Es wird erobern die Massen geschwind,
die Inszenierung von Orlando und Rosalind.
Die neue Spielzeit des Schauspielhauses begann am Freitag mit einem Klassiker und einer Überraschung: Shakespeares „Wie es euch gefällt” wurde von Intendant Elmar Goerden erstaunlich verspielt und publikumswirksam inszeniert.

Nach vielen negativen Kritiken im vergangenen Jahr und einer überlangen Sommerpause wurde die Premiere mit vorsichtiger Vorfreude erwartet – die Skepsis erwies sich jedoch als unbegründet. Es war Platz auf der Bühne für heitere und ernste Momente, die sich trotz moderner Umsetzung an die klassische Vorlage anschmiegten.
Autor William Shakespeare schuf mit „Wie es euch gefällt” eine Verwechslungskomödie, die mit Augenzwinkern die Zufälligkeit der Liebe parodiert und dabei höfische Umgangsformen karrikiert. So werden die jungen Liebenden Rosalinde und Orlando von ihren Vormündern Herzog Frederick und Oliver de Boys verbannt und treffen im Ardenner Wald auf eine Mischung ganz unterschiedlicher Menschen. Durch dieses Tohuwabohu aus Verwechslung und Verkleidung entdecken sie die Liebe, sich selbst, die Liebe zu Anderen, oder denen, die sie zu lieben glauben, oder so ähnlich.
And Iiiiiiiii,
will always…
Die altenglische Vorlage liefert dabei Spannungsmomente von denen schon Hollywood abkupferte („Haaach! Wann kriejen se sisch denn nu endlich?!”). Auch Elmar Goerden war sich nicht zu fein in die amerikanische Trickkiste zu greifen und diese ebenso anzuprangern wie Shakespeare die höfische Gesellschaft. Nicht nur die Hofnarren, die in Sachen Liebe gar nicht so närrisch sind, zitieren aus „Dirty Dancing” und dem „Dschungelcamp”. Auch der liebestolle Orlando windet sich in schmalzigen Melodien populärer Musikdiven. Der Charakter verliert dadurch keinesfalls an Ernsthaftigkeit seiner Gefühle, auch wenn das Publikum lacht. Die Darsteller zeigen auch in den abstrusesten Charakteren die verspielte Verletzbarkeit der Liebe einerseits und ihre Unverständlichkeit für Außenstehende andererseits, wie in Adam oder Audrey. Es sind die Sprünge in der Sprache, die Symbolik der wechselnden Kostüme, die dem Publikum die ernsten Momente verdeutlichen, ohne den Überblick zu verlieren. Zusätzliche Denksportaufgabe für das Publikum: Die fast schon banale Gehbehinderung Phoebes und das Bühnenbild in Form eines Flugzeugwracks sind als Symbolik zulässig, da nicht aus der Luft gegriffen, wenn auch fragwürdig. Goerden wird dennoch dem klassischen Shakespeare gerecht, weil er die wichtigen Faktoren von „Wie es euch gefällt” beibehält: Liebe, die nur in ihren Beispielen zu zeigen und schon gar nicht zu verstehen ist, verursacht Chaos, vor allem bei denjenigen, die sie und sich selbst allzu ernst nehmen.
Theater für
Anfänger?
Viel, für Manchen zu viel, Verständnis für aufrüttelnde Showeffekte musste das Publikum im Bochumer Schauspielhaus am vergangenen Freitag aufbringen.”Sowas kannste auf `ner Sylvesterfeier bringen, aber doch nicht im Theater!” waren die Kritiken älterer Herrschaften, ohne zu bedenken, dass die Reaktionen auf Shakespeare zu seiner Zeit ähnlich ausfielen. Böswillige Kritiker können Goerden, getreu dem Titel „Wie es euch gefällt” einen Hang zur seichten Unterhaltung des Mainstreams vorwerfen. In der Reihe klassischer englischer Dramen im Schauspielhaus wird auch dieses ein Publikumsmagnet werden, da es unterhaltsam und nachdenklich, massenkompatibel und leicht zu verstehen ist, „Schatz, ich führ dich heut’ Abend groß ins Theater aus!”. Was bleibt, wie die Ewigkeit der Liebe, ist die Frage nach den Gütekriterien des Theaters.
jkae
Â

0 comments

You must be logged in to post a comment.