Meinereiner und ich
Vor kurzem las ich einen GEOArtikel aus dem Jahre 2002. Sein Thema: „Einsamkeit“. Über 16 Seiten wird ausführlich darüber berichtet, was Einsamkeit vom Alleinsein unterscheidet, welche „Einsamkeitstypen“ es gibt, warum alte Menschen gerne alleine sind, was es mit den Gemeinsamkeiten von Ratten und Menschen auf sich hat, warum sich buddhistische Mönche absichtlich in die Abgeschiedenheit flüchten und wieso sich viele Menschen heutzutage eine Auszeit wünschen. Ganz kurz kommen auch „junge Leute“ vor. Jugendliche in der Pubertät und StudentInnen. Jedoch reicht dieses Kapitel nicht mal über eine Seite.

Sind junge Menschen also nicht einsam? Anscheinend doch: „Jungen Menschen fällt das Alleinsein besonders schwer. Mit der Pubertät beginnt die Suche nach Identität und Lebenssinn. Gleichaltrige werden zum wichtigsten Maßstab für den Selbstwert.“ Aha. Noch besser: „Allein zu sein fällt besonders Jugendlichen schwer – vor allem am Wochenende, wie amerikanische Wissenschaftler mithilfe aufwändiger Messungen festgestellt haben.“ Amerikanische Wissenschaftler. Na, dann. Wenn sie meinen, dass man dafür „aufwändige Messungen“ braucht.
Man muss sich doch nur mal am Wochenende, wenn man so wahnsinnig war das Haus abends zu verlassen, umschauen, wie viele Menschen unterwegs sind. Oder nur mal versuchen, Freunde freitags nach 20 Uhr auf dem Festnetz zu erreichen. Wenn man am Wochenende keine Verabredung aufweisen kann, wird ziemlich schnell gemunkelt, dass doch irgendetwas nicht stimmt. Liebeskummer, Stress und Depressionen, um nur einige Vermutungen zu nennen, mit denen man sich gegebenenfalls auseinandersetzen muss.
Bestimmt jedeR hat mindestens schon einmal in seinem Leben ein solches Wochenende verbracht. Zuhause, alleine. Aber wer kann von sich behaupten, sich (ignorieren wir nun einmal das „Zusammensein“ via Internet) nicht in irgendeiner Weise einsam gefühlt zu haben? Aber ist das so schlimm? Kann der Mensch nicht auch ab und zu einsam sein?

Lonesome Cowboy

Ein paar „Menschengruppen“, die ebenfalls im GEO-Artikel erwähnt werden, ziehen sogar ihr größtes Potential aus der frei gewählten Einsamkeit: Mönche und, um sie grob und allseits beliebt zusammenzufassen, Künstler. Beide Gruppen ziehen sich bewusst zurück, um sich selbst und ihrem Innersten am Nächsten zu sein. Welch große Werke sind in totaler Abgeschiedenheit von der restlichen Welt entstanden! Welche Weisheiten wurden in einsamer Versenkung entdeckt!
Warum also ist Einsamkeit, besonders bei uns jungen Leuten, so verpönt?
In Zeiten der allgemeinen Vernetzung ist es sowieso ein wenig kompliziert von der vollkommener „Einsamkeit“ zu sprechen. In Null Komma Nix kann man sich heutzutage schließlich ein Kaffeekränzchen via Webcam einrichten. Und schwups: weg ist das „Alleinsein“. Gleichsam wird man aber auch als einsam abgestempelt, wenn man eben erwähntes „Beisammensein“ allzu oft bevorzugt. Wer nur vor dem Rechner hängt, gehört nicht gerade zu den geselligsten Menschen.

Zu zweit einsam

Genauso wenig, wie es der GEO–Artikel schafft, zu einem wirklichen Entschluss zu kommen, für was man denn nun Einsamkeit braucht, kann man den Begriff an sich klar negativ oder positiv definieren. Alleinsein, ohne es zu wollen, kann zu einem stark negativen Gefühl führen, sich jedoch in bestimmten Situationen als positiv auszahlen. Nach einer Trennung will man nicht unbedingt alleine sein, kann daraus aber im Endeffekt großen Nutzen ziehen (Selbstreflexion).
Wo zieht mal also die Grenze zwischen Alleinsein, Einsamkeit und Isolation? Fortsetzung folgt …
aw

Was macht die Kuh auf dem Baum?

Am vergangenen Donnerstag markierte eine interessante Lesung des Ruhrgebietsautors Jo Ziegler den Auftakt zum Sommerprogramm des Textzentrums Essen. In seinem Debütwerk „Die Ruhr-Magier“, der den Auftakt zu einer geplanten Romantrilogie bildet, wirft der auch als bildender Künstler tätige Newcomer einen eigenwilligen Blick auf die Geschichte der Industrialisierung der Ruhr-Region und will mit seinem Schaffen außerdem einen Gegenakzent zum kulturellen Mainstream der „Kulturhauptstadt Ruhr.2010“ setzen. Und ganz nebenbei legt er auch den Finger in die tiefe Wunde zivilisatorischer Gegenwartsprobleme wie BSE…

Drei Schmiede sind die Protagonisten des aktuell erschienenen Romans: Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts mischen sie mit ihrer – trotz „hammerhartem“ Schmiedealltag – hedonistischen Lebensphilosophie das Ruhrgebiet auf, wo sich die Handlung mit dem Essener Halbach-Hammer (heute Industriedenkmal im Gruga-Park) als zentralem Ort des Geschehens abspielt. Die drei Ruhrschmiedeknechte nehmen die Leserinnen und Leser mit auf eine literarische Entdeckungsreise durch die „Boom-time“ des Reviers, das noch um 1840 gerade mal 250.000 EinwohnerInnen zählte.

Fragiles Ruhrwiesenidyll

50 Jahre später, auf dem Höhepunkt der Industrialisierung, repräsentieren die Halbach-Schmiede fast schon die restvitalen Ausläufer einer aussterbenden Gattung. Aber dafür sind sie verdammt lebendig: Nach der Maloche in den Ruhrwiesen „so richtig mit Zippes und Zappes“ einen draufzumachen, ist ihr höchstes Glück, das den Ruhr-Magiern leitmotivisch zugeschrieben ist. Doch das Ruhrwiesenglück währt nicht ewig. Zunächst unmerklich schleichen sich geradezu kafkaeske Elemente in den Gang der Handlung ein: Spätestens als eine Ruhrwiesenkuh auf einem Baum erscheint, scheint das glückselige Leben „im Gleichklang mit der Natur“ in den „fetten Ruhrwiesen“ aus dem Lot gebracht. Und als sich an einer anderen Stelle Franz Kafka höchstselbst „aus den scharfen Sichelgräsern“ des Textes hervorschält, um die Protagonisten „in ein leeres Schloss“ zu treiben und persönlich darin Feuer zu legen, ist es vorbei mit der Harmonie.

