Obwohl der Verein eigentlich erst 1938 gegründet wurde, beginnt die Geschichte des VfL Bochum 1848. Damals spielte man jedoch noch keinen Fußball – der Ballsport kommt erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts über den Ärmelkanal richtig in Deutschland an. Im Jahr der deutschen Revolution entsteht die Idee eines Turnvereins, die ein Jahr später Gestalt annimmt. 1907 wird in Bochum zum ersten Mal offiziell der Ball getreten. Ab 1911 rollt das Leder auch auf dem Vereinsplatz an der „Castroper“: „Der VfL kommt von der Castroper Straße und hier soll er auch bleiben,“ sagte Ottokar Wüst, der „Vater des Ruhrstadions“ – und so ist es seit nunmehr 100 Jahren.
Geschichte, Geschichte
Der Historiker Henry Wahlig erzählt mit Unterstützung von zehn anderen Journalisten und Mitarbeitern der Presseabteilung des VfL in kurzen, dennoch ausführlichen Kapiteln von den verschiedenen Stadien des Bochumer Stadions und des Vereins. Man muss nicht unbedingt Fan des VfL Bochum oder von Fußball überhaupt sein, um Spaß an dem Buch zu haben. So erfährt man beim Lesen eine Menge über die Stadtgeschichte. Unaufgeregt und informativ arbeitet Wahlig die Zeit des Stadions unter der Naziherrschaft auf. In diese fällt auch die Gründung des heutigen VfL. Seit Beginn der 30er Jahre gab es Pläne, den proletarisch geprägten Verein Germania Bochum und den bürgerlichen TUS Bochum zu vereinen. Dies scheiterte aber immer wieder am Widerstand der jeweiligen Mitglieder. Erst unter dem Druck der Nazis lösen die Mitglieder der beiden gegensätzlichen Vereine diese auf und schließen sich zum VfL Bochum 1848 zusammen.
Das „Schmuckkästchen“
Was die Stadt und den Verein miteinander verbindet, ist vor allem das Stadion. Der Stadt Bochum gehört das Grundstück und das Stadtion, der VfL ist lediglich Pächter und Hauptnutzer. Das Ruhrstadion, so wie es heute fast mitten in der Stadt steht, gibt es erst seit 1979. Seit den 50er Jahren kämpften der Vorstand und seit 1966 Präsident Ottokar Wüst mit der Stadt um einen Neubau des in die Jahre gekommenen Stadions. Spätestens mit dem Einzug in die erste Bundesliga 1971 wurde auch der Stadt klar: Der Verein braucht ein größeres Stadion. Zudem hätte der VfL fast die Lizenz für die erste Bundesliga verloren, da die alte Spielstätte den Standards des Deutschen Fußballbunds nicht mehr genügte. So musste die Stadt 1972 reagieren: Flutlicht-Masten wurden installiert.
Anlässlich der Meisterfeier in Dortmund konstatierte der ehemalige Pressesprecher Dortmunds am vergangenen Wochenende: „Ein Fußballverein ist unglaublich wichtig für die Außenwirkung einer Stadt.“ So hieß es in Bochum, lange Zeit bevor der VfL für mehr als zwanzig Jahre in der ersten Liga heimisch wurde, dass die sportlichen Leistungen „zu schwach, zu unkonstant schienen, als dass sich das kostspielige Experiment eines Stadion-Neubaus riskieren ließe.“
Leder und Nähe
Neben der Vereinsgeschichte und der des Stadions versammelt das Buch Berichte von legendären Spielen, Interviews und viele Geschichten über Fans. Toto und Harry und die Bürgermeisterin Ottilie Scholz dürfen natürlich auch nicht fehlen. Und immer wieder ist von Nähe die Rede. Die Nähe des Stadions zur Innenstadt, die Nähe der Zuschauer zum Spielfeld, die Nähe zwischen Fans und Verein. Und im Juni wird es die Nähe zwischen Bochum und dem internationalen Fußball sein. Dann werden bei der Fußball-WM der Frauen Japan gegen Neuseeland, Kanada gegen Frankreich, Australien gegen Äquatorial-Guinea und Nordkorea gegen Kolumbien „anner Castroper“ ihre Vorrundenspiele bestreiten. Und wenn der Budenbesitzer aus Hamme recht hat, dann wird dort in der nächsten Saison wieder Erstliga-Fußball gespielt: „Mit dem Sieg heute ist doch alles klar, das machen die Jungs mit Links: Gladbach ist für Bochum ein dankbarer Gegner!“
Henry Wahlig: „anne Castroper“
Werkstatt Verlag, 2011. 24,95 Euro
0 comments