Die G8 bemühen sich immer wieder um das Image tatkräftiger Löser von Menschheitsproblemen wie dem Klimawandel oder der Unterentwicklung und Verschuldung der Länder der Dritten Welt. Entsprechende Initiativen und Ziele werden gerne vollmundig der Öffentlichkeit mitgeteilt. Im Rahmen der Gipfel-Treffens in Okinawa verpflichteten sich die G8 zur verstärkten Unterstützung der UNESCO-Initiative „Education for all“ und auf das Ziel, bis 2015 möge jeder Mensch Zugang zu Grundbildung haben. Doch was ist von dieser Verpflichtung zu halten? Wollen die G8 Bildung für alle?
Konkreter wurden die G8 , in der 1999 verabschiedeten Köln-Charta. Bildung wird in der Charta weniger als Erwerb der Befähigung zu Demokratie und Selbstbestimmung als Ausbildung für die „Wirtschaft“ und Eingliederung in die Gesellschaft mit der bestehenden Ordnung gesehen. Diese Sichtweise ist für Regierungen gewiss nicht unüblich, sie darf jedoch nicht vergessen werden, wenn man die Versprechungen der G8 realistisch einschätzen will. Im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung der Köln-Charta erhalten zum Beispiel auch verheißungsvolle Begriffe wie „lebenslanges Lernen“, „Bildung für alle“ und „kostenfreie Grundbildung“ einen bitteren Beigeschmack, zumal sie mit Privatisierung, Humankapital, und „Bildungsmarkt“ in einem Atemzug genannt werden.
Auf nach Heiligendamm!
Auch der Ruf der G8 nach kostenfreie Grundbildung ist keine Wohltätigkeit, sondern vorrangig Mittel zum Zweck: „Wirtschaftlicher und sozialer Wohlstand“ im Sinne der Industriestaaten im 21.Jahrhundert hängen davon ab, dass diese möglichst alle Mitglieder ihrer Gesellschaften mit einer entsprechende Bildung auf eine Verwendung als geeignete Arbeitskräfte vorbereiten. Und da ist es vorteilhaft, wenn staatliche und betriebliche Ausbildungsstätten aus einem möglichst großen Pool von entsprechende vorgebildeten KandidatInnen schöpfen können. Dementsprechend wird Bildung zur hochrentablen Investition in die Zukunft der eigenen Zukunft degradiert. Eine Investition, deren Gewinnaussichten transparent sein müssen. Die G8-Forderung nach fortgesetzten Entwicklung und Vervollkommnung international anerkannter Tests zur vergleichenden Beurteilung von Lernergebnissen soll beitragen zur Umwandlung von Bildung in eine marktfähige „Ware“.
Solche Beschlüsse bleiben nicht folgenlos. In den internationalen Organisationen geht nichts gegen den Willen der G8. Da ist es keine leere Drohung, wenn der WTO-Gründungsgeneraldirektor Peter Sutherland fordert, „die Verantwortung für die Ausbildung ein für allemal der Industrie unterstellt werden muss“. Vielmehr wird klar, in welche Richtung der Dampfer steuert. Die öffentliche Hand soll sich auf die Vermittlung von Grundbildung für möglichst alle zurückziehen und in die höhere Bildung vorrangig durch „Anreize“ eingreifen. Und sie ansonsten den Unternehmen zur Ausgestaltung und Vermarktung überlassen. Der globale Bildungsmarkt hat, einmal privatisiert, ein Volumen von 2.200.000.000.000 US-Dollar pro Jahr. Wer Bildung als Investition sieht, will folgerichtig, dass sie auch bezahlt werden muss Wer nicht zahlen will und Bildung nicht als Ware sieht, ist gut beraten, sich in die Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm einzubringen. Bildung kann weder ge- noch verkauft werden, sie muss angeeignet werden, durch Lernen und Reflektion. Eine andere Welt ist möglich, Bildung als Ware ist unmöglich. Teilen wir´s den G8 massenhaft und lautstark mit.
Susanne Schäfer
attac campus bochum
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