Konsumzeitende: Menetekel Rinderwahnsinn

Am Ende stranden die Leserinnen und Leser der „Ruhr-Magier“ an den schroffen Ufern ungelöster Gegenwartsprobleme: Die glückliche Ruhrwiesenkuh ist endgültig Geschichte, und der idyllisierte Schmiedealltag ist handfesten Gegenwartsproblemen gewichen. Von allen zivilisatorischen Menschheitsproblemen wird eines am Schluss besonders hervorgehoben: BSE. Das Ende der industriellen Boom-time im Ruhrgebiet korrespondiert auf diese mysteriöse Weise mit den Grenzen eines unbesorgten hedonistischen Lebensstils und dem vermeintlichen Ideal unbeschwerten Konsums. Dies wirft schließlich die Frage auf, ob morgen eventuell „der Goldfisch in die Pfanne“ kommt. Aber vielleicht besinnt sich die Menschheit ja doch noch eines besseren und wendet sich rechtzeitig überwiegend dem Vegetariertum zu…

Nachhaltige Ruhrkultur

Zu hoffen bleibt ferner, dass dies im übertragenen Sinne auch für andere Lebensbereiche gilt, von denen am Romanende der „Ruhr-Magier“ der kulinarische besonders herausgehoben wird. Bezogen auf den Kulturbereich nahm der Autor zu Beginn seiner Lesung im Textzentrum Essen direkten Bezug auf die MacherInnen der Ruhr.2010: So wandte sich Jo Ziegler explizit gegen den Größenwahn eines eintägigen Mammutevents einer „Kette von Tapeziertischen“ entlang der A40 quer durchs Ruhrgebiet. Der Initiator des Textzentrums Essen, Uri Bülbül, hat da ganz andere Vorstellungen von nachhaltigen kulturellen Akzenten, die auch über 2010 hinaus währen mögen. Ein Literaturhaus Ruhr wäre eine Idee, die bereits seit Jahren diskutiert wird, ohne dass bislang jedoch konkrete Schritte zu ihrer Realisierung eingeleitet worden wären. Das Kulturhauptstadtjahr böte die Chance dazu, die es zu ergreifen gälte. Carpe diem!

USch

„Die Ruhr-Magier“, Schreibhaus (2008), ISBN 3-937840-06-0. Jo Zieglers nächste Lesung aus seinem Buch findet am Samstag, den 23.8., ab 19 Uhr im Textzentrum Essen, Giradethaus, Giradetstraße 2 bis 38 (Eingang 7), statt. Am 15. und 16. August lädt das Zentrum außerdem zum „Textflohmarkt“ mit verschiedenen AutorInnen und ihren Werken ein.

Perry Rhodan, zweiter Teil
& Presseschau, erster Teil

Unsere bsz ist auf dem besten Wege, zum Fortsetzungsroman zu metamorphieren. Denn wer in der letzten Ausgabe nicht aufgepasst hat, sollte jetzt trotzdem weiterlesen. Zur Erinnerung: Dreißig Jahre zielgruppenorientiertes Werben hieß das zu feiernde Ereignis. In dieser Ausgabe widmen wir uns mit ganzem Einsatz der Präsentation klangerzeugender Elektronik.

Reisen wir zunächst zurück ins Jahr 1978. Was waren das für Zeiten damals? Außer Roger Moore im Kino sehen und schlechter Musik im Radio hören, wollte einE jedeR nur Eines: Ein Unterhaltungscockpit sein Eigen nennen. Ganze zwei Watt Sinus-Leistung verspricht die sagenhafte Dreifach-Kombination aus Radio, Cassette (ganz exclusiv mit C) und Digital-Uhr. Diese hypermoderne Anzeigenart für numerische Präsentationen kannte man bis daher nur höchst selten und sie kam nur in exclusiven Luxusgütern, z.B. als Tachometer-Anzeige im Opel Monza, zum Einsatz. Aus dieser Zeit stammen die ersten Menschen, welche die Zeit nach ebensolchen Digitaluhren lernen mussten, um dann im Teenageralter festzustellen, dass sie ständig den Schulbus verpassten, weil die Bahnhofsuhr ihnen so unbekannt war.
Doch zurück zum „Wifona RCD 2020 – Das Unterhaltungscockpit“, das als „Ideal für Büro, Küche, Hobbyraum, Schlafzimmer etc“ gepriesen wird. Was heißt hier dieses „etc“? Konnte man das Gerät gar auch im Wohnzimmer aufstellen? Im Kinderzimmer und in der Nasszelle? Wow. Das ist ja sensationell. Das moderne Gehäuse in schwarz-rallyeorange-metallic (auch bekannt vom Opel Manta), sorgte für zusätzliche optische Kaufanreize. Leider ist diese Farbe aus der Palette der Designer des 21. Jahrhunderts völlig verschwunden. Mithalten kann anno 2006 nur das in fast jeder kostenlosen Zeitschrift (ADAC-Magazin, BWZ-Programmzeitschrift, Magazin der Techniker-Krankenkasse…) beworbene Bose®Wave®-System, das „in jeden Raum passt.“ Die unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten sind in Zeiten, in denen Menschen mit Wohnungseinrichtungsshows zum privaten Vier-Wände-Glück verholfen werden muss, immer noch erwähnenswert. Natürlich besitzt das Gerät auch eine Digitalanzeige (mittlerweile sogar mit automatischer Helligkeitsanpassung).

Bei uns kommt der
Strom aus der Steckdose

Schockierend modern erscheint mir beim ®®-System die Tatsache, dass eine Steckdose für den Anschluss genügt! Und ich mit meiner alten HiFi-Anlage schmeiße jedesmal den Fahrrad-betriebenen Generator an, hole die sechs Verbindungskabel aus dem Keller vom Nachbarn, um dann nach einer aztekischen Beschwörungsformel das Gerät zur Wiedergabe von WDR4 zu bewegen. Aber nicht so beim ®®. Einfach nur in die Steckdose? Das habe ich ja noch nie gesehen. Verlockend erscheint mir auch die übertragbare Garantie von zwei Jahren. Die werde ich sofort auf meinen Fernseher übertragen. Der hat manchmal leichte Bildstörungen.
Apropos Zeitreise: Hier mitten im Text möchte ich die Gelegenheit nutzen unsere neue bsz-Serie zu propagieren: Die Presseschau. Heute mit dem Düsseldorfer Express vom Samstag, den 13. Januar. Mr. Gesundheit (wohl aus der gleichen Praxis wie Dr. Sommer) verrät uns: „Küssen ist so gesund.“ Der obligatorische Beisatz „Küssen macht nicht schwanger“ wird für die erwartete LeserInnenschaft scheinbar vorausgesetzt. Und übrigens: Sport ist auch so gesund, und fettes Essen macht so dick und Express lesen ist so…

Damals war‘s

Schön ist doch nur die Rubrik „Vor zehn Jahren“, die an längst vergessene Ereignisse erinnert und große Momente der Weltgeschichte noch einmal Revue passieren läßt. Denn „Heute vor zehn Jahren überrollte eine Party-Straßenbahn eine Rentnerin (70). Die Frau war auf die Gleise gelaufen.“ Ja, ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen. Die Rentnerin (70) war das Thema in allen großen Nachrichtensendungen. Die ARD unterbrach ihr Programm für eine Sondersendung und der Kanzler wandte sich mit einer Kondolenzrede an das Volk.

