu beantworten, strukturiert Giesecke das Buch in vier Teile: 1. Frühe Reisejournale, 2. Systematisierung der Journale, 3. Neue Entdeckungsfahrten und 4. ein abschließender Ausblick. Die frühen Reisejournale dokumentieren bewusst ausgewählte Entdeckungsfahrten in den 70ern, 80ern und 90ern – sowohl in das europäische Mittelalter, in die modernen Gesellschaften und in die römische Antike. Der zentrale Fokus des Kapitels mit den Unterabschnitten „Schriftsprache als technologisches System“ und „Alphabetisierung und Emanzipation“ liegt auf einem konkreten Kulturvergleich: Verglichen werden die Sprachpolitik und die Alphabetisierung in Europa und in afrikanischen Entwicklungsländern.
In der „Systematisierung der Journale“, setzt sich Giesecke gezielt mit der kulturellen Kommunikations- und Mediengeschichte auseinander, basierend auf bereits existierenden Arbeiten und der Vorbereitung neuer Entdeckungsfahrten. In diesem Zusammenhang stellt er die populärsten Methoden, Modelle und Hauptthesen dieses Forschungsfeldes vor.
Doch nicht immer lassen sich für alle Kulturen und Zeiten übergeordnete Begriffe von Sprache, Kommunikation, Kultur etc. finden. Um dennoch zu gewährleisten, dass die vergleichbaren Begriffe anderer Kulturen während des Vergleichs erhalten bleiben können, greift die kulturvergleichende Medienwissenschaft auf das sogenannte triadische Denken zurück, eine posttypographische Darstellungstheorie. Mit deren Erkenntnissen und Methoden beschäftigt sich der dritte Teil des Werks und bildet damit den theoretischen Hauptteil des Buches. Die „neuen Entdeckungsfahrten“ wenden die triadischen Modelle auf mediengeschichtliche Fragestellungen an. Dem folgt ein weiterer Vergleich der fortschrittlichen technisierten europäischen Kommunikation mit der anderer Kulturen, schwerpunktmäßig mit der Kommunikation Japans.

Moderne Studierende

Gieseckes Standpunkt: Die Kulturen des 21. Jahrhunderts werden ihre Welt nicht länger bloß als industriell, wachstums- und mediendominiert beschreiben, sondern vermehrt als kommunikativ. Zudem werden sie zusätzlich ihre Beziehungen und Geschichte verstärkt neu interpretieren. Durch die globale Vernetzung ist eine soziale Ort- und Zeitlosigkeit gegeben. Informationen können zu jeder Tages- und Nachtzeit von jedem X-beliebigen Ort auf der Welt abgerufen werden. Aufgrund dieser Überzeugung sucht dieses Buch nach neuen Formen des posttypografischen Denkens. Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass bis dato alle tiefgreifenden kulturellen Veränderungen auch zu Veränderungen der Informationstypen und Denkstile geführt haben, welche die Kulturen prämieren.
Abschließend folgt ein Essay mit einem Ausblick auf die Zukunft. Giesecke schlussfolgert auf der Basis der bisher gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere durch die Berücksichtigung der neuen Medien, dass mit dem Fortschreiten der technologischen Entwicklungen ein vollkommen neues Verständnis von Kommunikation, Wissen und Informationsverarbeitung erforderlich ist. Lehren und Lernen lauten die Schlagworte. Während sich biologische Arten durch Zellteilung erhalten, reproduzieren sich menschliche Kulturen durch die Weitergabe von Informationen, Wissen, Wahrnehmungs- und Vernetzungsformen. Ohne diese Vererbung ist die Gesellschaft und ihre Teilsysteme nicht zu erhalten. Doch auch das Lehren und Lernen an sich verändert sich mit der zunehmenden Technisierung. Waren es früher ausschließlich Bücher, so offerieren die neuen Medien das E-learning als neue, fortschrittliche Lernform, welches das buchgestützte Lernen mehr und mehr verdrängt. Laut Giesecke bedeutet dies vor allem für die BA-StudentInnen: Wer gute Zensuren haben will, kann sich aufgrund des dichten Stundenplans den Aufwand langwieriger Lektüre nicht mehr leisten und ist umso mehr auf die elektronische Verfügbarkeit der notwendigen Literatur angewiesen. Insofern findet E-Learning gegenwärtig massenhaft und umkehrbar statt. Von einer posttypografischen Kultur zu sprechen ist insofern sinnvoll, als dass es grundsätzliche Veränderungen in der kulturellen Informationsverarbeitung und Kommunikation gibt. Typografische Wissenschaftsideale werden immer mehr von den Gegenbewegungen der letzten Jahrzehnte abgelöst. Auf die kulturwissenschaftlichen Hochschulfächer bezogen bedeutet dies: Die ursprüngliche soziale Organisationsform mit ihrer klaren Hierarchie wird durch Projektgruppen und interdisziplinäre Netzwerke ersetzt, allgemeingültiges Wissen wird durch fallbezogenes Wissen und maßgeschneiderte Lösungen der Aktionsforschung abgelöst, und neues Wissen entsteht insbesondere als Ergebnis der Vernetzung unterschiedlicher Projekte (vom individuellen Lernen zur lernenden Organisation und Gruppe). Auch visuell wahrnehmende Daten reichen nicht länger aus. Der Fokus der Gegenbewegungen liegt auf multimedialer Wissenspräsentation. Und es ist keine Grenze in Sicht…

