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„Der Name ist wie ein Ninja-Wurfstern. Man kann ihn drehen wie man will – er bleibt stets eine tödliche Waffe“, sagt der Initiator der Lesereihe, der namentlich nicht genannt werden will, „um ein wenig Ninjahaftigkeit zu bewahren“, wie er sagt. Was es mit diesen Ninjas auf sich hat, erklärt er so: „Wir infiltrieren die Wiese vorm TUZ. Blitzschnell wie Ninjas stürmen wir sie mit unserem Bier und unseren Texten. Dort machen wir uns breit, treten in Aktion und ziehen spurlos wieder ab. Außerdem sind Ninjas ziemlich cool.“ Auf den Einwand, dass Ninjas doch eher ungesehen agieren, entgegnet der Student diverser Geistes- und Sprachwissenschaften: „Ja, wir wollen gesehen werden. Da unterscheiden wir uns von den alten Clans. Wir agieren am helllichten Tag. Wir schlagen jedem Vorbeigehenden die Faust ordentlichen Studentenlebens ins Gesicht und bohren ihnen das Kultur-Katana tief in die Brust.“

Kulturpiraten und Literaturninjas sind nicht genug

Es geht um Entschleunigung, Menschlichkeit, Kapitalismuskritik, Kultur, junge Kunst von der Uni, um eine bessere Welt. Welch hehrer Idealismus. Wie sieht das in der Realität aus? Philipp Dorok war von der Geburt des Gedankens zur Reihe bei der Planung und als Lesender mit dabei. „Wer Lust hat, einen Text zu lesen, legt einfach los. Der Wiesensturm ist eine der besten denkbaren Möglichkeiten, seine Freistunden und Pausen zwischen den Veranstaltungen spaßig und sinnvoll zu gestalten. Wiesensturm ist studentische Kultur in Reimkultur, oder auch in Ungereimtheiten, je nach Text.“
Der Fachschaftsrat Germanistik unterstützt diese ungewöhnliche Lesereihe finanziell (Getränke und Eis gehören dazu und sind umsonst) und moralisch. Dessen Sprecherin, Anna Neuhaus, gehört selbst der schreibenden Ninjazunft an: „Es bleibt für alle Neugierigen, Kreativen, Stressgeplagten und Spaßsuchenden nur zu hoffen, das eine solche Veranstaltung weiterhin bestehen bleibt oder besser noch Ihresgleichen findet.“ Ob es denn nicht schon genug Lesebühnen gebe, wird Philipp gefragt, der ja selbst mit der Initiative Treibgut die etablierte „Gestrandet“-Lesereihe durchführt – dort  unter Piratenflagge. Es könne „zur Bereicherung des Campuslebens eigentlich nie genug Lesebühnen geben“, so der Promotionsstudent. „Studentische Campuskultur gehört einfach dazu, wenn man etwas von seinem Studium haben möchte.“

Die Bühne ist offen wie die Wiese selbst

In der Tat unterscheidet sich der Wiesensturm von herkömmlichen Lesebühnen oder gar von Poetry Slams. Die Wahl des Ortes und des Zeitpunkts ist ungewöhnlich. Es handelt sich nicht um ein Abendprogramm. Mittags bis nachmittags wird die Wiese zwischen G-Gebäuden und TUZ zur Bühne. „Es kotzt mich an, anzusehen, wie viel Zeit tagsüber vergeudet wird, in Freistunden etwa. Diese Aktivitätslöcher gilt es zu stopfen“, so der „Oberninja“. Daher der Spruch auf den Plakaten: „Als ob du was besseres zu tun hättest!“ Das Spektrum des Dargebotenen ist nicht bloß Slam Poetry. Zum Mitmachen eingeladen sind alle, die Bühne ist und bleibt offen. Auch wer selbst nicht schreibt, darf Werke aus fremder Feder verlesen. Es gibt „Satiren, Kurzgeschichten, Gedichte, Slamtexte und sogar Romanfragmente zu hören, dass literarisch die Fetzen fliegen“, sagt Dorok.

Bislang konnten die Studierenden der RUB drei Mal zu Genießenden und Lauschenden werden, zwei Mal im vergangenen, ein Mal in diesem Sommersemester. Die Wiese war dabei erst ein Mal Schauplatz. Schuld waren Stürme im eigentlichen Wortsinn. „Wir lassen uns von schlechtem Wetter nicht abschrecken. Wenn ich zwischen den Seminaren den Sommer bei einer guten Kurzgeschichte und einem Bierchen genießen will, dann tu ich das auch“, sagt der Initiator.
Und in Zukunft? Es gibt Überlegungen, die Reihe auch im Winter fortzuführen, mit Schneemannbauen und Glühwein. Aber erst ist noch Sommer. Da wird noch mindestens ein Mal gelesen. Dass das kommenden Freitag, 14 Uhr sein wird, wollen die Ninjas nicht verraten, damit der Sturm ein überraschender Ninjaangriff wird.

 

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