RRR

Was du nicht willst, das man dir tu…
Diesen Satz sollte man heutzutage viel öfter benutzen. Speziell bei folgender, einem/einer jeden bekannten Situation: Nichts ahnend steht man, womöglich in Gedanken vertieft, an der U 35-Station der Universität und wartet auf die nächste Bahn. Um einen herum tummelt sich ein ziemlich großes Grüppchen an Menschen. Wohlgemerkt fremde Menschen. Der Zug fährt ein, hält an. Alles stürmt zu den Türen und stellt sich davor. Direkt davor. Auf den Gedanken, dass die Leute erst einmal aussteigen müssen, kommt anscheinend keineR. Dabei ist das doch wohl logisch. Oder will da keineR (mehr) dran denken?

Studieredne gelten heutzutage als die Elite Deutschlands, es wird um sie geworben und gebettelt. Wer kein (abgeschlossenes) Studium vorzuweisen hat, wird schief von der Seite angeguckt. Und trotz unverschämter Studiengebühren, sowie BAföG-Ungerechtigkeit, genießt man als StudentIn immer noch hohes Ansehen und einige Vorzüge.
Aber wie schauen StudentInnen auf andere Menschen? Wie steht es um unsere Tugenden, wie zum Beispiel Höflichkeit und Hilfsbereitschaft?
Als kleines Kind sollte man von seinen Eltern und den Lehrern eigentlich beigebracht bekommen haben, dass man, wenn Personen aus einer Bahn aussteigen oder ein Gebäude verlassen wollen, zur Seite geht, um sie nicht zu behindern. Zumal man sonst selber ja schlecht rein kann. Aber warum sieht man das auf den hiesigen Straßen kaum noch? An der Haltestelle der Ruhr-Uni am Allerwenigsten. Manchmal passt ein Gleichnis von Studenten mit wilden Tieren, die sich um die erlegte Beute streiten, wie die Faust aufs Auge. Dass man diese ab und zu genauso wie diverse Ellbogen in die Magengegend, bei einer solchen Rangelei auch abbekommt, sei nun einmal dahin gestellt.

Wie du mir, so ich dir!

Oder sind wir am Ende alle nur wahnsinnig faul und wollen auf gar keinen Fall stehen, wenn mehr als zwei Stationen zu fahren sind? Das kann doch aber keine Entschuldigung dafür sein, dass aussteigende Menschen eigentlich fliegen lernen müssten, um die U-Bahn-Tür zu passieren! Es gibt sogar Leute, die sich darüber aufregen, dass die Personen in der Bahn anfangen zu schimpfen, wenn sie nicht hinauskommen. Bei soviel Zwischenmenschlichkeit versagt bei mir weitestgehend das Verständnis.
Ein weiteres Beispiel sei hier die berüchtigte Schwierigkeit der Mutter mit Kinderwagen. Oft müssen diese Damen ein wahres Kunststück hinlegen, um samt ihrer Kinder noch in den Zug zu gelangen. Die Mehrheit der Mitfahrenden steht daneben und schaut zu. Offensichtlich befinden wir uns noch in der Zeit der Römischen Spiele, die zur allgemeinen Belustigung stattfanden. Und die allein reisende Mutter ist dann der arme Gladiator ohne Rüstung, welcher gegen einen Löwen antreten darf. Auf die Idee den Kinderwagen für, sagen wir, 15 Sekunden mit anzuheben, kommen die Wenigsten. Schade.

Auge um Auge?

Vielleicht wollen einige StudentInnen auch einfach nur ihre Aggressionen gegenüber einem/einer ProfessorIn, einem/einer MitbewohnerIn oder (am Besten) Herrn Weiler ablassen. Oder kann es sein, dass, dem Klischee entsprechend, die Mehrzahl der StudentInnen zu verpennt ist, um ihre Umgebung, ergo auch die anderen Fahrgäste, richtig wahrzunehmen? Sollte man an den Stationen ab jetzt umsonst Kaffee ausschenken?
Oder möglicherweise doch lieber wieder auf die allseits bewährte Methode „Augen auf!“ umsteigen?
Es kann am Ende nicht sein, dass gerade wir Studenten als schlechte Vorbilder fungieren! Häufig ist nämlich auch zu beobachten, wie selten jemand an einer roten Fußgängerampel stehen bleibt. Selbst, wenn Kinder dabei sind. Wo soll das hinführen?
In der heutigen Zeit, in der solche Ungerechtigkeit jedeN treffen kann, sollte man, meiner Meinung nach, mal wieder einige alte Werte aufgreifen und aufwärmen. Nicht unbedingt den Knigge auswendig lernen – da steht viel zuviel unbrauchbarer Mist drin.
Es reicht ja für den Anfang schon aus, wenn man als Frau ab und zu mal die Tür aufgehalten bekommt.

aw

Nachschrei: Qualität war das beste Rezept

Früher war alles besser? Schon möglich, denn in so manchem Haushalt ist am 16. Januar ein Lebensabschnitt zu Ende gegangen: Schuld ist allein der „Puddingkönig“. Der international erfolgreiche Familienunternehmensgründer Dr. Rudolf-August Oetker, der 1970 endlich (!) die Tiefkühlpizza kreierte und auf den Markt brachte, hat in der vergangenen Woche im altbackenen Alter von 90 Jahren in einer Hamburger Klinik endgültig den Kochlöffel abgegeben.

Jetzt ist es an uns hungrigen StudentInnen, die wir nicht tagtäglich in Mensa und Akafö-Caféten landen wollen, den Kochlöffel zu schwingen, Oetkers umfangreichen Nachlass systematisch zu durchforsten und uns zu Nutze zu machen. Dazu kann man wie folgt vorgehen:

Man nehme: Dr. Oetker!

