Ein ganzer Tag in Hogwarts, der Zaubererschule – der Traum von 300 Harry Potter-Fans wurde letzte Woche cineastische Wirklichkeit. 476 Minuten lang zeigte eine Kinokette alle vier Abenteuer des Zauberers am Stück. Schöner ist nur Fliegen auf dem Feuerblitz.
Eigentlich haben Christian und Ramona ihr Stammkino in Lünen. Für den „Harry-Potter-Marathon“ ist das Paar aber gern nach Dortmund gekommen. „Für Harry würden wir fast alles tun“, schmunzelt die RUB-Studentin. Bevor um 00.01 Uhr die Premiere des neuesten Streifens „Harry
Potter und der Orden des Phönix“ anstand, flimmerten zunächst die vier bekannten Teile über die Leinwand.
„Es ist gar nicht so einfach, die Filmrollen für die älteren Filme zu besorgen“, erzählt Thorben Kasch, Leiter des Kinos. Die Vorbereitungen für den längsten Marathon in der Geschichte „seines“ Filmtheaters hätten ganze zwei Monate gedauert. „Ich kenne nur einen Fall, in dem ein Kino unserer Kette einen längeren Marathon gestemmt hätte“, schmunzelt Kasch. „Das waren 25 Star-Trek-Teile oder so.“ Für Dortmund stelle aber die Potter-Mania auf alle Fälle eine Rekordzeit auf.
Nicht nur dort: Während sich durch den neuen Film und die anstehende Buchpremiere des siebten Bands eine wahre Harry-Mania rund um den Erdball in Gang setzt, schließt Autorin Joanne K. Rowling nicht mehr länger aus, dass sie noch einen achten Band schreibt.
„Man soll nie nie sagen“, erklärte Rowling nach Angaben ihres Verlags Bloomsbury sibyllinisch.
Die Kinokarten gingen sowohl für den Potter-Marathon als auch für die Premiere des fünften Teils weg wie warme Semmeln.
Damit auch alle Fans Harrys Werdegang vom unbedarften Unwissenden zum „auserwählten“ Kämpfer gegen das Böse wach durchstehen, ist eine „Kaffee-Flatrate“ im Eintrittspreis von 19 Euro inbegriffen. 120 Tassen fließen allein vor dem ersten Teil durch die Kehlen – Koffein ist heute Grundzutat aller Zaubertränke. Auch Kathrin Müller braucht Hilfsmittel zum Durchhalten. Sohn Dirk hat extra zwei Kissen dabei. „Teil Zwei kenn ich schon“, da kann der 11-Jährige schlummern. „Und was mach ich?“, grinst seine Mutter. Auch Tochter Lina (14) hat alle Bücher seit „Harry Potter und der Stein der Weisen“ verschlungen. Der erste Band erschien 1997, da war Dirk ein Jahr alt. „Aber als ich lesen konnte, habe ich sofort mit Harry angefangen“, erzählt der Hauptschüler stolz. Mutter Kathrin denkt pragmatischer: „Ich habe bisher keinen der Filme gesehen – durch den Marathon verstehe ich wenigstens den neuen Teil.“
„Kaffee-Flatrate
und Kissen dabei“
Zwischen den Filmen wird den magischen Marathonteilnehmer jeweils 15 Minuten Pause eingeräumt. Zeit zum Durchschnauben, denn die Filme werden von Teil zu Teil actionreicher. Im fünften Teil „Harry Potter und der Orden des Phönix“ muss der Titelheld eine Menge aushalten. Zum einen wird der junge Magier von Visionen heimgesucht, und zum anderen quält ihn eine neue Lehrerin an der Zauberschule Hogwarts. Potzblitz!
„Gerade das mag ich an der Serie“, sagt Elke Lutzka. „Die Geschichten gefallen Kindern, haben aber auch tolle Momente für Erwachsene.“ Es gefällt ihr, mit dem Helden mitzufiebern: „Damit flüchte ich mich aus dem Alltag. Man wird in andere Welten hineingezogen.“ Die 38-Jährige ist mit Ehemann Frank da. „Meine Frau hat mich infiziert“, lacht er.
Auch wenn die 300 Hardcore-Harry-Fans im Saal fast unisono die Bücher bevorzugen, dieser Tag im Kino fasziniert sie alle. „Ich bin damit einen Tag im Magierreich“, bringt der 11-jährige Dirk es auf den Punkt. Für einen Muggel wie ihn ist das sonst eben schlecht möglich.
„Ein ganzer Tag
im Magierreich“
Nach dem vierten Teil servierte das Kino ein chinesisches Büffet, ganz nach dem Geschmack von Harry-Freundin Cho Chang. Die wird der „Quidditch“-Spieler schließlich im neuen Film küssen dürfen. Das wird gegen 1 Uhr auf der Leinwand zu sehen sein.
Auch wenn die eine Hexe oder der andere Zauberer trotz Getränken und Verteidigung gegen die dunkle Müdigkeit zwischendurch kurz wegnickt – in diesem Moment werden alle wieder komplett konzentriert im Bann ihres Helden stehen.
m bp
0 comments