Nicht zufällig beginnen die Ruhrfestspiele am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist neben der Stadt Recklinghausen Träger des Festivals im nördlichen Ruhrgebiet mit seiner Arbeitertradition. Als nach dem zweiten Weltkrieg in Hamburger Theatern die Kohle knapp wurde (und damit sind nicht fehlende Subventionen gemeint), machten sich Schauspielerinnen und Schauspieler auf ins Ruhrgebiet um bei den Bergleuten Kohle zu besorgen. Diese schmuggelten heimlich Kohle an den Soldaten vorbei und als Dank dafür kamen die Schauspieler wieder und führten Theater an der Werkbank auf. „Gründungsmythos“, dieses Wort kommt einem unweigerlich in den Kopf, wenn man an diese Geschichte hört. Und der 1. Mai ist davon übrig geblieben. Aber nicht allein, denn auch die Preisgestaltung und der Vertrieb von Tickets über Betriebsräte mahnen der Festival-Tradition. Der heutigen Zeit, mit regelmäßig sinkenden Kultur-Budgets, einem Publikum was unterhalten und nicht überfordert werden möchte, zollen die Ruhrfestspiele ihren Tribut. Seit 2004 verantwortet der Luxemburger Regie-Professor Frank Hoffmann die Ruhrfestspiele und löste den beim Publikum erfolglosen Frank Castorf nach nur einer Spielzeit ab. Zu experimentell, zu postdramatisch waren die Inszenierungen von zum Beispiel Christoph Schlingensief, der mit einer Wagner-Rallye das Publikum mehr abschreckte als anzog.
Große Namen – Großes Publikum
Einen anderen Weg beschreitet seit 2005 Hoffmann, und das erfolgreich, betrachtet man nur die jährlich steigende Zahl von Zuschauerinnen und Zuschauern im großen Haus auf dem Recklinghäuser Festspielhügel. Der Kirschgarten von Tschechow und Shakespeares Wintermärchen wurden mit freundlicher Unterstützung der Bank of America gegeben. Mit Ethan Hawke und Rebecca Hall sollten etwas Hollywood-Flair auf die Bühne bringen. Aber auch die deutschen Stars geben sich ein Stelldichein auf der Festival-Bühne: Maximilian Schell, Ben Becker und Hanelore Elsner.
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Fringe- Festival
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Ein Festival im Festival bietet das Fringe-Programm vom 26.Mai bis zum 12. Juni. Zum fünften Mal ist das Off-Theater Bestandteil der Ruhrfestspiele. Junges Theater, kreativ und unkonventionell geht es auf sein Publikum zu. Während die Festspiele Theater traditioneller Machart bieten, wendet sich das Fringe-Festival an ein Publikum, welches junges und frisches Theater an ungewöhnlichen Orten erleben will. Als Spielstätte fungiert in diesem Jahr kein Theatersaal, sondern die Recklinghäuser Innenstadt. Marktplatz, Sparkasse und Bahnhofvorplatz werden zur Bühne.
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Lust auf Theater?
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Nach der ersten Hälfte der diesjährigen Spielzeit scheinen die Theatermacher ihr selbst gestecktes Ziel, Lust auf Theater zu machen gut verwirklicht zu haben. Bis zum 14. Juni gibt es noch 120 Aufführungen (darunter 25 Erstaufführungen). Einzelne Restkarten sind sowohl online als auch in Ticketshops buchbar. Das komplette Programm gibt es unter www.ruhrfestspiele.de. Karten für die Festspiele kosten ab 10,50 Euro und für das Fringe-Festival 6,– Euro.
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