Gewälzt werden wollen zuerst die Hunderte von Büchern, welche der Herr Doktor – während er auf die in den Ofen verfrachteten Backmischungen wartete – verfasste und veröffentlichte, voll mit Expertentipps aus der Versuchsküche, darunter: „Sanft garen mit der 80-Grad-Methode“, „Schonend gegart, so wird Ihr Braten butterzart“ (Sogar die Lyrik kommt hier nicht zu kurz) oder schlichtweg „Vegetarische Küche“. Mit rund 350 Produkten außerhalb des Buchmarktes bietet Dr. Oetker eine vielseitige Palette. Ob das eigene Rezept oder eine Backmischung, ob Backerfahrung oder zum ersten Mal den Mixer in der Hand; mit Backartikeln von Dr. Oetker gelingt es garantiert. Das verspricht „oh. wie verführerisch” die Werbung.
Und last but not least: die gute alte TK-Pizza. Doch Pizza ist auch bei Oetkers längst nicht gleich Pizza. Und so bietet das international erfolgreiche Unternehmen das Fast Food wahlweise als Snack, Big, Pan, Ristorante und und und… Wer sich hier nicht sofort entscheiden kann, sollte vor dem Griff ins Regal auf der offiziellen Homepage vor dem Einkauf einen Persönlichkeitstest der besonderen Art absolvieren: „Welcher Pizzatyp sind Sie?“, an dessen Ende im Idealfall die absolute Lieblingspizza herauskommen sollte.
An dieser Stelle finden gleichzeitig auch all diejenigen Hilfe, die es noch nicht wagen, ihre auf Mikrowellenbedienung beschränkten Haushaltskenntnisse an eigenen Backrezepten auszutoben. Abhilfe schafft hier der Dr. Oetker Online-Backkurs! Die hier zur Verfügung gestellten Rezepte sind nach Leichtigkeitsgrad (bei der Zubereitung) und Leichtigkeitsgrad (Nährwerttabellen – beim leckeren Backen sollte uns das jedoch egal sein) geordnet.

Join the club!

Wer sich im Backkurs wacker geschlagen hat und wem das Dr. Oetker-Rezept-Abo auch nicht ausreicht, die frisch ausgebrochene Koch- und Backfreude zu befriedigen, der ist im Dr. Oetker Back-Club bestens aufgehoben. Einmal Mitglied, gilt es, die Clubzeitschrift „Gugelhupf“ Seite für Seite in die Praxis umzusetzen, denn: Probieren geht bekanntlich noch immer über studieren (und kostet auch keine Studiengebühren).
Sollte es zu Anfängerschwierigkeiten kommen, einfach die im Heft abgedruckte kostenlose Dr. Oetker Back-Hotline anrufen und die Menschen in der Dr. Oetker-Versuchsküche mit den Laien-Fragen nerven…
Und wer die ultimativen ExpertInnentipps und Tricks gar nicht für sich behalten kann, sondern mit dem Rest der Welt teilen möchte, der/die schickt die Rezepte seiner/ihrer originellsten Kreationen einfach an die bsz-Redaktion: bsz@rub.de. Wir drucken diese dann als kreative Alternative zum wöchentlichen Mensaplan. Aber bitte den Leichtigkeitsgrad beachten!
In diesem Sinne, guten Hunger!

jbö

Garage, 60s, Beat & more

Liebe LeserInnen. Geht doch am Freitag Abend raus und kommt spät heim, oder macht es euch schön lange vor dem Fernseher bequem. Hauptsache ihr schlaft am Samstag schön lange aus, damit ihr abends wieder fit seid, für das diesjährige Winter-Dance-Festival im Oberhausener Druckluft. Das winterliche Pendant zum sommerlichen Garage-Craze-Festival wartet mit gleich fünf Bands auf Beat- und Garagepunk-süchtige Gästescharen.

Die beiden Bremer Hauptacts werden zwar nach alter Oberhausener Tradition erst spät am Abend die Bühne betreten, was für mancheN BesucherIn wieder einmal zu Rückreiseschwierigkeiten führen wird. Doch bevor es soweit ist, dürfen die Golden Helmets, die Hidden Charms und die Miracle Men zeigen was sie können. In allen drei Fällen ist das in unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorgetragenes Garage- und Punk-Geschrummel. Zweimal mit Wurzeln in Deutschland; die Miracle Men reisen aus den benachbarten Niederlanden an.

Rock‘n‘Roll Roots

Velvetone klingen eigentlich wie sie heißen. Samtige, von schweren Blueswurzeln gerittene Stücke mit immer wieder eingestreuter und unbeschwerter Fröhlichkeit. Ein unbestimmter …billy-Sound mit flottem Kontrabass kreuzt von rechts und links in die schwurbelnden und hoppelnden Gitarren. Hinter der Gesangsstimme von Ray Devario müssen sich billige Kopien wie Saschas Alter Ego Dick Brave verstecken und sollten stattdessen mal den echten Roots lauschen. Wenn es dann mal etwas grooviger wird und die altbekannte Wanda Jackson als Gast ihre Stimme unter die Musik der Velvetoners legt, muss ich denjenigen Pressestimmen Recht geben, die behaupteten Velvetone machen ein gute Soundtrackmusik. Sollten David Lynch oder Quentin Tarantino Regie führen, kann ich mir eine Zusammenarbeit gut vorstellen. Ob die von den Releases bekannten Hintergrundbläser und andere verquere Musikinstrumente sich zu den vier live-aktiven Hauptbandmitglieder gesellen, erwarte ich selbst mit nägelkauender Spannung.

Je später der Abend, desto schöner die Gäste

Die Cool Jerks, ebenso wie Velvetone in Bremens Hansestadt verwurzelt, verdienen es den Haupact zu stellen. Die eigentlich schwiegermüttertauglichen vier Jungs beaten, wie der Name einer ihrer Schallplatten behauptet, wirklich mehr als der Rest der meisten anderen Bands aus heimischen Landen. Die Montesas oder die ruhrgebietsheimischen Prangles, die demnächst (Ende Februar) sogar nach Liverpool zu einem Auftritt aufbrechen werden, können da noch mithalten, aber dann…
Dabei beherrschen die Cool Jerks muttersprachlichen wie englischbetexteten Beat und bringen auch die letzten Reihen auf ihren Konzerten zum Schwitzen. Also rechtzeitig Flüssigkeitszufuhr betreiben ohne es zu übertreiben. Das Tanzbein sollte schwingbar bleiben, wenn die Cool Jerks auf eine Reise durch ihre Heimatstadt, die wilden Sechziger und ins Weltall aufbrechen.
Dass die Jungs ihr Handwerk verstehen, zeigt auch der fließende Wechsel von Instrumenten und Vocals auf offener Bühne. Eine Kunst, die leider immer weniger Bands beherrschen, ist eine gute und amüsante Füllung der Lücken zwischen der Musik. Auch hier schlummern ungeahnte Unterhaltungstalente in den Cool Jerks. Da könnte auch ein Florian Silbereisen mal in die Lehre gehen.

