Seit dem Sommersemester 2007 diente das Gebäude als Tutorienzentrum. Hier konnte in ruhiger Atmosphäre gelernt und gearbeitet werden, allein oder in Gruppen. Hier wurden Tutorien abgehalten und gab es gut ausgestattete Arbeitsplätze mit W-Lan und Strom. Damit ist nun Schluss. Um die bereits an ihre Kapazitätsgrenze stoßende Hauptmensa in Zukunft zu entlasten, soll im TuZ eine neue Mensa entstehen. Doch zunächst muss umgebaut werden: Fast ein Jahr ist dafür eingeplant – viel Zeit, wenn man bedenkt dass das Querforum bereits in der Vergangenheit den Anforderungen einer Mensa entsprach. Um Lernenden eine Alternative zum TuZ zu bieten, werden nun die Mensa-Emporen als Lernflächen freigegeben. Diese sollen außerhalb der Essenszeiten täglich von 9-11 und 15-18 Uhr geöffnet sein. Zukünftig wird also in der Mensa gelernt – und im TuZ gegessen werden.
Feine Bio-Küche für ProfessorInnen?
Doch es gibt bereits Gerüchte, dass statt der Studierenden eher die ProfessorInnen von dem Umbau profitieren werden: Auf dem Campus wird gemunkelt, im TuZ solle eine Bio-Mensa entstehen. Diese wäre wegen hoher Preise wahrscheinlich nur für wenige Studierende eine echte Alternative und würde bald zu einer attraktiven Mensa für Lehrende werden, die sich dem Massenandrang der Hauptmensa entziehen und exklusiv sowie ohne Wartezeit speisen könnten.
Auch drängt sich die Frage auf, warum ein teurer Rückbau zur Mensa überhaupt notwendig ist. Vom kommenden doppelten Abiturjahrgang wusste man bereits 2006. Damals wurde das TuZ als Ersatzmensa während der Sanierung der Hauptmensa genutzt und hätte eigentlich als solche weiterbestehen können, anstatt jetzt zum zweiten Mal umgebaut zu werden.
„Freie Universität Bochum“ ist Geschichte
In diesem Zusammenhang sollte einmal an die einst im Querforum beheimatete „Freie Universität Bochum“ (FUB) erinnert werden. Nachdem am 27. April 2006 über 90 Studierende mit Polizeigewalt aus dem zur Verhinderung von Studiengebühren besetzten Sitzungssaal geräumt worden waren, wurde die hierdurch unterbrochene Senatssitzung am 22. Mai fortgesetzt. Als den studentischen ProtestlerInnen das Mikro abgedreht wurde, weil sie die Debatte über eine Gebührensatzung ergebnisoffen fortsetzen wollten, statt im Schnellverfahren Fakten zu schaffen, riefen ca. 100 Studierende die „Freie Uni Bochum“ (FUB) aus und zogen ins leerstehende Querforum West. Dieses hielten sie acht Monate besetzt und veranstalteten anderthalb Semester lang über 100 alternative Lehrveranstaltungen und kulturelle Events wie Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen.
Die Lämmer zum Schweigen gebracht
Benjamin Bettinger, ehemaliger hochschulpolitischer AStA-Referent und Mitinitator der FUB, berichtet, dass aus der Fassungslosigkeit über die Arroganz und Ignoranz der ProfessorInnen, die ihre Mehrheit im Senat einfach ausnutzten, um die Studierenden zum Schweigen zu bringen und die Einführung von Studiengebühren durchzustimmen, die Frage aufkam, wie eine perfekte Uni sein sollte: „Offener sollte sie sein, jeder sollte frei reden dürfen. Keine Professoren, die einem das Wort abschneiden, stattdessen gleichberechtigt ohne Ausgrenzung und Beurteilung miteinander lernen“ – dies war von Anfang an die Devise der Freien Uni. Auch überregional berichtete die Presse, bildungspolitische Themen rückten in den Fokus der Öffentlichkeit, „die bundesweit erstarkende Bewegung gegen Studiengebühren traf sich regelmäßig in der FUB, um sich zu koordinieren“, erinnert sich Bettinger. Auch DozentInnen, Betriebsräte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete solidarisierten sich. Jedoch nicht ohne Gegenwind: „Das Rektorat drohte Dozenten, die sich solidarisch erklärt hatten, mit Rausschmiss, der Rektor stellte Strafantrag wegen Hausfriedensbruch“, so Bettinger. In den Morgenstunden des 31. Januar 2007 – mitten in der Wahlwoche zum Studierendenparlament der RUB – räumte eine Hundertschaft der Polizei auf Initiative der Unileitung schließlich das Querforum, mehrere der BesetzerInnen wurden vorübergehend festgenommen. Die nachfolgenden Verfahren wurden jedoch nach und nach eingestellt.
Doch das Positive überwiegt – zumindest im Rückblick: „Die FUB hatte eine erstaunliche Wirkung auf die RUB: Für eine kurze Zeit haben wir es geschafft, dass aus der typischen Pendler-Uni, die die Studierenden nur betreten, um ihre ‚Stunden‘ im Hörsaal ‚abzusitzen‘ und dann möglichst schnell wieder zu verschwinden, ein Ort wurde, wo Menschen auch nach der letzten Stunde oder zwischen zwei Kursen einfach mal dageblieben sind, um spannende Diskussionen über Politik oder irgendeine Fachwissenschaft zu führen, um sich einen Vortrag anzuhören, der nicht ‚abgearbeitet‘ werden muss, sondern einfach interessant ist.“
Begegnungszentrum für freie Entfaltung
Nun soll das Gebäude wieder gastronomisch in Anspruch genommen werden. Benjamin Bettinger hat einen Vorschlag, wie es idealerweise genutzt werden könnte: „Vielleicht fehlt dieser Uni genau ein solcher Ort, an dem sich Studierende außerhalb des stressigen Unialltags ungezwungen kennenlernen und über ihre Sorgen und Probleme ins Gespräch kommen können, um Tragödien wie den Selbstmord einer Kommilitonin an der RUB vor einigen Monaten zu verhindern. Ich würde es meinen Kommilitonen gönnen, dass dieses Gebäude wieder als Begegnungszentrum für Studierende genutzt wird, in dem sie sich frei entfalten können – die FUB hat gezeigt, dass es dafür ideal geeignet ist. Abfertigungsanlagen wie die Mensa und die Cafeten gibt es schon genug an dieser Uni; man müsste nur die Öffnungszeiten ein wenig verlängern, um den Besucherandrang in der Mensa besser zu verteilen.“
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