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James Bond kommt auf die Bühne, es erklingt das berühmte Dadam-Da-Dadam-Da-Dadamdadamdam, Pistolenschuss im Spotlight, Geiselbefreiung, schöne Live-Gesangseinlage. So weit, so kopiert. Danach eine bizarre Geburtsszene in grünem, flakkerndem Kellerlicht, brutal erzwungen von einem wahnsinnigen Wissenschaftler und dem geisteskranken Vater. Huch? Was war das denn? Sowas gehört aber nicht in eine Lustig-Haha-Parodie.

Später kommt noch mehr, was das nach Schenkelklopfern gierende Publikum nicht erwartet hat. Der große Wurf war wohl ge­plant. Und das war auch nötig. Denn während „He-Man“ und „The A-Team Begins“ campige Liebeserklärungen an Popkultur-Trash waren, die einfach so funktionieren, braucht es für ein Kaliber wie James Bond mehr. Alle paar Jahre kommt eine Agentenkomödie in die Kinos, „Austin Powers“ ist nur eine unter vielen. Wieso glaubt man in Bochum, dass das auf der Bühne besser geht?

Furzgags und Genderdiskurs

Es geht. Nicht unbedingt besser, aber wirklich unterhaltsam und auf jeden Fall anders. Im Laufe der Geschichte deckt Bond eine weltumspannende Verschwörung um den mysteriösen Doktor Fart und Baron Vitruv auf, die ihn nach London, Kairo, Boston und Zürich führt. Neben ausgedehnt durchchoreografierten Actionszenen und den Gags, für die man Theater Phalanx kennt, fallen ein paar Dinge besonders auf. So gibt es einen Teil, der sich wirklich nicht für zarte Gemüter eignet und mehr sadistischen Gewaltfilmen wie „Saw“ oder „Hostel“ gleicht als einem amateurhaften Bühnenstück an der RUB. Schon im Foyer wird auf Hinweisschildern gewarnt: „Die ersten drei Reihen könnten mit Theaterblut bespritzt werden.“ Diese durchaus gewagte Szene ist der eigentliche Höhepunkt des Stücks.

Außerdem werden aktuelle gesellschaftspolitische Themen aufgegriffen. Die Scheinheiligkeit von Promi-Wohlfahrt wird genauso durch den Kakao gezogen wie der nebelhafte Wunsch unserer Zeit nach neuen revolutionären Bewegungen und mehr Idealismus. Hertrich hat auch diesmal im Genderdiskurs nachgetreten, indem weibliche Charaktere ihre Rollenbilder vollkommen pervertieren.
Die ganze Zeit kokettiert die Inszenierung mit der Medialität der Theaterbühne. Es wird sich abgearbeitet an häufigen filmartigen Szenenwechseln, einer Einbindung des Publikums in die Geschichte, Videoclips vom Campus, Nachrichteneinspielungen, Parallelhandlungen auf verschiedenen Bühnenteilen, Live-Kameras, einer Musical-Nummer, stimmiger Pianobegleitung und sogar Musikabmischung über ein Fahrrad. Eine weitere Steigerung des Bombastischen in einem solchen Bühnenrahmen kann man sich eigentlich nicht denken. Hier wurde Effekt an Effekt gereiht.

Der beste Q aller Zeiten

Das Wichtigste zuerst: Der Hauptdarsteller Timo Knop sieht im Anzug gut aus. Er gibt James Bond ähnlich lässig wie vormals Hannibal beim A-Team, aber zum Glück mit mehr Energie. Christian Freund kann als psychopathischer Baron Vitruv glänzen; wahnsinniges Kichern, kranker Blick und unnatürliche Haltung inklusive. Zum absoluten Publikumsliebling mauserte sich Q, gespielt von Patrick Praschma. Vollkommen durchgeknallt mit quakender Stimme schüttelt er die Lacher aus dem Ärmel. John Cleese kann einpacken. Auch überzeugen können Elena Resch und Caroline Klinski, die durch ihre Darstellung ganze Szenen tragen. Zugegeben, das Stück trieft nur so vor Overacting. Feingeistige Schauspielkunst kann man halt im Schauspielhaus erwarten, nicht im Phalanx’schen Theaterzirkus.

Wenngleich Theater Phalanx einen elementaren Schritt von der reinen Fan-Befriedigung weitergekommen ist, hat bei der Premiere noch nicht alles reibungslos geklappt. Die Anhäufung der vielen Zitate wirkte bisweilen erzwungen, das Timing wurde manchmal verhauen, Beleuchtung und Sound fehlte die Routine. Außerdem litt unter der gewaltigen Inszenierung die Dramaturgie. Während sich der Plot bei den beiden Vorgängerstücken noch schön klassisch aufgebaut hat, verliert sich diese Geschichte hier zwischen den Szenen. Aber bis zur Wiederaufführung im April bleibt ja noch ein bisschen Zeit zum polieren. Das riesige Spektakel auf der Bühne bereitet trotz allem einen Heidenspaß.
Mission erfüllt, 007.

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