Trotz der hohen Theorieanteile ist das Buch mit vielen Alltagsbeispielen und Illustrationen angereichert und gut verständlich. Eine gute, und vor allem interessante, Semesterliteratur für alle diejenigen, die sich mit kulturellen Prozessen und der Rolle der Medien beschäftigen und sich auf eine nette Entdeckungsreise aus dem Beton der Ruhr-Universität begeben möchten!

jbö

Michael Giesecke: Die Entdeckung der kommunikativen Welt. Studien zur kulturvergleichenden Mediengeschichte
Erschienen im Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Verlag,
ISBN 978-3-518-29388-1, Preis: 17Euro

Kulturhauptstadt Bochum?

Kulturzentrum, Kulturzentrum, skandierten über 200 enthusiastische KundgebungsteilnehmerInnen am Samstagnachmittag lautstark auf dem Alten Markt in der Wattenscheider Innenstadt. Unterstützt vom Gitarrenduo Volker & Ingmar sowie der Band Emscherkurve 77 stellte die Aktionsgemeinschaft Kulturzentrum Wattenscheid mit einem dreistündigen Multikunst-Programm aus Straßentheater und Musik von Jazz bis Punk eindrucksvoll unter Beweis, dass dieser Ort ein enormes kreatives Potential aufzubieten hat.

Somit ist die Forderung an die Politik mehr als berechtigt, hier wie in anderen Bochumer Stadtbezirken endlich wieder eine zentrale Lokalität zu schaffen, um eine kontinuierliche Kulturarbeit zu ermöglichen. Damit könnte nach zehn Jahren ‚Förderpause‘ an die erfolgreiche Arbeit des 1997 geschlossenen Kulturladens Wattenscheid angeknüpft werden, der schließlich wegen zu geringer kommunaler Förderung finanziell kollabierte. Sinnvoll wäre die Bereitstellung eines Veranstaltungsraums für ca. 250 Personen und eines auch für Theater- und Kleinkunstveranstaltungen nutzbaren Kinosaals sowie u.a. von Büro- und Schulungsräumen.

„Wattenscheid ist tot“, bringt Kulturaktivist und Kassierer-Kultsänger Wolfgang Wendland den bisherigen kulturellen Stillstand im ‚Bochumer Westen‘ auf den Punkt. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden, müssten jährlich maximal 80.000 Euro aufgewendet werden – die Finanzierung eines Kulturzentrums würde demnach höchstens ca. 2 Promille des Kulturetats der Stadt Bochum in Anspruch nehmen, heißt es in einer Erklärung der Aktionsgemeinschaft. Die Hälfte dieser Summe sei zudem bereits in den Haushalt eingestellt: als Posten für eine de facto weitgehend inaktive ‚Kulturinstitution‘ der AWO. Um die dringend nötige Kulturrevolution in Wattenscheid zu beschleunigen, wird es am 16. Juni ab 14.30 Uhr wieder eine Kundgebung auf dem Alten Markt geben – wer an der Vorbereitung mitwirken möchte, möge sich zu einem Treffen am 25.5. um 17 Uhr im Albert-Schweizer-Haus einfinden.

