Nicht nur Pia, eine der Protagonistinnen des Buches, mag Klischees – die Autorin mag sie scheinbar auch. Ihr großes Thema ist Sex. Kein unwichtiges oder gar uninteressantes Thema, doch bitte wen interessieren Sexstories zwischen „Bücherstapeln und Hausarbeiten?“ Dass das Leben an der Uni mehr als Referate vorbereiten und Vorlesungen besuchen zu bieten hat, dürfte jeder/m klar sein, die/der nur wenige Schritte über den Campus geht. Dass es ein großes Angebot an Parties, kulturellen Veranstaltungen oder Sport gibt, haben die Erstsemester nicht zuletzt auf der Immatrikulationsfeier zu hören bekommen. Warum also ein Buch darüber schreiben und das auch noch schlecht? Weil die Autorin schon so viele Geschichten gehört hat – „darüber könnte ich ein ganzen Buch schreiben“, dachte sich Licht.
Alter, Sterne sind so geil
Biologisch gesehen seien die Menschen, die sich an der Uni tummeln, auf der Höhe ihrer Fortpflanzungsfähigkeit, so die Autorin – deswegen wirke die Stimmung häufig so sexuell aufgeladen. Und damit ist das Thema für ein Buch schnell gefunden und runtergeschrieben. So wirkt es jedenfalls. „Ich wollte witzige Storys, romantische Storys, peinliche Storys. Aber der Sex sollte trotzdem realistisch sein. Fast so, als stünde man direkt daneben und würde alles live miterleben“, erzählt Licht in einem Interview. In der Bibliothek des Historischen Instituts der RUB soll es sich zugetragen haben, dass Jelena ihrem kurzfristigen Geschlechtspartner, an ein Bücherregal gelehnt, „Lecken und Fingern“ befahl: „Dann suchte sie erneut nach Halt im Bücherregal. Ich war total benommen und fing brav an sie zu lecken.“ Witzige Story? Nein. Und daneben will man wohl auch nicht stehen. Dafür, dass die ProtagonistInnen ihres Buches teilweise keine guten Umgangsformen haben, wie eben auch die Aussage „Alter, Sterne sind so geil“ verdeutlicht, kann sie nichts; aber wir können auch ohne dieses Werk, das die verbalen Ergüsse in nicht weniger stilvoll geschrieben Sätzen wiedergibt, leben.
Klischee, ich komme
Peinlich sind die Geschichten in der Tat – vor allem peinlich geschildert. Die Autorin ist Diplom-Biologin und angehende Medizinerin. Ein Klischee besagt, dass NaturwissenschaftlerInnen nicht schreiben können; leider ist dieses Buch der Beweis dafür. Die Frauen in ihren Geschichten sind fast ausnahmslos zunächst entweder schüchtern, dann ganz wild oder von Anfang an ganz wild und können sich nichts Besseres vorstellen, als sich den Typen an den Hals zu werfen. Die Männer sind entweder totale Aufreißer oder nette Geologiestudenten, die eben einfach nur nett sind. Oder auch der Mathematikstudent, der „so etwas Strenges an sich hat, so eine Art natürliche Autorität, und ich hätte nie gedacht, dass ich so darauf abfahren würde.“ Geschichten über homosexuelle Verbindungen finden sich gar nicht. Die meisten spielen übrigens an der RUB. Hier liegt scheinbar Liebe in der Luft…
Sex – ja bitte
Es ist überhaupt nichts gegen Sex einzuwenden – Hinweise auf Einverständnis beider und Verhütung müssen nicht betont werden – auch nicht gegen Sex auf dem Campus; aber wenn der Geschlechtsakt schon in der Realität langweilig erscheint, kann man sich die Mühe, ein Buch darüber zu schreiben, sparen. Es bessert vielleicht die Studiengebührenkasse der Autorin auf – zumindest etwas; aber wer Lust hat, erotische Geschichten zu lesen, dem seien die Klassiker wie Henry Miller und Anaïs Nais oder das Dekameron von Boccaccio ans Herz gelegt. Selbst Bukowski wusste origineller über die Fickerei zu schreiben.
Kira Licht, „Unisex“
250 S., Schwarzkopf &Schwarzhopf Verlag, 9,90 Euro
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