Wir bauen es, wir bauen es nicht
Nach 88 Jahren sollen die Bochumer Symphoniker eine eigene Spielstätte in der Innenstadt bekommen. Den Plan gibt es schon lange, und immer ging er schief. Vielleicht klappt es diesmal.
„Soweit wir wissen, sind die Architekten seit einiger Zeit mit den Planungsarbeiten beschäftigt.“, schrieb die Westdeutsche Rundschau. “ Leider ist dieses für das Bochumer Musikleben so wichtige Projekt zurückgestellt worden. Aber man sollte jetzt wirklich auf Beschleunigung bedacht sein. Es ist im Interesse sowohl des Schauspielhauses als auch des Niveaus der Konzertdarbietungen wünschenswert, dass der Konzertsaal endlich gebaut wird. Dann können sämtliche Konzertserien, die jetzt auf verschiedene Häuser verteilt sind, unter einem Dach und in einem akustisch einwandfreien Saal absolviert werden.“ Es ist jetzt 43 Jahre her, dass dieser Artikel in der Westdeutschen Rundschau erschienen ist, aber ein neues Konzerthaus haben die Bochumer Symphoniker immer noch nicht.
Die Symphoniker gibt es seit 1919, und in den vergangenen Jahrzehnten haben sie in verschiedenen Räumen geprobt und gespielt. Ebenfalls seit Jahrzehnten soll sich dieser Zustand ändern. Der Verein „Freundeskreis der Bochumer Symphoniker“ wünscht sich eine „angemessene Wirkungsstätte“ mit „Nutzungsmöglichkeiten für andere kulturelle Einrichtungen unserer Stadt.“. Der neue Bau soll auf dem Marienplatz in der Innenstadt stehen und 29,3 Millionen Euro kosten. 15 Millionen würde die Stadt Bochum bezahlen, der Rest soll aus Spenden finanziert werden. Fünf Millionen Euro spendet der Bochumer Lottokönig Norman Faber, der bis zum Jahr 2002 auch Hauptsponsor des VfL Bochum war. Das Geld gibt es aber nur unter drei Bedingungen, wie er vor einem Jahr bekannt gab: Zum einen muss der Bau bis zum Februar 2008 von Politik und Verwaltung beschlossen sein, damit das Konzerthaus fertig ist, wenn Bochum 2010 Kulturhauptstadt wird. Zweitens muss der Bau in der Innenstadt liegen, um die Symphoniker zu einem „vertrauten Teil städtischen Lebens zu machen“. Drittens sollten andere Bürgerinnen und Bürger weitere zwei Millionen Euro spenden, um das gesellschaftliche Engagement sichtbar zu machen.
7,3 Mio. Miese
Diese Spenden konnten rechtzeitig eingetrieben werden, und auch der Stadtrat hat dem Bau mittlerweile zugestimmt. Gegen die Stimmen der Sozialen Liste und der LINKEN beschlossen die Ratsmitglieder vor kurzem, dass der Bau losgehen kann, sobald das weitere Spendengeld da ist. Es fehlen aber noch immer 7,3 Millionen Euro. Der letzte große Anlauf, den Befürwortende des Konzerthauses im Jahr 1998 für den Bau nahmen, ging schief. Am Dr.-Ruer-Platz sollte das Gebäude damals entstehen, die Pläne waren schon fertig. Am Ende wurde doch nichts daraus, und so warteten die Musikerinnen und Musiker weiter auf ihr eigenes Gebäude. Eigentlich haben sie es nach so langer Zeit verdient. In den letzten 88 Jahren mussten sie mehrmals umziehen, wegen zu kleiner Räume auf Fluren herumstehen und auf ausgefeilte Akustik verzichten. Andererseits gibt es schon große Symphoniehäuser in vielen anderen Städten des Ruhrgebiets, etwa in Essen. Braucht man wirklich ein eigenes, wenn das nächste nur einige Minuten entfernt ist? Und selbst, wenn die Stadt nur die Hälfte der Finanzierung übernimmt, sind es trotzdem noch 15 Millionen Euro, die anderswo fehlen – zum Beispiel bei den Schulen. Vielleicht würde das Geld aber auch in weit unsinnigere Projekte fließen. Schließlich bewegt sich auch der aktuell entstehende „Rote Teppich“ aus farbigen Pflastersteinen vor dem Bahnhof in derselben Preiskategorie. Ob sie es nun bauen oder nicht, werden wir bald herausfinden. „Zwei Monate nach dem vorgesehen Baubeginn des Konzertsaales im Stadtpark steht nunmehr fest, dass zunächst für die kommenden Jahre aus finanziellen Gründen überhaupt nicht mit dem ersten Spatenstich begonnen werden kann.“, vermeldeten die Ruhrnachrichten 1965. Vielleicht funktioniert der Plan ja dieses Mal.         sjn
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