Bild: Sieht aus wie in einem Raumschiff, ist aber eine Brauerei: Bei Moritz zu Hause., Zurück von der Fiege-Betriebstour Foto: flickr / lecasio (CC BY-NC-ND 2.0)

Das Ruhrgebiet hat mehr zu bieten als Fußball, Bergbautradition und Bier. Aber neben diesem obskuren „mehr“ eben auch Fußball, Bergbautradition und Bier. Das gilt auch für Bochum mehr (Bergbau) oder weniger (Fussball). Wie es in der Heimatstadt unserer Alma Mater mit dem Bier steht, haben wir völlig selbstlos bei einer Betriebs­tour in der Privatbrauerei Moritz Fiege am Rande der Bochumer Innenstadt recherchiert.

„Wir brauen, Sie schauen“ – unter diesem Motto bietet die Brauerei ihre „BrauKulTour“ an. Dabei soll Wissenswertes rund um den Gerstensaft vermittelt werden. Außerdem sollen natürlich die Gäste auf den „richtigen“ Geschmack gebracht werden; das ist in den Augen der Bochumer Brauerdynastie und vor allem auf den Geschmacksknospen der KonsumentInnen natürlich in erster Linie das eigene Erzeugnis. Auf die Dynastie sind die ArbeiterInnen zwischen Gärtanks und Abfüllanlage mindestens genauso stolz wie auf das nahrhafte Kaltgetränk aus eigener Produktion: Hugo und Jürgen Fiege sind derzeit Inhaber in vierter Generation. Ihre Vorfahren haben bereits 1878 mit der Herstellung von Bier begonnen. Auch die Führung beginnt standesgemäß mit einem Bier. Es soll nicht das letzte auf dem insgesamt fast dreistündigen Rundgang über das Gelände bleiben. Selbst Gäste, die zur schon seit Ewigkeiten als etwas zu trinkfest verschrienen Gruppe der Studierenden gehören, müssen ihren Gaumen am frühen Abend aber erst einmal an den Geschmack alkoholhaltiger Brauerzeugnisse gewöhnen. Dabei hilft der „Leichte Moritz“ in lockerer Begrüßungsrunde. Bereits das erste Bier aus dem vielseitigen Repertoire der Fieges zeigt, dass sich über Geschmack zwar streiten und diskutieren, aber nicht eindeutig urteilen lässt. Die Reaktionen der BesucherInnen reichen von anerkennendem Nicken bis zu ungläubigem Stirnrunzeln ob der namensgebenden Leichtigkeit des Getränks. Trinkfestere Gemüter reden sogar von „Spülwasser“.
Der Kern der Führung, deren Name etwas abenteuerlich argumentierend die Hausmarke kurzerhand zum Kult erklärt, führt durch die Produktionsstätten, die zu abendlicher Stunde allein dem zahlenden Publikum überlassen sind. Die Sendung mit der Maus lässt grüssen, wenn zum Beispiel der Etikettierungsprozess in Slow-Motion-Filmaufnahmen für das menschliche Auge nachvollziehbar gemacht wird. Für eilige LeserInnen, die es in nächster Zeit nicht zur BrauKulTour schaffen: Die Etiketten werden aufgeklebt. Sehr schnell. Oder so ähnlich. Irgendwie.

Vorglühen statt Vorlesung

Hier offenbart sich eine Schwachstelle der Tour: Obwohl alles theoretisch sehr anschaulich, multimedial und kindgerecht erklärt wird, ist die Motivation der meisten Gäste zwar Durst – aber nicht der nach Wissen. Die Aufmerksamkeit schwindet also vielfach schneller als die Schaumkrone auf einem durchschnittlichen Pils. Die meisten wissen nämlich, was am Ende der Durststrecke durch die Einöde des Brauereiwissens wartet: Bier. Das mag jetzt nicht sonderlich originell klingen, zieht aber Leute in den Betrieb, als wäre der letzte Kiosk Hals über Kopf mit der einzigen Trinkhalle durchgebrannt. Alle, die sich nicht so einfach mit dem, was entsteht, wenn man Hopfen, Wasser und Malz über Nacht stehen lässt, locken lassen, werden spätestens bei der abschließend servierten Currywurst schwach. Und so kann auch das geballte Arsenal aus Audio und Video, Mitmachspielen wie Bügeldeckelplöppen und Bierzapfen, das durchgehend den Over-the-top-Charme der Neunziger versprüht, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die BrauKulTour oft eher Vorglühen als Vorlesung ist. Das ist wirklich schade, denn ein guter Prozentsatz der angebotenen Informationen ist wirklich interessant. Die Eigenwerbung und die Familienhistorie der Braumeisterdynastie weggelassen, bleibt trotzdem noch ein spannendes, geschickt mit Kostproben angereichertes Referat über ein studentisches Lieblingsgetränk und dessen Herstellung. Trotzdem wäre „Wir verkaufen, Sie saufen“ wohl ein ehrlicherer Slogan gewesen. Bier beim Gären zuzuschauen wird auch in absehbarer Zukunft eher nicht das neue Biertrinken. Wer beides verbinden mag, ist bei der BrauKulTour in besten Händen – und das nicht nur bochumweit.
 

Moritz Fiege BrauKulTour
Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 18.30 Uhr
Eintritt: 10 Euro p.P.
Voranmeldung notwendig
Anfahrt: Die Brauerei befindet sich nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt
Infos und Anmeldung unter www.moritzfiege.de

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