Die zeitlosen Lobgesänge erklingen von überall: „Von allen Welten, die der Mensch geschaffen hat, ist die der Bücher die gewaltigste“, sagte Heinrich Heine. „In all formats, books embody ideas and values considered by men and women to be worth passing on. They are valuable tools for knowledge-sharing, mutual understanding and openness to others and to the world“, behauptete die bulgarische Politikerin Irina Bokowa. Und der französische Schriftsteller Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre erkannte: „Un bon livre est un bon ami.“
Von den Papyrusrollen der ÄgypterInnen über Pergament bis hin zu Papier, von Johannes Gutenberg, dem Erfinder des Buchdrucks mit Mobilletterndruck, bis hin zu dem „Projekt Gutenberg“, das seit 1971 dafür sorgt, dass lizensfreie Literatur in digitaler Form kostenlos angeboten wird: Das Buch hat schon einige Jahre auf dem Buckel, es hat sich gewandelt, weiterentwickelt und dem Menschen und seinen Bedürfnissen angepasst. Am 23. April dürfen wir den „Welttag des Buches und des Urheberrechtes” zelebrieren, der 1995 von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) eingeführt wurde. Miguel de Cervantes Saavedra, der spanische Verfasser des „Don Quijote“, der peruanische Schriftsteller Inca Garcilaso de la Vega und Shakespeare starben alle am gleichen Tag: am 23. April 1616. Außerdem sind am 23. April an den unterschiedlichsten Orten und in verschiedenen Jahren weitere bedeutende sowie prägende Autoren, beispielsweise der Spanier Josep Pla 1981 oder der Franzose Maurice Druon 2009 gestorben; aber auch zur Welt gekommen, wie zum Beispiel der Kolumbianer Manuel Mejía Vallejo 1923. Es ist die Absicht der UNESCO jedeN, aber vor allem junge Leute, dazu zu ermutigen, sowohl Gefallen am Lesen zu entdecken als auch zu lernen, die unersetzlichen Beiträge der Bücher zu schätzen, welche den sozialen und kulturellen Fortschritt der Menschheit fördern. Aus dem gleichen Anlass, im Dienste der Toleranz, hat die UNESCO neben dem „Welttag des Buches und des Urheberrechtes“ die Verleihung des „UNESCO Preis für Kinder und Jugendliteratur“ eingerichtet.
Braucht ein Buch Papier?
Am diesjährigen „Welttag des Buches und des Urheberrechts“ drängt sich die Frage in den Vordergrund, wie lange sich das gute alte Buch noch über Wasser halten wird. Die Konkurrenz nennt sich zwar „E-Book“, hat aber fast nichts mit der ursprünglichen Definition eines Buches gemein. Ein Buch ist eine Sammlung von Papier, ein Buch ist gebunden, ein Buch ist bedruckt. Wo bleibt der Reiz am Lesen, wenn einem kein sinnlicher Papierduft ins Gesicht flattert, sobald man die einbandförmigen Pforten zu einer dieser Parallelwelten öffnet? Wie einsam wird unser Zuhause ohne inspirierende, volle Regale wirken? Trotzdem passt sich das Buch, wie gesagt, dem Menschen an. Das E-Book ist nun mal günstiger, schneller erhältlich und es spart Platz. In Zukunft werden sich die Verlage der Herausforderung stellen müssen, in den Krieg gegen das digitale Buch zu ziehen oder mitzuziehen. „Mit der zunehmenden Nutzung von E-Books werden sich die Händlerstrukturen dramatisch verändern und neue, mächtige Player wie Amazon oder Apple werden dem traditionellen Buchhandel starke Einbußen bescheren. Es steht außer Frage, dass der Handel vor einer massiven Umverteilung der Marktmacht steht“, prognostiziert Prof. Dr. Clement vom Institut für Marketing und Medien der Universität Hamburg. Bereits letztes Jahr ließ sich anhand einer Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels feststellen, dass bis 2015 der Umsatz des lokal angesiedelten Buchhandels um 16 Prozent sinken werde.
Altes Medium, neues Recht
Im Gegensatz zum Buch kann das Urheberrecht nicht mit einer solch langen Lebensgeschichte glänzen. Weder in der Antike noch im Mittelalter oder in der Renaissance sprach man dem/der AutorIn eigentumsähnliche Rechte an geistigen Leistungen zu. Erst das „Statute of Anne”, ein englisches Gesetz aus dem Jahre 1710, bestimmte, dass dem/der AutorIn das ausschließliche Vervielfältigungsrecht zustehe. Dieses trete er/sie zwar vorübergehend an die VerlegerInnen ab, erhalte es aber nach Ablauf der Vertragszeit wieder zurück. BuchhändlerInnen und VerlegerInnen konnten nun nicht mehr legal ohne die Erlaubnis der AutorInnen Bücher herausgeben. Heute regelt das Urheberrecht natürlich viel mehr als diesen einen Aspekt. Der Urheberrechtsvertrag, der 1996 von der Weltorganisation für geistiges Eigentum aufgesetzt wurde und von insgesamt 88 Verbandsländern unterschrieben wurde, ist den Anforderungen digitaler Netzmedien größtenteils angepasst. Zusammengefasst wird dem/der AutorIn seit 1996 das Recht der Verbreitung, das Recht der Vermietung und das Recht der Kommunikation und Öffentlichkeit zugesprochen.
Handyflatrate, Alkoholflatrate… Kulturflatrate?
Doch das Urheberrecht wird heutzutage wieder in Frage gestellt. Der US-amerikanische Professor für Rechtswissenschaften an der Harvard Law School Lawrence Lessing bemängelt zum Beispiel, dass das Urheberrecht immer noch nicht genug an die digital-vernetzte Welt angepasst sei. Die weitere Verbreitung und Verwendung solle ermöglicht und vereinfacht werden. Wird die sich wandelnde Informations- und Internetgesellschaft nicht genügend berücksichtigt? Schränkt das Urheberrecht den kreativ schaffenden Menschen eher ein, als dass es ihn unterstützt?
Eine der wohl drastischsten Maßnahmen stellt die umstrittene Idee einer Kulturflatrate dar: Eine solche würde die Legalisierung der öffentlichen Verbreitung von Kopien bezwecken. Hierfür würde eine Pauschalabgabe an die RechteinhaberInnen digitaler Inhalte ausgezahlt werden. „Aus grüner Sicht ist es jetzt dringend an der Zeit, gemeinsam nach konstruktiven Lösungen für den Umgang mit kreativen Werken im Netz zu suchen. Wir wollen die Gräben verlassen, aus denen heraus in den letzten Jahren von Seiten der Musikindustrie, der Verwerter, der UserInnen, der Anwaltschaften und Verfolgungsbehörden gekämpft wurde. Wir wollen neue Wege gehen, um Künstlerinnen und Künstlern für die Bereitstellung ihrer Werke im Internet angemessene Einnahmen zu verschaffen und Userinnen und User nicht weiter unnötig zu kriminalisieren“, erklärte die Grüne Bundestagsfraktion, Befürworterin der Kulturflatrate, auf ihrer Homepage. Aber sollten wirklich alle BenutzerInnen von Breitbandzugängen dazu gezwungen werden, eine Pauschalabgabe zu zahlen, obwohl sie keine geschützten Inhalte beziehen wollen?
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