Bild: Wird in dieser Form vielleicht bald der Vergangenheit angehören: Die Frauenrechts­organisation TDF fordert eine Überarbeitung des § 177. , Frauenrechtsorganisation fordert eine Überarbeitung des „Vergewaltigungsparagraphen“ Foto: as

Laut der offiziellen Polizeistatistik 2012 werden in Deutschland  jährlich 8031 Fälle nach § 177 (Vergewaltigung und sexuelle Nötigung) angezeigt. Für Terres des Femmes (TDF) ist das nur die Spitze des Eisbergs, weshalb sie den 25. November zum Anlass  nehmen, um auf  ihre Kampagne „Vergewaltigung – Schluss mit der Straflosigkeit!“ aufmerksam zu machen.

Es sind mittlerweile 43 Jahre vergangen, seit die Schwestern Patria, Minerva und Maria Teresia Mirabel in der Dominikanischen Republik von Soldaten des damaligen Diktators Trujillo verschleppt, vergewaltigt und ermordet wurden. Ihre traurige Geschichte wäre nur eine von vielen geblieben, hätten nicht 1981 karibische Frauengruppen den 25. November zum Gedenk- und Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen ausgerufen. 1999 wurde der Tag von den Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ (auch: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen) erklärt. Seitdem werden jedes Jahr in vielen Städten Aktionen durchgeführt, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Die Düsseldorfer Frauenberatungsstelle beispielsweise schaltet in der Regional- und Lokalpresse Todesanzeigen im Gedenken an die Frauen, die Opfer von Gewalt durch Männerhand wurden. In Bochum wird die Partei Die Linke die Fahne von Terre des Femmes im Fenster des Fraktionsbüros aufhängen. Die NGO organisiert seit mittlerweile zehn Jahren ihre „Fahnenaktion“, die jedes Jahr einem anderen Gewaltthema gewidmet ist.

Nein soll Nein heißen – auch vor dem Gesetz

Einer repräsentativen Umfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Lebenssicherheit von Frauen in Deutschland aus dem Jahr 2004 zufolge wurden nur knapp 5 Prozent der Straftaten aus dem Bereich der sexualisierten Gewalt angezeigt, obwohl knapp 58 Prozent aller befragten Frauen diese Form der Gewalt erfahren hatten. Für die Frauenrechtsorganisation TDF  geht diese Diskrepanz unter anderem auf ihrer Ansicht nach gravierende Lücken innerhalb der Gesetzeslage zurück. Derzeit ist es möglich, dass der/die TäterIn sogar geständig ist, aber die derzeitige Rechtslage eine Verurteilung nur erlaubt, wenn alle Voraussetzungen des § 177 StGB erfüllt sind. Laut diesem Paragraphen begeht ein Mensch sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung, wenn er oder sie eine andere Person „mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen.“ Nach TDF berücksichtigt die derzeitige rechtliche Lage nur physische Gewalteinwirkung, die es dann gegebenfalls vor Gericht nachzuweisen gilt: „Ein Nein der Betroffenen reicht nicht aus, damit einE TäterIn wegen Vergewaltigung verurteilt wird“, heißt es dort. So kommen Urteile wie das im Fall der fünfzehnjährigen Chantal durch das Landgericht Essen im September letzten Jahres zustande (V. Strafkammer Aktenzeichen. 25 KLs 10/12). Der Angeklagte hatte eingeräumt, das Nein des Opfers gehört zu haben, aber er wurde freigesprochen, da das Gericht der Ansicht war, dass die „schutzlose Lage“ der jungen Frau nicht gegeben gewesen sei und sie sich nicht genügend „gewehrt“ hätte.

Es braucht mehr als Gesetze

Die Bochumer Ratsfrau Aygül Nokta (Die Linke) unterstützt die Forderung nach Anpassung der Gesetzeslage, gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass „der rechtliche Schutz das eine [ist], was verbessert werden muss, das andere die Finanzierung der Frauenhäuser und Beratungsstellen. Sie leisten unverzichtbare Unterstützungsarbeit für die von Gewalt betroffenen Frauen. Die Partei Die Linke fordert die Bundesregierung nach wie vor auf, die Absicherung der Frauenhäuser nicht länger von den Länderhaushalten abhängig zu machen, sondern durch eine bundeseinheitliche Finanzierung sicherzustellen.“
 

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