RRR

Winter-Dance-Festival 2007
27. Januar 2007, ab 20 Uhr
Druckluft Oberhausen
Eintritt: 12 Euro
www.drucklufthaus.de

Infos zu den Bands:
www.myspace.com/cooljerksbremen
www.myspace.com/velvetoneroots
www.miraclemen.tk
www.myspace.com/hiddencharms
www.golden-helmets.de

Basilikum & Sex
Es zieht, es ist kalt, es ist eng. Vier Glühbirnen hängen an der Decke, eine ist kaputt. Die Wände des ca. 30m² großen Raumes sind marode, der Putz blättert fast überall ab, die Fußleisten sind beschädigt. Ein Wasserboiler an der Wand brummt und gluckert vor sich hin. Irgendwo spielt jemand Kontrabass. Vogelgezwitscher ist zu hören. Durch die großen Fabrikfenster des alten Backsteinhauses zieht die eisige Winterluft. An der Außenwand zieht sich ein schmaler Heizungskörper entlang. Die Wärme reicht aber kaum aus. Unbequeme Holzstühle machen den Aufenthalt noch beschwerlicher. Am Besten man behält die Daunenjacke und den Schal an. Eine Garderobe gibt es sowieso nicht. Wo man sich befindet?

Es ist die Probebühne des Prinz-Regent Theaters in Wattenscheid. Probebühne? Jawohl. Unter diesen Umständen mussten bis jetzt die vier Darsteller des Stückes „Im Schlitten Arthur Schopenhauers“ von Yasmina Reza ihre Proben bewältigen. Frierend und mit nur einem Klo für alle, welches sich auch noch hinter dem Haus befindet.
Das Stück, aus dem Französischen übersetzt, handelt von dem in die Jahre gekommenen Philosophen Ariel Chipman, welcher sich in einer existentiellen Lebenskrise befindet und das Haus nicht mehr verlässt, sondern lieber in seinen Morgenmantel gehüllt in seinem Sessel verharrt, von seiner verbitterten Frau Nadine Chipman, welche zugibt von der Arbeit ihres Mann eigentlich nie wirklich Ahnung gehabt zu haben, von einem vermeintlichen Freund des Ehepaares Serge Othon Weil, der vergeblich versucht Ariel zu motivieren und zu guter Letzt von der ein wenig unterkühlten Psychiaterin des Ehepaares, welche sich bis zum Schluß die einzelnen Monologe anhört und das finale Wort hat.

Nicht nur für Philosophen

Das Stück behandelt wesentliche Themen und Problembereiche des menschlichen Daseins, die jedeN von uns in irgendeiner Weise und zu irgendeinem Zeitpunkt im Leben betreffen, die aber gleichzeitig die Absurdität des eigenen Daseins aufdecken. Was wollen wir eigentlich in unserem Leben? Wer sind wir? Was haben wir bis jetzt erreicht? Wie verhalte ich mich anderen gegenüber?
Markant für das Stück ist, dass es, wie oben erwähnt, aus reinen Monologen besteht. Auch beinhaltet die ruhige Inszenierung unter Sibylle Broll-Pape keine aufwändige Handlung, sondern beschränkt sich gezielt und sehr wirksam auf das gesprochene Wort.
Die vier DarstellerInnen Udo Thies, Angelika Bartsch, Volker Weidlich und Maria Ammann sitzen während der gesamten Aufführung auf jeweils einem Stuhl und bewegen sich nur vereinzelt nach einem beendeten Monolog mit ihrem Stuhl ein Stück über die Bühne. Ihre Monologe sprechen sie in einer Art Gesprächskreis nach vorne in Richtung des Publikums. Dieser gekonnte Verzicht auf großartige Interaktion führt dazu, dass man sich als ZuschauerIn auf das Wesentliche, den Inhalt der Monologe, konzentrieren kann.

Pädagogische Krawatte

Die dominierende Farbe des Stückes ist eine frühlingshafte Mischung aus Beige, Apricot und Rosa, die im starken Kontrast zum Grau der Figur des Ariel Chipmans steht. Dieser wirkt so gekonnt verloren in seinem alten, warmen Morgenmantel, dass man unweigerlich versteht, was ihn bedrückt, auch, wenn er nichts sagt. Im Gegensatz dazu wirkt das grelle Kostüm seiner Frau schon fast zu aufgesetzt, zu oberflächlich. Und dennoch fühlt man ihre Enttäuschung über das Leben mit. „Wollen wir nicht alle ein anderes Leben?“, fragt sie einmal Serge Othon Weil. Dieser wiederum scheitert mit seinem Vorhaben Ariel anhand von unwichtigen Geschichten aus seinem Berufsleben aus dessen Apathie zu holen.
Die Psychiaterin beendet das ganze Stück mit ihrem Monolog über ihre eigene Abneigung gegenüber Menschen, die sie in ihren Augen in ihrem Leben, wie zum Beispiel nach dem Einkauf auf der Straße, behindern, bis sie über den Gedanken des Todes zum Punkt der Kindheit zurück gelangt und still anfängt sich zu erinnern.
Wer Interesse an französischem Existentialismus hat oder mehr als nur einfache Abendunterhaltung genießen möchte, dem sei dieses Stück wärmstens ans Herz gelegt.

aw

Am 7.,9.,10 und 11. Februar 2007, 20.30 Uhr, Prinz-Regent Theater
Dauer: 1:20 Std.

Ich wähle, also bin ich
Bald ist es soweit. Bald ist der 8. März. Dieses Datum ist euch kein Begriff? Ihr habt noch nie davon gehört? Solltet ihr aber. Denn an diesem Tag wird der Internationale Frauentag begangen. Einer der wenigen Tage, die es wert sind gefeiert zu werden.

Der Internationale Frauentag entstand im harten Kampf um Gleichberechtigung und Wahlrecht im Jahre 1911. Damals wurde er noch auf den 19. März datiert, einen Tag nach dem Gedenktag für die Gefallenen in Berlin während der Revolution 1848. Ins Leben gerufen wurde er durch Clara Zetkin (1857-1933), einer sozialsozialistischen Politikerin und Frauenrechtlerin.
Der erste Frauentag wurde ein voller Erfolg, da sich Millionen von Frauen aus Österreich, Dänemark, Deutschland, der Schweiz und der USA beteiligten und ihren Protest an die Öffentlichkeit brachten.
Die Forderungen der Frauen waren klar und deutlich: Kampf gegen den imperialistischen Krieg, Wahl- und Stimmrecht für Frauen, Arbeitsschutzgesetze, Mutter- und Kinderschutz, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Achtstundentag und Mindestlöhne. Die damalige Empörung bei der männlichen und konservativen Bevölkerung ist zu erahnen.
1921 wurde der Frauentag, nachdem das Datum immerzu zwischen Februar und April schwankte, durch einen Beschluss der 2. Kommunistischen Frauenkonferenz auf den 8. März festgelegt. Damit sollte an die Kämpfe des Textilarbeiterinnen-Streiks in Petersburg, die eine große Arbeiterinnendemonstration und den Beginn der „Februarrevolution“ auslösen sollten, aus dem Jahre 1917 erinnert werden.

