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Hallo, da bin ich. Vielleicht willst du es nicht wahr haben, doch sei dir sicher: Ich bin da. Du kannst mich nicht verdrängen. Ich treffe dich so, wie es am meisten weh tut. Du wirst machen, was ich will. Ich wachse aus deiner Verzweiflung und du stärkst mich mit Verdrängung. Schönen guten Tag, mein Name ist Tourette.
 Wenn das wichtigste studentische Organ am Tourette-Syndrom erkrankt ist, stellt das Gehirn das Leben auf den Kopf. Genauso geht es Olaf, der vor etwa drei Monaten die Diagnose erhielt. Schon etwa seit der fünften Klasse hatte er Veränderungen in seinem Kopf gespürt, die sich verschlimmernden Krankheitssymptome unterdrückt. Erst mit 23 hielt er die ständige Anspannung, verursacht durch die Unterdrückung, nicht mehr aus und ging zum Arzt, der ganz klar die Diagnose „Tourette-Syndrom“ stellte.
Obwohl die offensichtlichen Anzeichen der Nervenkrankheit in der Öffentlichkeit klar erscheinen, sind viele Menschen unwissend und reagieren mit Spott und Unverständnis. Bei einem Erkrankten ist, nach bisherigem Forschungsstand, die Übertragung des Botenstoffes Dopamin im Gehirn gestört. Diese Störung verursacht eine Störung in der Kontrolle bestimmter Bewegungs- oder Sprachmustern, was einen sogenannten „Tic“ verursacht. Ganz individuell nach Krankheitsschwere und -bild beginnen sie im motorischen Bereich bei einem Zucken der Augenlieder bis hin zu Gesichtsverzerrungen, Springen und Schlagen reichen kann. Vokale Tics reichen von Geräuschartikulationen bis hin zur Wiederholung von Gesagtem oder Flüchen und Obszönitäten. Besonders letztere, die sogenannte Koprolalie, prägt oft das Bild des Tourette-Syndroms in der Öffentlichkeit. Sie erregt wohl die meiste Aufmerksamkeit, weil sie neben einem provozierendem Effekt auch noch die Sensationsgeilheit der Menschen und der Medien befriedigt. Es sind die Mitmenschen, die das Leid der Betroffenen durch ihr Verhalten multiplizieren.
20 Prozent lachen
Das Bedürfnis, sich erklären zu wollen, hat auch Olaf, wenn er an der Ruhr-Universität ist und durch seine „Tics“ auffällt. Wenn er in Vorlesungen sein Gesicht verzieht und Laute äußert drehen sich Köpfe nach ihm, obwohl er sehr offen mit seiner Krankheit umgeht. Seine Dozenten und Kommilitonen in den Fächern Sport und Germanistik haben aber seltener ein Problem damit als Menschen außerhalb der Uni. Olaf beschreibt die Reaktionen wie folgt: „60 Prozent der Leute gucken, 20 Prozen lachen und mit den anderen 20 Prozent beginnt ein interessantes Gespräch.“ Dabei kann sein Syndrom auch als eine Art Kontaktfilter genutzt werden, denn Menschen, die mit seiner Krankheit nicht zurechtkommen sind meist wenig respektvoll und tolerant. Trotzdem kann und will der 23jährige sich nicht jedem Menschen erklären. Die Krankheit macht jeden Tag zu einem Kampf, weswegen er seine Semesterwochenstunden seit der Diagnose reduziert hat. Das Sportstudium hilft ihm zwar durch Ablenkung und Konzentration, doch jegliche Art von Stress verschlimmert die Tics. Rückstand beim Volleyball, Prüfungssituationen, emotionale Gespräche oder Sorgen lassen den „Kobold in seinem Gehirn ihm einen Streich spielen“.
Teufelskreis
Helfen können ihm, neben der Anwendung verschiedener Medikamente, progressive Muskelentspannung und mentale Stabilität. Das psychische Ausgeglichenheit mit Tourette um so schwerer zu erreichen ist und die unheilbare Krankheit sich dadurch quasi selbst verstärkt, ein Teufelskreis. Ebenso wie die Gegenläufigkeit der Tics, in stillen Situationen zum Beispiel äußern sie sich in Lauten, in geräuschvollen Kulissen, in Motorik. Dabei erlebt Olaf alle seine Tics ganz bewusst, wenn sie auch unwillkürlich sind. Es verhält sich mit ihnen ungefähr so, wie mit dem Nießen: Du kannst es zwar unterdrücken, aber nur für eine gewisse Zeit. Es ist trotzdem immer da, und je mehr du es unterdrückst, desto schlimmer wird die Anspannung und der Effekt.
jkae
Weitere Informationen zum Tourette-Syndrom: tourette-online.de
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