Ein bisschen Werbung für die „bodo“
Wer von euch kennt das Straßenmagazin „bodo“? Ungefähr DIN A 4 groß, vorne drauf bunt und oben mit einer kleinen, dicken, schwarzen Lesemaus verziert. Bitte einmal melden! Ah, Ok, schon ein paar. Und wer von euch hat sie schon mal gelesen? Wer von euch kauft sie? Womöglich noch regelmäßig? Ah, ja, dachte ich mir.
Dabei ist die gerade einmal im Monat erscheinende „bodo“ mit einem Preis von 1,50 Euro nicht wirklich teuer. Eigentlich kostet sie sogar weniger als ein coffee to go bei Kamps am Hauptbahnhof. So gesehen hieße das, man müsste nur einmal den Kaffee zu Hause trinken und schon kann man etwas für das Wohl Anderer tun. Denn (mindestens) 60 Cent pro verkauftem Heft gehen an den Verkäufer selbst (wenn man mehr als 1,50 Euro zahlt, bekommt auch der Verkäufer mehr) und das ist dringend benötigtes und zu recht verdientes Geld.
Wenig Geld…
Warum scheuen sich dennoch so viele Menschen davor, 30 Sekunden ihrer Zeit und 1,50 Euro ihres Einkommens monatlich in das Leben eines anderen Menschen zu investieren?
Der Inhalt des Magazins kann es schwerlich sein, denn der ist ziemlich unterhaltend und witzig.
Angefangen bei „bodo“– internen Angelegenheiten, wie in der jetzigen Ausgabe die Eröffnung eines „bodo“-Trödelmarktes oder die allmonatlich erscheinenden, wechselnden Tagebucheinträge eines/R Verkäufers/In, über politische Neuigkeiten aus aller Welt und der näheren Umgebung der jeweiligen Stadt, bis hin zu Veranstaltungsankündigungen mit eigenem Veranstaltungskalender, Verlosungen, Rezensionen und Kritiken. Auch traut sich „bodo“ z.B. hinter die Kulissen der Constantin Schule für Gesang, Schauspiel und Tanz oder erinnert den Leser an die immerwährenden Gefahren des Drogenhandels. Selbst die Kinder kommen nicht zur kurz: Witze, Suchbilder, und kindergerechte Artikel finden ebenfalls Platz in der ca. 30-seitigen „bodo“.
Klingt wie jede andere gute Zeitschrift? Das ist sie auch.
…für viel Inhalt
Wo ist also der Grund für die sinkenden Verkaufszahlen? Liegt es etwa daran, dass hinter den AutorInnen, genauso wie hinter den VerkäuferInnen Obdachlose, sprich, in der politisch, und auch im Bezug auf die Menschenwürde, inkorrekten Sprache so genannte „Penner“ stecken? Heißt das, nur weil diese Menschen durchs allgemeine Raster gefallen sind, keinen Job, wie jeder andere ausüben und vielleicht sogar keine Wohnung ihr Eigen nennen können, sind sie nicht fähig zu schreiben? Schwachsinn! Um ehrlich zu sein, sind viele der Artikel sogar humorvoller, bissiger und direkter, als manch ein Anderer aus einer „seriösen“ Zeitung. Sie zeigen die Welt aus einem unbekannten Blickwinkel, deuten auf neue Perspektiven hin und sind dennoch für jeden verständlich.
Meinen die Leute, die achtlos in der Fußgängerzone an den VerkäuferInnen vorbeigehen etwa, sie müssten ihr Gesicht wahren? Indem sie allerdings mit hochgehaltener Nase in den nächsten Douglas zischen, handeln sie eher gegenteilig.
Wo bleibt die Hilfsbereitschaft?
Wir als heranwachsende Elite Deutschlands sollten als Erste über unseren Schatten springen. Ist euch euer Kaffee wichtiger als Mithilfe? Es ist verständlich, dass man ohne Koffein schwerlich den Vorlesungen folgen kann, dass diese aber, so wird es uns gesagt, wichtig für den späteren Abschluss sind. Eine Alternative wäre natürlich auch einmal früher ins Bett gehen. Einmal morgens einen Orangensaft. Lieber ’n Kippchen vorm Hörsaal. Macht auch alles wach.
Und in den Freistunden kann man dann, mit der „bodo“ unterm Arm, ohne schlechtes Gefühl, sogar mit Wissen, welches nicht in der Uni vermittelt wird und mit der Sicherheit nicht nur seinem Kopf, sondern auch einem Mitmenschen etwas Gutes getan zu haben, in den nächsten Kamps schlendern und sich mit dem Kaffeevorrat für die nächste Vorlesung versorgen.
aw
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