Rückschritt und Wiederbelebung

Als das NS-Regime an die Macht kam, wurde der Frauentag verboten und schlicht und ergreifend durch den Muttertag ersetzt, um daran zu erinnern, dass die Frau gefälligst Ehefrau und Mutter und nicht beruflich unterwegs oder gar politisch aktiv zu sein hat.
Die BefürworterInnen und VerfechterInnen des Frauentages mussten sich bedeckt halten, durften nicht auffallen und hatten allen Grund, um ihre Leben zu bangen. Richtete sich ihr Zorn doch nicht zuletzt auch vehement gegen die NS-Ideologie.
Erst nach dem 2. Weltkrieg konnte wieder daran gedacht werden, einen Frauentag zu organisieren. In der sowjetischen Besatzungszone wohlgemerkt wurden bereits direkt 1946 wieder Feiern zum Frauentag ins Leben gerufen.

Brot für die Frau

In Westdeutschland wurde die gesellschaftliche Befreiung der Frau erst in den 60ern von der neuen, autonomen Frauenbewegung gefeiert. Diesmal standen aber nicht nur „Frauenthemen“ zur Debatte. Vielmehr ging es um Themen wie Rechte von AusländerInnen, die Diskriminierung von nichtheterosexuellen Lebensweisen und die bessere Sicherung von Frauenrechten im Rahmen der europäischen Annäherung.
Die Tradition, Frauen am Internationalen Frauentag Rosen und Brot zu schenken, lässt sich auf den 75. Geburtstag des Frauentages im Jahre 1986 datieren. Das Motto lautete: Wir wollen Brot und Rosen! Brot steht für: Gerechte Entlohnung, gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen, menschengerechte Arbeitsbedingung und Eigenständigkeit der Frau. Rosen symbolisierten: Die Verbindung von Beruf und Familie, familiengerechte Arbeitszeiten, Befriedigung kultureller Bedürfnisse, Gleichberechtigung im Haushalt, Toleranz und Frieden.

Und heute?

Noch heute müssen zahlreiche Frauen in den unterschiedlichsten Ländern, wie z.B. Bhutan, Brunei, Saudi-Arabien und im Libanon, für Gleichberechtigung und Respekt kämpfen. Achtung vor Frauen wird mancherorts weiterhin als unwichtig betrachtet und wird ignoriert oder sogar als lächerlich empfunden.
Letztes Jahr wurden 100 Jahre Frauenwahlrecht in Europa (Finnland, 1. Juni 1906) gefeiert. Doch leiden weiterhin viele Frauen auf der ganzen Welt unter der Tyrannei patriarchalischer Gesetze und Vorurteile und haben nicht die Chance ihre Stimmen zu erheben.
Wenn ihr dieses Jahr am 8. März nicht gerade euren Rausch von der letzten Examensfeier ausschlaft, solltet ihr in den nächsten Blumenladen gehen und Rosen kaufen. Und daran denken, dass die Möglichkeit wählen zu gehen (wer war bei den AStA-Wahlen?) das Resultat eines langen Kampfes und vieler Entbehrungen war.

aw
Die Entstehung des Internationalen Frauentages
Ich wähle, also bin ich
Bald ist es soweit. Bald ist der 8. März. Dieses Datum ist euch kein Begriff? Ihr habt noch nie davon gehört? Solltet ihr aber. Denn an diesem Tag wird der Internationale Frauentag begangen. Einer der wenigen Tage, die es wert sind gefeiert zu werden.

Der Internationale Frauentag entstand im harten Kampf um Gleichberechtigung und Wahlrecht im Jahre 1911. Damals wurde er noch auf den 19. März datiert, einen Tag nach dem Gedenktag für die Gefallenen in Berlin während der Revolution 1848. Ins Leben gerufen wurde er durch Clara Zetkin (1857-1933), einer sozialsozialistischen Politikerin und Frauenrechtlerin.
Der erste Frauentag wurde ein voller Erfolg, da sich Millionen von Frauen aus Österreich, Dänemark, Deutschland, der Schweiz und der USA beteiligten und ihren Protest an die Öffentlichkeit brachten.
Die Forderungen der Frauen waren klar und deutlich: Kampf gegen den imperialistischen Krieg, Wahl- und Stimmrecht für Frauen, Arbeitsschutzgesetze, Mutter- und Kinderschutz, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Achtstundentag und Mindestlöhne. Die damalige Empörung bei der männlichen und konservativen Bevölkerung ist zu erahnen.
1921 wurde der Frauentag, nachdem das Datum immerzu zwischen Februar und April schwankte, durch einen Beschluss der 2. Kommunistischen Frauenkonferenz auf den 8. März festgelegt. Damit sollte an die Kämpfe des Textilarbeiterinnen-Streiks in Petersburg, die eine große Arbeiterinnendemonstration und den Beginn der „Februarrevolution“ auslösen sollten, aus dem Jahre 1917 erinnert werden.

Rückschritt und Wiederbelebung

Als das NS-Regime an die Macht kam, wurde der Frauentag verboten und schlicht und ergreifend durch den Muttertag ersetzt, um daran zu erinnern, dass die Frau gefälligst Ehefrau und Mutter und nicht beruflich unterwegs oder gar politisch aktiv zu sein hat.
Die BefürworterInnen und VerfechterInnen des Frauentages mussten sich bedeckt halten, durften nicht auffallen und hatten allen Grund, um ihre Leben zu bangen. Richtete sich ihr Zorn doch nicht zuletzt auch vehement gegen die NS-Ideologie.
Erst nach dem 2. Weltkrieg konnte wieder daran gedacht werden, einen Frauentag zu organisieren. In der sowjetischen Besatzungszone wohlgemerkt wurden bereits direkt 1946 wieder Feiern zum Frauentag ins Leben gerufen.

Brot für die Frau

In Westdeutschland wurde die gesellschaftliche Befreiung der Frau erst in den 60ern von der neuen, autonomen Frauenbewegung gefeiert. Diesmal standen aber nicht nur „Frauenthemen“ zur Debatte. Vielmehr ging es um Themen wie Rechte von AusländerInnen, die Diskriminierung von nichtheterosexuellen Lebensweisen und die bessere Sicherung von Frauenrechten im Rahmen der europäischen Annäherung.
Die Tradition, Frauen am Internationalen Frauentag Rosen und Brot zu schenken, lässt sich auf den 75. Geburtstag des Frauentages im Jahre 1986 datieren. Das Motto lautete: Wir wollen Brot und Rosen! Brot steht für: Gerechte Entlohnung, gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen, menschengerechte Arbeitsbedingung und Eigenständigkeit der Frau. Rosen symbolisierten: Die Verbindung von Beruf und Familie, familiengerechte Arbeitszeiten, Befriedigung kultureller Bedürfnisse, Gleichberechtigung im Haushalt, Toleranz und Frieden.