Einstweilen also befindet sich das Kulturzentrum Wattenscheid also weiterhin im Exil – so wurde die aktuelle Manifestation auf dem Alten Markt am Samstag von einem geradezu grotesken Polizeiaufgebot mit zeitweise 6 Bullis und 2 Streifenwagen ‚begleitet‘. Auch ‚klerikaler Terror‘ in Form exzessiven Glockengeläuts der benachbarten Gertrudiskirche konnten Kassierer-Bandmitglied Volker Wendland und seinen musikalischen Begleiter jedoch nur kurzzeitig daran hindern, den Platz zu Beginn der Veranstaltung mit jazzigen Tönen zu beschallen: Als dem aufdringlichen Geläut der Ruf nach „De-De-Deeskalation“ entgegengehalten wurde, endete der Glockenterror abrupt, und das Konzert konnte weitergehen. Die ironische Brechung, dass der Musik-Auftakt eher auf den Geschmack der Ordnungskräfte als auf den des Publikums zugeschnitten schien, wurde prompt mit einem punkigen Gegenbeitrag aus einer mitgebrachten tragbaren Anlage beantwortet. Nichtsdestoweniger gab es begeisterten Applaus für Volker & Ingmar. Danach schwang sich der von der Aktionsgemeinschaft gerne als designierter Kulturdezernent gesehene Ralf Hedwig auf die Bühne und beantwortete die rhetorische Frage, ob „wir die Kriterien einer Kulturhauptstadt“ erfüllen, mit einem entschiedenen NEIN: Denn „in Bochum und Wattenscheid“ präsentiere sich „Kultur“ als etwas, „an dem wir lediglich beobachtend teilhaben dürfen“. Kulturelle „Teilhabe“ bestehe hierzulande lediglich „im Akt des Konsums“, und insbesondere „Plätze für die kulturelle Arbeit von Jugendlichen bei Musik-, Film- und sonstigen Veranstaltungen sucht man vergebens“. Ralf Hedwig fordert die Kommune durch die Förderung eines Kulturzentrums in Wattenscheid daher zugleich zu einem jugend- und kulturpolitischen Kurswechsel auf.

Dann kam mit der Ruhrgebietspunkband Emscherkurve 77 der Hauptact des Tages zum Zuge – nicht zuletzt, um den Beweis anzutreten: „Kultur ist gut!“ Bei „Liedern aus der Kurve“ und Songs wie „Ruhrpott-Girl“ ging das Stimmungsbarometer weiter nach oben, und es wurde sogar ein bisschen Pogo auf den Alten Markt gebracht. Bevor im zweiten Emscherkurve-Set mit „Du alte dreckige Stadt“ ein Abgesang auf Wattenscheid über den Platz hallte, wurde das Programm durch einen Luftmusik-Wettbewerb und Straßentheater abgerundet. Neben der obligatorischen Luftgitarre kam auch ein Luftschlagzeug zum Einsatz, und auch Luftgesang durfte selbstverständlich nicht fehlen. Anschließend illustrierte das Straßentheaterprojekt der Aktionsgemeinschaft noch einmal die Forderung nach einem Kulturzentrum für Wattenscheid anstelle eines gewissen ‚Braunen Hauses‘ in Günnigfeld… Am Ende der Veranstaltung wurde dann noch schnell ein Besen gekauft, um den Alten Markt zu fegen – damit auch bloß alle Auflagen der bis zum Schluss maßlos überrepräsentierten Polizeikräfte erfüllt wurden. Und wenn bei der Fortsetzungsveranstaltung u. a. mit Musikbeiträgen der Gruppen Bildungslücke und Last Exit am 16.6. wieder so viele Leute ein starkes Zeichen für die Kultur in Wattenscheid setzen, sollte auch der/die letzte PolitikerIn in dieser Stadt begreifen, dass dieser Ort ein eigenes Kulturzentrum mehr als verdient!

