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bsz: Jascha, wie ist es zu der Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus gekommen?

Jascha: Der Regisseur und Autor Kristo Å agor, der auch bereits Stücke fürs Schauspielhaus geschrieben hat, hatte die Idee, das TuT zu „besetzen“, zu einer provisorischen Wohnlandschaft umzugestalten und dort „einzuziehen“. Mit diesem Projekt kam er auf die Bochumer Theaterwissenschaftlerin Professor Ulrike Haß zu, die er ursprünglich aus seiner eigenen Studienzeit in Berlin kannte, um die Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Hierbei wurde auch der Fachschaftsrat einbezogen. Vorgeschlagen wurden unter anderem ein Projekt namens „Theaterwelten“, wo Studierende aus dem Ausland über die jeweilige Theaterszene ihres Landes berichten sollen, Close-Reading-Veranstaltungen, unter anderem mit Texten von Elfriede Jelinek, sowie ein Erstsemesterworkshop.

bsz: Zeichnet sich denn ab, dass die Kooperation auch längerfristig fortgeführt werden wird?

Jascha: Nachdem es in der Vergangenheit bereits in Form von Symposien und Ringvorlesungen im Schauspielhaus eine Zusammenarbeit mit der Theaterwissenschaft gegeben hatte, die nach dem letzten Intendantenwechsel allerdings wieder einschlief, kommt es nun drauf an, wie das Schauspielhaus diesen neuen Impuls „von unten“ aufnimmt. Auch wenn wir uns bislang nur im kleinsten Spielort des Hauses zeigen dürfen, ist doch wichtig, an einem solchen Punkt anzufangen und eine neue Kooperation aufzubauen. Zumal das Schauspielhaus in der letzten Zeit sehr stark zu einem Apparat geworden ist, der nur noch seine Produktionen abspult, ohne nach links und rechts zu gucken und sich für das zu interessieren, was sonst noch in der Stadt passiert. Konkrete Anfragen an den Fachschaftsrat, die über Februar 2009 hinausgingen, gibt es bislang allerdings nicht.

bsz: Spielt die Vorbereitung der „Kulturhauptstadt Ruhr.2010“ bei der Kooperation also eine Rolle?

Jascha: Bislang nicht. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es da Kooperationsprojekte geben könnte.

bsz: Das Ganze kommt zu einem Zeitpunkt, nachdem der Noch-Intendant Elmar Goerden öffentlich verkündet hat, er sei in Bochum gescheitert. Ist das Projekt vielleicht auch ein Image-Rettungsversuch Goerdens in den letzten Monaten seiner Amtszeit?

Jascha: Das glaube ich eigentlich nicht. Das Projekt hat sich erstmal völlig eigenständig hiervon entwickelt und soll weitgehend unabhängig vom sonstigen Betrieb im Schauspielhaus laufen. Das funktioniert allerdings auch nicht wirklich. Wenn ich mit den Leuten spreche, die dort arbeiten, sagen die: „Mann, wir sind so in diesem Betrieb drin und kommen da nicht raus – es ist so schwierig, unsere Projekte durchzuziehen, weil dann der ganze Apparat plötzlich stockt, weil alles anders laufen soll als sonst und man nicht den gewohnten Inszenierungswahnsinn durchzieht.“ Da kommt man natürlich nie ganz raus. Aber ich denke, das ist dennoch eine Chance, mal zu fragen: Was ist das Theater überhaupt? Warum machen wir das eigentlich? Und interessieren wir uns über die Stücke, die wir eh‘ immer inszenieren hinaus überhaupt für die Stadt und für die Menschen?

bsz: Geht die Kooperation auch über die Zusammenarbeit mit dem Fachschaftsrat Theaterwissenschaft hinaus?

Jascha: Meine Hoffnung ist, dass sich noch weitere Kooperationen ergeben – zum Beispiel mit Initiativen aus der Stadt. Außerdem entwickelt sich gerade ein Projekt unter dem Arbeitstitel „Versichern und fressen“, was erstmal sehr nach Volksbühne Berlin klingt… Die Gruppe, die dieses Projekt initiiert, nennt sich „The Tanner 6“ und besteht aus sechs Studierenden der Theaterwissenschaft.

bsz: Jascha Sommer, herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview wurde geführt von Ulrich Schröder.

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