Und heute?

Noch heute müssen zahlreiche Frauen in den unterschiedlichsten Ländern, wie z.B. Bhutan, Brunei, Saudi-Arabien und im Libanon, für Gleichberechtigung und Respekt kämpfen. Achtung vor Frauen wird mancherorts weiterhin als unwichtig betrachtet und wird ignoriert oder sogar als lächerlich empfunden.
Letztes Jahr wurden 100 Jahre Frauenwahlrecht in Europa (Finnland, 1. Juni 1906) gefeiert. Doch leiden weiterhin viele Frauen auf der ganzen Welt unter der Tyrannei patriarchalischer Gesetze und Vorurteile und haben nicht die Chance ihre Stimmen zu erheben.
Wenn ihr dieses Jahr am 8. März nicht gerade euren Rausch von der letzten Examensfeier ausschlaft, solltet ihr in den nächsten Blumenladen gehen und Rosen kaufen. Und daran denken, dass die Möglichkeit wählen zu gehen (wer war bei den AStA-Wahlen?) das Resultat eines langen Kampfes und vieler Entbehrungen war.

aw

Sternstunden der polnischen Kultur

Vom 22. März bis zum 1. April 2007 unternahmen wir mit 19 Bochumer Studierenden verschiedener Fachrichtungen eine ungewöhnliche Projektfahrt in den Norden Polens, die für uns zu etwas ganz Besonderem wurde.

Eine Reise in unser östliches Nachbarland Polen ist nichts Außergewöhnliches: ganz gleich, ob es sich um die obligatorische Stufenfahrt zu Schulzeiten handelt, durch kulturelle oder akademische Einrichtungen organisierte Gruppenreisen oder um ein Billigflug-Wochenende zum günstigen Einkaufen oder Feiern. Oder vereinzelt, um die in Polen lebende Familie zu besuchen – Polen ist ein beliebtes Reiseziel.
Als wir Studierende der Slavischen Philologie (u.a. Polnisch und Russisch) beschlossen, eine Fahrt zu planen, um gemeinsam mit anderen Studierenden eine tolle Zeit zu verleben, stand schnell fest, dass es nach Polen gehen sollte. Nicht nur aus logistischen Gründen entschieden wir uns für den Norden des Landes, sondern auch, weil ein Großteil der beteiligten Studierenden diesen Landesteil noch nicht kannte.
Doch einfach nur so hinfahren? Das wäre doch irgendwie langweilig, dachten wir uns, als wir, Katharina Mol und Magdalena Korda, im Zweierteam dann an die Umsetzung und Konkretisierung der Reisepläne gingen.

Deutsche Ordensritter und shoppen in Gdynia

Was und wohin wollen wir ganz konkret? Eine Antwort auf diese nicht ganz einfache Frage zu finden fiel uns aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten nicht leicht: Die gotischen Bauten des UNESCO-Weltkulturerbes sehen oder das studentische TorunÅ„ (dt. Thorn) mit seinem regen Nachtleben entdecken? Das gewaltige Schlachtfeld von Grunwald (dt. Tannenberg) oder den „größten Backsteinhaufen Europas“ in Malbork (dt. Marienburg) betreten, welches auch als Schloss deutscher Ordensritter bekannt ist? Die ersten Schauplätze des 2. Weltkriegs erblicken oder die wieder aufgebauten Patrizierhäuser bewundern? Die Danziger Werft als Geburtstätte der Solidarnoscść-Bewegung oder die unglaublich bunte und vielfältige Kulturszene von Gdansk (dt. Danzig) erleben? Den Jazz in Sopot (dt. Zoppot) spüren oder in Gdynia (dt. Gdingen) shoppen? Wir wollten alles mitnehmen und sehen! Und eine Kultur- und Erlebnisreise bieten, die interaktiv und interdisziplinär gleichermaßen sein sollte!
Um die Vielfalt der Möglichkeiten zu bündeln, aber auch, um die Fahrt interessanter zu gestalten und ihr ein Gesicht zu geben, kam uns die Idee, eine Mottoreise zu konzipieren. Mit den „Sternstunden der (nord-)polnischen Kultur“ haben wir es auf den Punkt gebracht: Eine Reise unter Berücksichtigung der historischen und kulturellen Schlaglichter der jeweiligen Städte. Dazu Gespräche mit Vertretern Polens.