Uli Schröder

Amerika hat ja schon viel Schwachsinn hervorgebracht. Zum Beispiel George W. Bush, Britney Spears und Hair Extensions. Seit Neuestem gibt es eine religiöse Bewegung, die sich ironischerweise Intelligent Design bzw. Kreationismus nennt. Dieses Grüppchen von Gläubigen behauptet doch tatsächlich, die Schöpfungsgeschichte wissenschaftlich beweisen zu können, um so die Evolutionstheorie vom Thron zu stoßen.

Mittlerweile wird diese „Wissenschaft“ sogar an amerikanischen Schulen unterrichtet, um den jungen, unwissenden SchülerInnen ein „breiteres Angebot“ an Glaubensrichtungen zu bieten. Schließlich sei die Evolutionstheorie noch nicht bewiesen, der Kreationismus könne dies mit der Schöpfungsgeschichte hingegen schon.
Als dies der junge Physiker Bobby Henderson mitbekam, packte ihn die Wut. Schließlich ist seine Religion wirklich die Einzige, die auf wissenschaftlichen Beweisen beruht. Und so schrieb er ein Buch, um genauer zu sein, ein Evangelium. Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters.

Am Anfang war das Wort, und das Wort war „Arrrgh!“

So zeigt Mr Henderson sehr detailreich, warum das Fliegende Spaghettimonster, kurz FSM, der wahre Schöpfer der Welt ist. Und die Beweise sind gut, triftig und überzeugend. Natürlich muss ich hier nicht näher darauf eingehen. Es ist ja auch nur zu logisch, dass das FSM das Universum erschaffen hat. Oder hat jemand Gegenbeweise?
An fünf Tagen schuf das FSM dank ausreichend Alkohol zuerst das Licht, daraus Tag und Nacht, am zweiten Tag Land, am dritten Tag das Pflanzenreich, am vierten Tag Sonne, Mond und Sterne, am fünften Tag gab es schließlich den Urknall. Zum Urknall gesellte sich, ohne, dass es das FSM bemerkt hätte, der Mensch. Hier legte das FSM wegen einem zu großen Kater eine kleine Pause ein. Deswegen ist der Freitag DER verpflichtende Feiertag im FSMismus.
Im weiteren Verlauf der Schöpfungsgeschichte formte das FSM noch ein Weibchen für das Männchen und verbot ihnen im Olivengarten von den Oliven zu naschen. Prompt bricht sich der Mensch den Zahn an einem Olivenkern. Auch merken beide Menschen, dass der Mann wohl ein Feigenblatt für sein nudeliges Anhängsel braucht, wenn auch kein allzu Großes.

WWEPT

Des Weiteren hat das FSM die Piraten, auf Grund ihres außergewöhnlichen Lebensstils, als das auserwählte Volk bestimmt. So hat man als gläubiger Pastafari (so die Bezeichnung eines Gläubigen FSMlers) Kopftuch, Augenklappe und Papagei auf der Schulter zu tragen. Grundnahrungsmittel ist Bier. Sowie natürlich Nudeln in jeglicher Form. An Freitagen gibt es davon noch mehr. Am Besten mit Fleischbällchen (VegetarierInnen können selbstverständlich darauf verzichten – wobei es ein sehr großes Glaubensbekenntnis wäre, wenn man sie trotz ethischer Bedenken isst).
Und falls man in bestimmten Lebenssituationen, wo es möglicherweise kein Bier und keine Nudeln gibt, in depressive Phasen abzurutschen droht, sollte man sich einfach immer wieder fragen: „Was würde ein Pirat tun?“
Zu allererst würde ein Pirat Grog (Bier) trinken, sich einen Papagei, eine Räuberbande und ein Schiff zulegen, eine Frau angeln („Weibliche Piraten sollten sich einen tapferen männlichen Gegenpart suchen, genau wie Piraten gleichen Geschlechts, die in der Piratenkultur absolut akzeptiert sind.“) und dann plündern. Zum Schluss gibt es nur noch eines zu sagen: Arrrgh!

