Mit über 30 Veranstaltungen in Bochum und Umgebung will das Kulturfest noch bis zum 15. Juli 2010 die in Deutschland fast vergessene Tradition der synagogalen Musik des Judentums wieder zum Leben erwecken. Eröffnet wurde dieses Großprojekt bereits am vergangenen Sonntag von der ersten jüdischen Kantorin in Deutschland, Avitall Gerstetter. Sie präsentierte mit ihrer einzigartigen Stimme im Bochumer Kunstmuseum synagogale Gesänge, traditionelle jüdische Lieder und Eigenkompositionen auf jiddisch, hebräisch und auch auf englisch. Ihr Programm mit dem Namen „We will remember them“ ist den über sechs Millionen Kindern, Frauen und Männern gewidmet, die in der Shoa ermordet worden sind. Wer das Auftaktkonzert verpasst hat, dem sei die CD gleichen Namens ans Herz gelegt. Der Verkaufserlös geht an Projekte gegen Antisemitismus.
Synagogales Ensemble Berlin
Wem eine CD nicht reicht, dem bietet das Kulturfest noch mehr Gelegenheit, jüdische Musik live zu erleben. Gleich drei renommierte Chöre gehören zu den Gästen der Biennale. Das Synagogale Ensemble Berlin bietet beispielsweise am 30. Mai in der Synagoge Dortmund eine Verbindung von jüdischen Traditionen und abendländischer Harmonik in der Nachfolge des deutsch-jüdischen Komponisten Louis Lewandowski.
Leipziger Synagogalchor
Auch der Leipziger Synagogalchor unter der Leitung des Kammersängers Helmut Klotz findet seinen Weg ins Ruhrgebiet. Am 19. und 20. Juni gastiert er in Essen und Gelsenkirchen. Mit seinem umfangreichen Repertoire gilt dieser Chor seit 50 Jahren als Bewahrer eines großen Teils des europäisch-jüdischen Kulturerbes.
Bat Kol David
Am 27. Juni findet in der Synagoge Bochum ein weiterer Höhepunkt der Biennale statt: Der Dortmunder Chor „Bat Kol David“, das Ensemble des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, das sich zum Ziel gesetzt hat, über den Gesang alte, weithin verloren gegangene synagogale Musik neu zu beleben, tritt auf. Die überwiegend aus der ehemaligen Sowjetunion zugewanderten Musiker verstehen sich als Mittler moderner jüdischer Musik.
Mehr als Musik
Aber die Biennale „Musik & Kultur der Synagoge“ ist mehr als nur ein Rahmen, in dem bekannte Chöre auftreten. In Bochum, Dortmund, Duisburg und Gelsenkirchen werden beispielsweise zwischen dem 9. Mai und dem 15. Juli geführte Besichtigungen von Synagogen und jüdischen Friedhöfen angeboten. Bei einer Besichtigung des Dortmunder Ostenfriedhofs am 4. Juli werden Werke des jüdischen Bildhauers Benno Elkan (1877-1960) erklärt, der durch die große Menora vor der Knesset in Jerusalem bekannt geworden ist.
Aber auch eine Tagung in der Synagoge Bochum und in der evangelischen Tagungsstätte Haus Villigst in Schwerte unter dem Motto „Soviel Aufbruch war nie…“ vom 11. bis 13. Juni gehört zum Programm der Biennale. Hier gibt es Gespräche und Vorträge zur heutigen Situation der jüdischen Gemeinden. Die Lebenswege der neu ins Ruhrgebiet Zugewanderten werden beleuchtet und natürlich gibt es ein Konzert, das den synagogalen Gesang vorstellt.
Gebauter Aufbruch – Synagogen in Deutschland
Ebenfalls Teil der Biennale ist eine Ausstellung über Synagogen in Deutschland. Sie ist ab dem 13. Mai in der Evangelischen Stadtakademie Bochum in der Klinikstraße zu sehen. Die Ausstellung präsentiert 16 der neu gebauten Synagogen in Deutschland. Sie sind in den letzten 15 Jahren entstanden und zeichnen sich durch „mutige Architektursprache ohne jeden Historismus aus“, so die Organisatoren der Ausstellung. Vorgestellt werden nicht nur Neubauten, sonder auch umgenutzte Kirchen.
Wer ein Konzert hören oder an einer Führung teilnehmen möchte, wendet sich am Besten an die üblichen Kartenvorverkaufstellen oder die Tickethotline (+49 (0)1805-15 2010). Wer an der Tagung teilnehmen möchte, sollte sich anmelden und findet mehr Informationen unter: www.kircheundgesellschaft.de/veranstaltungen. Mehr über die Ausstellung erfährt man unter: www.stadtakademie.de
Veranstaltungshinweise
13. Mai, 17 Uhr
Vortrag „Zur Geschichte der Synagogen
in Deutschland“, Dr.-Ing. Ulrich Knufinke
Im Anschluss Eröffnung der Ausstellung
„Neue Synagogen in Deutschland“
Evangelische Stadtakademie Bochum
11.–13. Juni
„Soviel Aufbruch war nie …“, Neue Synagogen
und ihre Gemeinden: Chancen
für Integration und Dialog Tagung
Ev. Stadtakademie Bochum/Synagoge
Bochum/Haus Villigst
16. Juni, 19.30 Uhr
Hoffnung auf Achtung und dialogische
Antwort. Für ein neues Verhältnis zwischen
Juden und Christen, Vortrag
Evangelische Stadtakademie Bochum
27. Juni, 16 Uhr
Enthüllung der Mendel-Stele an der
neuen Bochumer Synagoge, anschl.
um 17 Uhr: Der Mensch – wie Gras
sind seine Tage, Bat Kol David, (Dortmund),
Konzert
Synagoge Bochum
10. Juli, 19 Uhr
Et dodim cala … Komm in meinen
Garten Sephardische Musik, Konzert
& Kulinarik, anschl. kulinarischer
Abend mit jüdischer Küche im
Gemeindehaus
Dorfkirche Bochum-Stiepel
FÜHRUNGEN IN BOCHUM
19. Mai, 18–19.30 Uhr
Spuren im Stein – Rundgang
Jüdischer Friedhof Wiemelhausen
29. Mai, 14 Uhr
Stadtrundgang: Spuren jüdischen
Lebens in Bochum
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