Verzerrte Realitäten und Freiheit

Dass wir dann tatsächlich mit Augenzeugen der polnischen Streiks von 1980 – Jerzy Borowczak, Lech Walesa und Anna Walentynowicz – sprechen durften, hätten wir zuvor nicht gedacht. Die Idee einer studentischen Projektgruppe, die sich für Polen und die Hintergründe der gut ein Viertel Jahrhundert zurück liegenden Ereignisse interessiert, welche den Warschauer Pakt ins Wanken brachten, stieß bei unseren Anfragen in Polen auf reges Interesse. Gerade wir, als die neue Generation, die die Zukunft Europas in den Händen hält, sollten doch ohne Vorurteile und unbelastet ein tolerantes Miteinander zwischen Polen und Deutschen gestalten, sagte uns Lech Walesa während unseres Gesprächs in seinem Danziger Büro. Mit ihm und seinem ehemaligen Weggefährten Jerzy Borowczak, der heute das Museum „Wege zur Freiheit“ leitet, sprachen wir über Volker Schlöndorffs Film „Strajk – Die Heldin von Danzig“, der in der Zeit der Arbeiterstreiks der Danziger Werft spielt. Schlöndorffs Film ist in Polen sehr kontrovers diskutiert worden. Er verzerre die Realität und verbreite Unwahrheiten, sagte uns auch Anna Walentynowicz, eine entschiedene Gegnerin des Films während eines Treffens in ihrer Danziger Wohnung. Auf der Grundlage ihrer Person spielt der Film von Volker Schlöndorff. Die Gespräche mit diesen drei Personen warfen in unseren Augen ein ganz neues Licht auf die Solidarnosc-Bewegung und auf den Film eines Deutschen über die Ereignisse im sozialistischen Polen.
Polen einmal anders kennen zu lernen bedeutete für uns auch mit polnischen Kulturschaffenden zu sprechen: Der jüdische Schriftsteller MieczysÅ‚aw Abramowicz führte uns an die Orte des ehemaligen jüdisch-deutschen Lebens im Zentrum Danzigs und klärte uns über die Situation der Juden in Danzig und Polen vor und nach dem 2. Weltkrieg auf. Bisher werden seine Bücher zur jüdischen Thematik lediglich in polnischer Sprache veröffentlicht. Auch ließ er uns im Restaurant „Turbot“, das sich in den Kellergewölben des Roten Rathhauses befindet, ein wenig von der Luft der literarischen Szene in Danzig schnuppern. Denn hin und wieder speist auch der deutsche Schriftsteller Günter Grass dort, wenn er sich in Danzig aufhält.
Ein weiteres Gespräch führten wir mit dem erfolgreichen polnischen Schriftsteller Stefan Chwin, der neben seinem künstlerischen Schaffen auch als Universitätsprofessor an der Danziger Universität das Fach Poetik lehrt. Er erzählte uns auf eine ganz unkonventionelle Weise von seiner persönlichen Geschichte: Seine Eltern sind nach der Beendigung des 2. Weltkriegs aus den ehemaligen ostpolnischen Gebieten, welche heute zu Litauen gehören, nach Danzig vertrieben worden. Die Stadt Danzig, aus welcher zeitgleich wiederum die deutsche Bevölkerung vertriebenen worden ist, ist Schauplatz seiner vielen Romane, was ihm den Ruf eines „Danzig-Chronisten“ einbrachte.
Neben den zahlreichen Terminen haben wir als Veranstalterinnen, aber auch unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz persönliche Eindrücke gesammelt, die das jeweilige Bild von Polen ganz neu justiert haben. Unsere Reise nach Polen hat sich gelohnt!
Sämtliche Gespräche und Interviews werden wir in Kürze in übersetzter und schriftlicher Form, sowie mit Essays zu unseren persönlichen Eindrücken als Broschüre zum Projekt veröffentlichen.
Für Juni 2007 ist eine Multimedia-Präsentation des Projekts geplant. InteressentInnen sind jederzeit willkommen. Aktuelle Informationen unter: http://www.ruhr-uni-bochum.de/slavbo/

Falls Ihr Interesse an unserem Projekt habt oder Euch einfach mit uns austauschen wollt, stehen wir jederzeit als AnsprechpartnerInnen bereit – auch beratend für ähnliche Projekte.

Katharina Mol (katharina.mol@rub.de)
Magdalena Korda (magdakorda@hotmail.de)

In Dortmunder Burgruinen
Geruhsame Feiertage – ja, das war einmal. Wie der Begriff bereits impliziert, wird heutzutage ordentlich Party gemacht. Gelegenheiten gibt es im Jahr schließlich genug. Und nächste Woche ist es mal wieder soweit: Der 1. Mai wirft seine Schatten bereits voraus…

„Tanz in den Mai“, bei diesen Worten freuen sich schon jetzt zahlreiche Feierwütige darauf, eine Nacht lang das Tanzbein zu schwingen. Wer dem skeptisch gegenüber steht, für diejenigen wurden bereits alternative Varianten dieser Feierlichkeiten kreiert, zum Beispiel „Rock in den Mai“, von denen es im Ruhrgebiet zahlreiche anzutreffen gibt. Kult ist und bleibt eine Dortmunder Alternativveranstaltung in der diesjährigen Walpurgisnacht: „Rock in den Ruinen“ der Hohensyburg. Diese soll hier näher vorgestellt werden.
Wer jetzt Schwierigkeiten hat, sich zu erinnern, was es mit der Walpurgisnacht noch mal auf sich hat, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass es mit Bibi Blocksberg und deren Reitstunden recht wenig zu tun hat. Kurz und knapp: In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai feiern die Kelten den Beginn der Sommerzeit, den Zeitpunkt, wo die Erde nach dem kalten Winter wieder richtig zu leben beginnt. Auch werden bundesweit Hexenfeuer angezündet mit dem Ziel, böse Geister zu vertreiben. Und last but not least - tanzen und feiern in derselben Nacht angeblich auch die Hexen auf Erhebungen und warten auf die Ankunft des gehörnten Gottes… Und der wird in den heruntergekommenen Burgruinen dem Publikum gleich in mehrfacher Ausführung erscheinen: Verantwortlich für harte Rhythmen sind in erster Linie „King’s Tonic“ (aktuelle EP „Fuck your neighbour“). Der flotte Dreier, bestehend aus James Mean (Gesang), Swen O. Heiland (Gitarre) und Basti Pauke (Drums), wird den Fans mit einer ordentlichen Portion Ruhrpott-Rock gehörig einheizen. Das Wichtigste dabei für die drei Musiker: bei jeder Show ihrem Motto treu zu bleiben „we rock or we suck!“ Mit neuem Drummer und hartem neuen Material wollen sie die Ruinen so richtig rocken, bevor sie die Band Gammalux, die ebenfalls vertreten sein wird, auf deren Asientour unterstützen werden. Doch die Dortmunder Ruhrgebietsrocker haben nicht als einzige die Mission erhalten, die Burgruinen der Hohensyburg in der Walpurgisnacht in ihren Grundfesten lautstark zu erschüttern, im Gegenteil: Zusammen mit den Musikern von „The Heartbreak Motel“, „Internal Tornment“, „Different Inside“, „Los Perversos“, „Mode execute ready“ u.a. werden in den Burgruinenordentlich Stimmung machen.

StudentInnen aller Länder, vereinigt Euch!

Vor allem in den skandinavischen Ländern wie Finnland und Schweden werden in der Walpurgisnacht mittlerweile die größten Stundentenfeste im ganzen Jahr gefeiert: mit Maifeuern, viel Tanz und natürlich, wie im Heimatland des Biers – viel, viel Alkohol! Und das kann auch ruhig so sein… Damit ihr euch ordentlich die Kante geben könnt und vom „Rock in den Ruinen“ trotzdem sicher wieder nach Hause kommt, werden alle 30 Minuten Busse von Dortmund HBF zur Hohensyburg fahren, alle 15 Minuten von Dortmund-Hörde Bahnhof. Zurück gibt es den Shuttle-Service von der Hohensyburg zum Dortmunder HBF bis gegen 1 Uhr nachts, der durch Vorlage des Veranstaltungsticket frei zu nutzen ist für diejenigen, die ihr Semesterticket beim überstürzten feuchtfröhlichen Aufbruch gen Dortmund in den heimischen Gefilden gelassen haben.
Sonst noch sinnvoll zu wissen: Der reguläre Eintritt beträgt 6 Euro, 10 Euro inklusive drei Wertmarken. Einlass: 14:30 Uhr Beginn: 15:00 Uhr.
Ort des Geschehens: Burgruine Hohensyburg Dortmund.
In dem Sinne: Rockt den Mai!

jbö