Nichts gegen LiliputanerInnen – aber sie sind eben lustig

In diesem Evangelium werden auch wichtige Fragen des Alltags gelöst. Die Schwerkraft ist am Einfachsten zu klären: Das FSM drückt die Menschen mit seinen nudeligen Anhängseln auf die Erde. So ist auch ganz einfach der Unterschied zwischen großen und kleinen Menschen zu erklären. Kleine sind demnach enger mit dem FSM verbunden als Große. Lediglich LiliputanerInnen sind zur Belustigung des FSM erschaffen worden.
Zum Abschluss muss man noch erwähnen, dass der Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung der Welt auf das stetige Zurückgehen der Piraten zurückzuführen ist.
RAmen.

aw

Falls es in diesem Text irgendwelche Lücken, Widersprüche oder Ungereimtheiten gibt, so sind das lediglich Prüfungen, um den Glauben des Lesers auf die Probe zu stellen.

P.S.
Dieser Text ist nicht im Konsens der Redaktion erschienen und Teile der Redaktion sind davon überzeugt, dass SIE die Autorin zur Rechenschaft ziehen wird.

Ein dickes B wehte über das „Hurricane“: Bloc Party, Beastie Boys und Bright Eyes brachten den Eichenring neben Headliner Pearl Jam zum Beben. 70.000 Fans wurden nass und berauscht.

Der allgegenwärtige Schlamm ficht sie nicht mehr an, die Festivalfreaks in Scheeßel. Sie sind es gewohnt. Gut 70.000 von ihnen verwandelten den idyllischen Eichenring im platten Land zwischen Hamburg und Bremen am Wochenende wieder in eine wüste Rock-Landschaft. Der Regen war schon vorher da – trotz ausgelegtem Mull und Sägespänen allenthalben kannte der schwarze Schlick kein Erbarmen. Scheeßel, der Schlamm-Planet.
Nur die Bühnen blieben trocken. Dafür kamen die Helden darauf ordentlich ins Schwitzen. Allen voran Pearl Jam. Die lange vermissten Grunge-Helden versetzten die berauschte Menge vor der „Green Stage“ in totale Ekstase. Leadsänger Eddie Vedder schien sein Mikro zeitweise gar aufzufressen, so ging er in seinem ersten Deutschland-Auftritt seit fast fünf Jahren auf.
Überraschenderweise stand eine noch junge Band dem Headliner in nichts nach: Bloc Party. Die Brit-Rocker um den charismatischen Leadsänger Kele Okereke schwangen sich zum heimlichen Höhepunkt auf. Stets mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen präsentierte sich die Band, deren aktuelle Platte in England zehn Wochen auf der Eins verharrte, in prächtiger Tanzlaune. Tracks wie „Helicopter“ oder „The Prayer“ ließen die tosende Menge vor der „Green Stage“ pulsieren, Balladen der Güteklasse von „The Modern Love“ kühlten ab. 2005 waren Bloc Party das „neue große Ding“, inzwischen scheinen sie auf dem besten Weg zu Stadiongröße.
Da waren die Beastie Boys schon vor zehn Jahren. Auch heuer gaben sie einen würdigen Headliner ab. „Sabotage“ oder „You Gotta Fight For Your Right (to party)“ sind immer noch Glückshormon-Garanten. Tanzende Ekstase war garantiert. Allerdings ließ sich auch nicht verhehlen, dass Mike D. & Co. bei den weniger populären Tracks deutliche Altersschwäche aufwiesen. Breakdance erscheint bei Mittvierzigern suboptimal.
In der späten Samstag-Nacht hingegen präsentierte der Eichenring seinen Ergebenen ein besonderes Spektakel. Kontrastprogramm war angesagt. Während auf der „Blue Stage“ Bright Eyes mit Songwriter-Genie Conor Oberst in Balladentiefen eintauchten, begann direkt nebenan Grusel-Rocker Marilyn Manson seine schaurig-schöne Heavy-Metal-Oper. Hier regierten Geigenstriche, dort brachiale Basswände. Aus einiger Entfernung wurden beide Bühnen erkennbar und die so unterschiedlichen Sounds verschmolzen – ein bisher unbekanntes Erlebnis, das so wohl nicht so schnell wiederkommt.
Die Dimension eines Massen-Festivals wird in Scheeßel deutlich: Insgesamt wurden 700 Mobiltoiletten aufgestellt, 23.500 Meter Zaun aufgebaut und 90.000 Müllsäcke verteilt. Das Festivalgelände rund um den Eichenring umfasst 140 Hektar. Auf gut 35.000 qm wurde also gerockt, gecampt und geparkt.
Auch Bochumer Festivalfreaks nahmen massenweise die 300 km in Kauf, um am Spektakel teilzuhaben. Nahende Klausuren oder Hausarbeiten spielten da eher eine Nebenrolle. „Ich habe mir meine Bücher mitgenommen“, schmunzelt etwa Miriam, die an der RUB Medienwissenschaften studiert. „Aber das ist eher ‘n Alibi“. Für Jörg ist das Hurricane Pflichtprogramm. „So’n Festival ist rauskommen aus’m Alltag, endlich mal die Sau raus lassen“, findet er. Selbst als Studi hätte man ja sonst nicht die Freiheit, „einfach mal in total verdreckten Klamotten rumzulaufen, ohne dass jemand doof guckt“. Gesagt, getan – Jörg stürzt sich mit seinen Kumpeln ab in die nächste Schlammschlacht. Andere waren wegen der Musik hier – wie Nadine. „Ich hatte Bright Eyes noch nie live gesehen – ein echtes Erlebnis“, sagt die 24-jährige Jura-Studentin.
Wer glaubt, das war alles, kennt die Gesetze des Massenfestivals nicht. Auch das „Mittelfeld“ des Hurricane wurde durch Größen wie die Fantastischen Vier, Ex-Blur-Frontmann Damon Albarn und seinen „The Good, The Bad & The Queen“ oder die deutschen Shooting-Stars „Fotos“ aufgewertet. „Virginia jetzt!“, Dauergäste in Scheeßel, lieferten schließlich einmal mehr den Soundtrack zum Spektakel: „Erst kommt der Blitz / dann kommt der Donner / und am Ende ein ganzer Sommer“. Tatsächlich: Am Ende lugte gar die Sonne durch die Regenwolken. Die wollte wohl auch Pearl Jam sehen.

