Ein einziges Fenster des Lokals gewährt Einblicke ins Innere, und zwar nicht in den Kneipenbereich, sondern in eine kleine Galerie. Der Blick, der in diesen Wochen auf gegenstandslose Bilder in knalligen Farben und eine Silikoninstallation trifft, straft den ersten biederen Eckkneipeneindruck Lügen. „Schnittstelle“ heißt dieser Ausstellungsraum, denn er stellt oft den ersten Kontakt zwischen dem Draußen in der westlichen Innenstadt und dem Drinnen im R15 her. Darum wird er auch nicht nur KünstlerInnenn gerne zur Verfügung gestellt, sondern auch ExistenzgründerInnen und KunsthandwerkerInnen, die sich und ihre Werke präsentieren können. Martin Zöpel will mit dem R15 nicht nur sich verwirklichen, sondern auch anderen die Chance geben, dasselbe für sich zu tun.
Ideale und Visionen
Was Zöpel für gut und förderungswürdig hält, das will er auch fördern. Als einen Ort dafür sieht er das R15. Der gelernte Koch will „in abgerissenem Ambiente gute Gastronomie“ bieten, den Unterschied zwischen Hoch- und Alternativkultur nivellieren. Das gastronomische Angebot wird für die kalten Monate aufgestockt. Die Küche bietet vegetarische und aus regionalen Erzeugnissen zubereitete Speisen, weil der Chef auch hinter diesen beiden Ernährungskonzepten steht.
Vor einem Jahr gründete Zöpel zusammen mit einem Partner (der mittlerweile aus dem Geschäft ausgestiegen ist) das R15, das „Bistro, Küche und kultureller Raum“ sein soll, wie er sagt. Nun will er „die ‚Laden wachsen sehen‘-Phase hinter sich lassen“ und Struktur in sein Konzept bringen. Einige regelmäßige Veranstaltungen haben sich bereits bewährt und werden fortgeführt, zu anderen schweben ihm viele Ideen durch den Kopf. Da sich Zöpel vor allem auf die Küche konzentrieren will, sprang vor einigen Wochen ein Kollege ins Geschäft ein, der ebenfalls das Potential eines solchen Treffpunktes und Veranstaltungsortes in einem sieht. Auch er hat viele Ideen. Kunstinstallationen, Konzerte, Lesungen, Partys, Filmabende, Theater, Kleinkunst… Manches davon findet bereits regelmäßig statt, anderes soll kommen – wenn die Stadtverwaltung dies zulässt.
Die eine Hand weiß nicht was die andere tut
Lange Zeit waren die Bochumer Stadtviertel Ehrenfeld, Westend und Stahlhausen nicht unbedingt als gute Adressen bekannt. Um gewisse Ortsteile aufzuwerten, rief die Stadt das Städtebauförderprogramm „Stadtumbau West“ ins Leben. Viel tut sich seitdem in dieser Gegend – nicht nur „von oben“ verordnet, sondern auch von unten initiiert. Die Jahrhunderthalle an der Alleestraße und das Schauspielhaus an der Viktoriastraße als große städtische Prestigeobjekte stecken als Eckpunkte das neue Bochumer Kreativviertel ab, das die hier schaffenden WirtInnen, KünstlerInnen und IntendantInnen „Offline-Viertel“ nennen. Zahlreiche Initiativen meist kultureller Art haben sich hier angesiedelt – oft gefördert vom Stadtumbaubüro.
Dem Stadtumbaubüro sind viele im Offline-Viertel dankbar für die Unterstützung. Eine andere Einrichtung der Stadt Bochum, mit der man als VeranstalterIn und WirtIn zu tun hat, ist das Ordnungsamt. Und das arbeitet, wie es scheint, der „Aktivierung des Stadtteils“, wie Zöpel es ausdrückt, mit Vehemenz entgegen.
So seien die im R15 geplanten Konzerte wie auch in anderen Kneipen und Bars nicht ohne Weiteres möglich, veralteter Lärmschutzauflagen wegen. Diese machen auch AutorInnenlesungen fast unmöglich – dabei kann eine allabendliche Stammtischdiskussion viel lauter sein als eine gemütliche Lesung. Aber Vorschrift ist Vorschrift. Glücklicherweise schauen Bochumer AutorInnen trotzdem gerne im R15 vorbei. Auch lässt es sich durchaus auch zu Klanginstallationen tanzen. Warum das Ordnungsamt so an Formulierungen und überholten Definitionen festhält statt die veralteten Verordnungen den heutigen Gegebenheiten anzupassen, ist nicht nachvollziehbar, zumal andere Stellen der Stadt ja an einem lebendigen und lebenswerten Viertel interessiert sind. Bei der Bar Ruhrclubbing, die Rottstraße weiter runter, war unter anderem diese verfehlte Politik verantwortlich für die Schließung.
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