Das Blut spritze durch den Wagon, Fahrgäste verloren die Fassung, und einer wurde sogar hysterisch und begann, wild um sich zu schlagen und die Fensterscheiben einzutreten. Hastig zerriss ich mein T-Shirt und legte Stiller zwei Druckverbände an, während hinter uns eine neue Schlägerei um den hysterischen Fahrgast ausbrach. Stiller schien das nicht zu stören. Lässig kippte er den letzten Weinbrand aus seinem Flachmann und summte die Melodie von „Broken Glas“ der Circle Jerks. „Watt’sche Possy!“, entgegnete er meiner Warnung, der Schnaps würde die Blutung nur beschleunigen, und gekonnt schnippte er sich eine Zigarette in den Mundwinkel. Ganz klar – Stiller war Wattenscheider, und „Watt’sche Possy“ war der Schlachtruf der Wattenscheider Trinkerjugend, mit dem sie ihre gegenseitige Verbundenheit in Fairness und Härte beschwor. Aber was sagte das über Stillers Souveränität in Extremsituationen aus?
Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass nicht nur mein Freund Stiller, sondern auch James Bond aus Wattenscheid kommt. Agentenqualitäten werden den Wattenscheidern quasi in die Wiege gelegt. Der gemeine Wattenscheider hat Nerven aus Stahl. Doch was eigentlich alle wissen müssten, wird immer wieder mit ungläubigen Blicken quittiert. – Wat? James Bond kommt aus Wattenscheid? Und dat einarmige Reißen inne 0,2-Liter-Klasse hat Miss Monneypenny auf Schalke erfunden oder wat?!
Allen Ungläubigen sei deshalb John Pearsons „James Bond: The Authorized Biography“ aus dem Jahre 1973 ans Herz gelegt. Laut Pearson, der ein guter Freund von Bond-Erfinder Ian Fleming war, kam James Bond am 11. November 1920 als Sohn des schottischen Ingenieurs Andrew Bond und der Schweizerin Monique Delacroix in Wattenscheid zur Welt. Erst nachdem seine Eltern 1931 bei einem Ski-Unfall in Chamonix ums Leben gekommen waren, zog Bond zu seiner Tante in Pett Bottom bei Canterbury, um sich in England langsam zum Superagenten zu mausern. So ist es nur allzu folgerichtig, dass der neue Bond-Darsteller Daniel Craig nicht nur mit der ganzen Härte der „Watt’schen Possy“ gegen die fiesen Superschurken vorgeht, sondern darüber hinaus auch große Ähnlichkeiten mit meinem Freund Stiller hat.
„Fisematenten unerwünscht, alte Gibbelfott!“, das ist die Botschaft von 007 – und ehrlich gesagt: es ist auch Stillers und meine. Mit dem Schnübbelken lecker auf Trallafitti gehen, ohne sich von irgendwelchen Faschos oder sonstigen Schurken verkasematucken zu lassen, das wäre schön. Drum wollen wir es auch künftig so halten: Nazis raus! Und dem Bond noch’n Pillek auf’m Schabau, mein lieber Kokoschewski.
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