m bp

Ganz im Sinne des Ehrencodizes der bsz „Immer janz dicht dran und knallhacht nachjefracht“ wird es auch für uns Zeit, das meistverkaufte Buch des Jahres 2006 in Deutschland zu rezensieren. Was wäre wahrscheinlicher für diesen Titel, als eine Kombination aus römisch-katholischer Kirche und eines Komödianten aus dem Ruhrpott?

Hape Kerkeling begab sich im Jahr 2001 auf Pilgerreise auf den Jakobsweg und schrieb darüber das Buch „Ich bin dann mal weg“.
Für alle Ungläubigen vorweg eine kleine Nachhilfestunde in Sachen katholische Riten: Der Jakobsweg soll zum Grab des gleichnamigen Apostels führen der der Legende nach in Spanien missionierte (zuvor pilgerte er die grob bemessenen 4.000 km vom heutigen Israel auf die iberische Halbinsel). Im Mittelalter war der Weg nordspanische Verkehrsachse und gehört seit seiner Wiederbelebung in der zweiten Häfte des zwanzigsten Jahrhunderts zum Weltkulturerbe der UNESCO. Der etwa 600 km lange Weg führt von den französischen Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Pilger von etwa 55.000 auf einen Höchstwert von 180.000. Im Jahr 2004 wurden ca. 100.000 im letzten Jahr gestiegen. Ausgelöst durch Bestsellerautoren wie Paulo Coelho und den umstrittenen Bericht von Shirley McLaine und nun auch Hape Kerkeling erlebt der Weg einen Boom. Ob es einfach nur schick geworden ist, die Bücher die Massen erst informierten, Wandern als Trendsport immer beliebter wird, Menschen sich auf Identitätssuche von ihm Erleuchtung, Gott oder einfach nur Ruhe und schöne Landschaften erhoffen – die Gründe sind so vielfältig wie die Pilgerzahlen.

