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Nicht nur die künstlerische, sondern auch die gesellschaftliche Relevanz der drei Video­tage und -nächte wurde schon durch die politischen Subtexte vieler der rund 1.000 Einsendungen von Video-Künstler_innen aus (fast) aller Welt akzentuiert. Interkulturalität steht ganz oben auf der Festival-Agenda mit Beiträgen aus 20 Ländern von vier Kontinenten im Hauptwettbewerb. Dort wurden durch eine sechsköpfige Jury, der unter anderem die renommierte kenianische Filmemacherin Hawa Essuman angehörte, drei Preise vergeben. Interkulturalität war auch das zentrale Thema des Gewinnervideos „Die Reise zurück“ der im niederländischen Maastricht ausgebildeten deutschen Video­künstlerin Susie Sie: Der Kurzfilm mit beinahe maximaler Wettbewerbslänge von rund 35 Minuten „thematisiert den kulturellen Zwiespalt meines verstorbenen Vaters indonesischer Herkunft“, heißt es in der Filmbeschreibung der Künstlerin im Festivalkatalog. „Es ist eine Dokumentation über längst vergessene Träume, der Suche nach uns selbst und der Macht verborgener Sehnsüchte.“

Wolfszeit ohne Schauspieler

Man nehme die Schlüsselszene von Ingmar Bergmans Filmklassiker Wolfsstunde („Vargtimmen“) aus dem Jahr 1968, lasse sämtliche Akteure weg und unterlege die verbleibenden Naturaufnahmen von schroffem Gestein mit dramatischer Musik. Mit diesem genial-simplen Rezept gewann der österreichische (Kurz-)Filmemacher Georg Tiller für seinen anspruchsvollen narrativ-experimentellen sechsminütigen Beitrag den zweiten Hauptpreis des Festivals.

Einer ähnlichen Kategorie ist auch der experimentierfreudige Beitrag „Forbidden Places“ der in England lebenden Videokünstler Wojtas und Aleksandrowicz zuzuordnen, deren visuelles „Märchen über die menschliche Umwelt und die Erforschung der Koexistenz von Mensch und Natur“ mit dem dritten Preis belohnt wurde: „Mutierte synthetische Strukturen“ fungieren hier als „Symbol des modernen alltäglichen Konsummülls“ und verbinden sich auf magisch-realistische Weise mit der natürlichen Umwelt. Mit der Betonung des Experimentellen setzte die aktuelle Jury des internationalen Wettbewerbs einen Gegenakzent zu den prämierten Beiträgen der Vorjahre, in denen der Schwerpunkt eher auf narrativen Beiträgen lag.

Die gegenwärtig relevanten Spezifika des Mediums Video – vor allem in Abgrenzung zum Kurzfilm – wurden beim 21. Internationalen Videofestival insbesondere durch die Einführung einer neuen Wettbewerbskategorie hervorgehoben: dem MobileVideo Contest, wo Handy-Videos zum Zuge kamen. Auch manifestierte sich der Aspekt der Allgegenwärtigkeit visueller Observation in Anbetracht von immer mehr Handy-Kameras sowie einer rasch anwachsenden Zahl festinstallierter Kameras im öffentlichen Raum nicht nur in der neuen Wettbewerbskategorie. Auch andere Einsendungen thematisierten vielfach implizit die ausufernde Überwachung des Individuums durch private oder staatliche Institutionen. So etwa nahm der Beitrag „Turning Torso“ das Gefühl des permanenten Beobachtet-Werdens des Protagonisten unter die Lupe.

The show must go on

Hochzufrieden zeigte sich die Festival-Leitung mit dem diesjährigen Verlauf: „Auch wenn immer weniger Fördergelder fließen, kommen wir klar“, sagt der auch für die Finanzen verantwortliche Kunstgeschichtsstudent Yves Suermann vom dreiköpfigen Leitungsteam des 21. Videofestivals. „Wir sparen seit dem letzten Jahr konsequent ein – so zum Beispiel beim Catering.“ Für Yves, der angesichts des unbezahlten Festival-Vollzeitjobs dieses Jahr keine Scheine im Studium machen wird, steht jedoch fest, dass der Eintritt zum Video-Programm auch künftig frei sein soll: „Wir sind nach wie vor eine Non-profit-Veranstaltung mit einem tollen Team aus ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Nur durch die diesmal hervorragend besuchten Partys wird ein Teil der Ausgaben durch Eintrittsgelder gegenfinanziert. Bei einem renommierten Line-up mit einem prominenten Techno-DJ wie ND_Baum­ecker bei der Abschlussparty in der Rotunde des Katholikentagsbahnhofs war dann am letzten Festivalabend leider auch ein wenig studifreundlicher Eintritt von 10 Euro fällig.

Guter Support trotz Brandschutz-Bürokratie

Was die Festival-Organisation betrifft, lobt Yves Suermann die in diesem Jahr hervorragende institutionelle Unterstützung: „Wir waren mit der Zusammenarbeit mit den Institutionen auf dem Campus sehr zufrieden. Insbesondere die Kooperation mit dem AStA hat bestens funktioniert.“ Dies gilt neben der Uni-Leitung weitgehend auch für das Musische Zentrum (MZ): „Die interne Zusammenarbeit im MZ ist weiterhin vorbildlich – insbesondere mit der Leiterin der Studiobühne, Karin Freymeyer.“ Yves Suermann muss aber einen entscheidenden Abstrich machen: „Die neuen Brandschutzvorschriften im MZ machen uns jedoch zu schaffen. Vor allem die hohen Kosten für Gutachten sind problematisch.“ Derartige bürokratische Bestimmungen haben beispielsweise das Theaterfestival magaFON bereits zum Exodus aus dem MZ bewogen.

Weitere Infos: www.videofestival.org

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