Pilgern lesen?
Worin besteht also der Sinn das Pilgertagebuch zu lesen? Zuallererst ist es „a good read“. Wie von Hape Kerkeling erwartet, geht er nicht ohne seinen Humor an die Sache heran. Zwischen Selbstironie, komischen Anekdoten und Kuriositäten können sich nur Wenige dem ein oder anderen herzhaften Lacher entziehen. Das Lesen ist durchaus unterhaltsam. Durch die Popularität seiner Figur „Horst Schlämmer“ konnte er das Interesse an seinem Buch sicherlich steigern, dennoch dürfte der Spaßfaktor nicht der alleinige Grund für den Erfolg sein. Die Neugierde auf die Privatperson und Pilger Kerkeling spielen sicherlich ebenfalls eine Rolle. Der Recklinghäuser machte sich auf den Weg auf der Suche nach Gott und zuerst sich selbst. Seinen Gott sieht der „Buddhist mit christlichem Unterbau“ dabei jenseits der Kirche und betont, dass jene Christen Veränderungen in sich nicht erfahren werden. Der moralische Zeigefinger fehlt glücklicherweise in diesem Buch ebenso wie allzuviel religiöser Pathos. Seine Gefährten sind dann auch eher die schrägen Vögel, welche neben lustigen und skurrilen Begebenheiten auch die dunklen Seiten des Jakobsweges auftauchen lassen: sexuelle Belästigung, unwürdige Behandlung von Tieren und Almosenempfängern. Dreckige, überfüllte, wenn auch kostenlose, Pilgerunterkünfte meidet Kerkeling dank seiner finanziellen Möglichkeiten und geht damit, ebenso wie mit seiner sexuellen Orientierung, erfreulich natürlich um ohne es gekünstelt hervorzuheben. In dieser Offenheit liegt die Stärke seines Buches, sei es in peinlichen, aber auch tiefsinnigen Momenten. Sein Reinkarnationsglaube findet Platz und erzeugt teilweise eine hochgezogene Augenbraue beim Lesen. Außerdem wird die tägliche Berichterstattung teilweise etwas langatmig, was jedoch bei einem Pilgertagebuch schwerlich vermeidbar gewesen wäre.
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„Hömma, Schätzelein, weisse Bescheid!“
 „Ich bin dann mal weg.“ Von Hape Kerkeling ist ein Buch für alle, die sich mit Identitätssuche, Spaß am Wandern, Religiösität oder natürlich dem Autor selbst identifizieren können oder zumindest eine gewissen Neugierde besitzen.

Hape Kerkeling
Ich bin dann mal weg
Mai 2006, Piper Malik Verlag, Gebunden
Preis 19,90 Euro, ISBN: 9783890293127

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Was passiert, wenn 26 Frauen und 22 Männer mit Kisten voller Verhütungsspiralen auf einer Insel stranden? Ein Buch über Freundschaft, freie Liebe und Sozialismus.

Ein von den Vereinten Nationen gechartertes Flugzeug stürzt durch einen Sturm über der Südsee ab. Neben der britischen Besatzung befinden sich finnische Hebammen, schwedische Krankenschwestern und finnische Waldarbeiter sowie zwei norwegische Ärzte und ein finnischer Journalist, der Chronist der Geschichte, an Bord der völlig veralteten Trident.

Gestrandet
Das Flugzeug versinkt im Meer, während sich die Menschen an den Strand einer Tropeninsel retten können und sich dort nach einigen Tagen zusammenfinden.
Die Überlebenden, gut aufgeteilt auf 26 Frauen und 22 Männer, sind zunächst mit aus dem Flugzeugwrack geretteten Lebensmitteln gut versorgt und bauen am Strand ein provisorisches Lager auf. Schnell stellt sich allerdings heraus, dass es Führungspersonen braucht, die das Zusammenleben in der Gruppe regeln. Eine Hebamme, der erwähnte Journalist, sowie der norwegische Arzt Vanninen werden zunächst demokratisch in die Führungspositionen gewählt. Bis hierher klingt das alles nun nach einer langweiligen Abkupferung der US-Serie „LOST“. Dies ändert sich aber schnell, als durch einen Luftangriff eines japanische Hubschraubers klar wird, dass es sich hier keineswegs um eine einsame Insel handelt. Da auf der anderen Seite der Insel ein Bürgerkrieg im Gange ist, wird die Hoffnung auf Rettung durch Handelsschiffe genommen, und die Gestrandeten gewöhnen sich an das Leben auf der Insel. Trotz der guten Versorgung mit Fisch, der mit aus Verhütungsspiralen (die in großen Mengen aus dem Flugzeug geborgen werden konnten) gebauten Angeln gefangen wird, Früchten und Kokosschnaps, haben viele der Gestrandeten den Wunsch in ihre Heimat zurück zu kehren.

Rettung? – Nein Danke!
Also beschließt man, die geniale Idee eines britischen Kopiloten in die Tat
umzusetzen. Die Schaffung des riesigen SOS-Signals wird zwar fast ein Jahr dauern, doch es könnte die einzige Möglichkeit sein, von der Insel herunterzukommen.
Während dieses Jahres organisiert sich der etablierte Sozialismus, aber der Verzicht auf Eigentum erstreckt sich natürlich nicht auf Partner. Und so kommt es unweigerlich zu einer zwischenmenschlichen Krise, denn auch im Paradies ist der Sündenfall nicht zu vermeiden.
Die Nordeuropäer vergessen ihr altes Leben und beginnen, sich an ihr neues Leben in der Sonne zu gewöhnen. Sie bauen sich Hütten, brennen Schnaps, feiern Feste und genießen das andere Geschlecht ohne Gedanken an Verantwortung und Folgen. Und während die Einen noch auf Rettung hoffen, genießen die Anderen zunehmend das Leben auf der Insel…

Bewertung
Der sehr kurzweilige Roman ist gut für Abende im Semester geeigneten, denen arbeitsreiche Tage voraus gehen, da man ihn „einfach so runter lesen“ kann. Auch wenn er nicht unbedingt in seiner Sprachlichkeit glänzt, ist er doch mit kleinen Nebengeschichten wie dem Halten von Affen als Haustieren, dem Ausschank von Schnaps für Arbeitsstunden und dem Belächeln von Regierungen des alten Lebens bestückt, die zum Nachdenken über Menschlichkeit, Zivilisation und politische Systeme anregen. Die Spezialität des Autors Arto Paasilinnas, nämlich die humorvolle Parodie, die bestimmte Charakterzüge der Finnen und umgebenden Völkerschaften ironisch zu thematisieren, lässt sich auch hier immer wieder finden. So muss, trotz der überwiegenden Zahl an Finnen, von britischer Seite eingehend diskutiert werden ob es wegen der größeren Popularität der Sprache, nicht sinnvoller wäre Englisch als Lagersprache einzuführen. Außerdem wird nach altem Klischee, als eine der ersten Baumaßnamen auf der Insel eine finnische Dampfsauna am Strand errichtet.
Arto Paasilinna wurde 1942 in Lappland geboren und hat bisher nahezu vierzig Bücher veröffentlicht, für die er, unter anderem in Frankreich und Italien, mehrfach ausgezeichnet wurde. Einige seiner Bücher wurden bereits verfilmt.

Vorstandssitzung im Paradies
Von: Paasilinna, Arto
Roman. Deutsche Erstausgabe. Aus d. Finn. v. Regine Pirschel: 2004
ISBN 3-404-92159-3
7,95 Euro
m jst

Nazirap aus Ostwestfalen

Geht es um die Agitation der extremen Rechten durch Musik, hört man häufig Bandnamen wie Landser, Skrewdriver oder Zillertaler Türkenjäger. All diese Bands transportieren durch ihre Musik extrem rechte Texte und damit auch Neonazi-Ideologie. Alle diese Bands spielen außerdem Rockmusik, wie der größte Teil der rechten Musikszene ebenfalls. Doch seit einigen Jahren häufen sich die Ausnahmen – nicht ohne Grund.

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