Trump hat die Wahl gewonnen — das wissen wir bereits. Bekannt dafür, misogyne Ansichten zu vertreten, versammelt Trump auch eine männliche Anhängerschaft hinter sich, die sich vor allem mit einer bestimmten Parole zuletzt immer mehr Gehör verschafft. Was steckt hinter „your body, my choice“? 

Kommt Euch die Parole „your body, my choice“ irgendwie bekannt vor, aber Ihr wisst nicht, woher? Nun, vielleicht kanntet Ihr sie bereits in ihrer ursprünglichen Form, bevor sie in das Gewand der Misogynie gezwungen wurde. Mit „My body, my choice“ intendieren Frauen*rechtsaktivist:innen seit den 1960er Jahren vor allem im punkto Abtreibung ein Zeichen zu setzen: Ob sie eine Schwangerschaft austragen oder frühzeitig anbrechen wollen, soll nicht der Staat durch rigide Vorgaben bestimmen können, sondern sie selbst. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung, stellt dabei eines der Hauptargumente dar. 
Diese Parole rückte zuletzt unter anderem als Antwort auf die Verschärfungen des Abtreibungsgesetzes in einigen Bundestaaten der USA wieder mehr in der Öffentlichkeit. Worte können zu etwas größerem werden, die Flamme, die ein größeres Feuer entfacht. Natürlich wird jetzt versucht, diese zu ersticken. Dabei wird versucht, diesen Frauen, dieselben Worte zu nehmen, die ihnen im Kampf für ihre Rechte wie ein Mantra Kraft zu geben schienen. Der Unterschied besteht lediglich in einem Tausch der Possessivpronomen „my body“ zu „your body“. So eigneten sich diese Phrase primär männliche Sprecher an, um gegenüber Frauen zu verkündigen, dass sie Macht über deren Körper haben. 

Das Absurdeste? Von einem politischen Diskurs über Frauenrechte scheint die Parole nun etwas Multidimensionales, gar, Metaphysisches geworden zu sein — wie ein Schlachtruf, der Männer nun auch in ihrer eigenen Identität stärken soll. Die neue Parole spielt scheinbar längst nicht mehr auf das Abtreibungseinschränkungen an. Sie manifestiert den sogenannten Male Gaze, das heißt, die Betrachtung und Bewertung des weiblichen Körpers aus männlicher Sicht.

Die Idee, über den weiblichen Körper bestimmen zu können, knüpft an historische Wertesysteme westeuropäischer Länder an. Die untergeordnete Rolle der Frau war unter anderem eng mit dem Bild des Mannes als Versorger verbunden: Nur durch die Versorgung von Ehefrau und Kindern konnte er seinen gesellschaftlichen Wert beweisen. Vice Versa sollten und sollen nach diesem Wertesystem Frauen und ihre Körper an erster Stelle Männern gefallen. Noch heute neigen manche Männer unter anderem deshalb dazu, Frauen abhängig zu machen und sie ungefragt zu beurteilen. Dass Donald Trump so viele Anhänger:innen hat, die über den weiblichen Körper bestimmen wollen, zeigt, dass solche Vorstellungen fortbestehen und oft, auch von Frauen selbst, nicht hinterfragt werden.

Der Male Gaze zeigt sich insbesondere in den Medien, wo die Perspektive der Frau oft zweitrangig ist. Auch die Dessous-Werbung mit Heidi und Leni Klum kann als Beispiel dafür interpretiert werden. Häufig geäußerte Kritik lautet hier, dass die Inszenierung nicht bloß Frauen zeigt, die sich in ihren Körpern wohlfühlen. Stattdessen ästhetisiert sie die Körper in verführerischen Szenen, wie Heidi Klum, die an den Dessous ihrer Tochter herumspielt. Im Gegensatz dazu könnte der Female Gaze Dessous aufgrund ihres Komforts hervorheben und Frauen in authentischen Alltagssituationen zeigen. Bewegungen wären natürlicher, ohne sinnlich inszenierte Eleganz. Frauen könnten sich selbst wieder erkennen – etwas, das im Werbeclip nicht der Fall ist. Stattdessen wird ein Selbstbild verkauft, das auf die Verführung von Männern setzt. Klar, man muss die Werbung nicht gleich als problematisch erachten. Schließlich ist ja erst mal nichts Verwerfliches daran, von anderen Menschen (egal, ob in einer hetero oder queeren Beziehung) begehrt werden zu wollen. Auch wenn das Bedürfnis nach Anerkennung menschlich und gesund ist, kann es in manchen Fällen jedoch ein ungesundes Ausmaß annehmen. Dann ist das Selbstwertgefühl primär von männlicher Zustimmung abhängig. Dies kann durch vermeintlich positiv konnotierte Medienbilder verstärkt werden. Was dabei wie Selbstermächtigung wirkt, kann teils mit internalisierten Vorstellungen von Wert und Anerkennung durch Männer verknüpft sein. Allerdings spielen dabei nicht bloß die Medien, sondern auch einige andere Faktoren wie ein niedriges Selbstwertgefühl eine Rolle.

Insgesamt könnte dies einen möglichen Erklärungsansatz von vielen für die hohe Anzahl an Trump Anhängerinnen darstellen. Vor allem in Zeiten von Unsicherheiten, suchen Menschen nach Möglichkeiten, sich durch ein Kollektiv als Individuum aufzuwerten. Deshalb dürfte die traditionellen Rollenbilder für viele Menschen eine Art und Weise darstellen auf der Bühne des Lebens wieder an Applaus zu gelangen. 
Autorin: Levinia Holtz

Die Idee, über den weiblichen Körper bestimmen zu können, knüpft an Wertesysteme westeuropäischer Länder an, die ihre Ursprünge weit in der Vergangenheit haben. 
Die untergeordnete Rolle der Frau stand eng mit dem Bild des Einkommens generierenden Versorgers in einer Abhängigkeit. Der Mann war nur wertvoll für die Gesellschaft genug, wenn er für eine Familie gesorgt hat. Und nach dieser Logik muss es Kinder und eine Ehefrau geben, die auf diese Unterstützung angewiesen sind und sie dadurch validieren. Noch heute neigen manche Männer unter anderem deshalb dazu, Frauen klein zu halten und sie von sich abhängig zu machen. Zudem werden Frauen normativ als Objekte verstanden, die Männern nicht bloß gefallen können, sondern sollen. Dass Donald Trump so viel Anhänger:innen hat, zeigt, dass solche Vorstellungen oft nicht hinterfragt werden. So leben diese Werte von Männlichkeit und Weiblichkeit auch in anderen gesellschaftlichen Kontexten unterschwellig weiter. 

Der Male Gaze manifestiert sich auch immer wieder in den Medien.  Die Perspektive der Frau ist scheinbar zweitrangig, denn als das „dominante Geschlecht“ soll vor allem der Nerv der Männer getroffen werden. Einem Mann zu gefallen, ist im traditionellen System mit finanzieller und somit allgemeiner Sicherheit verbunden — schließlich muss man ja irgendwie an einen Ehemann kommen, der für einen sorgt. Ein aktuelles Beispiel dafür sind die Schlagzeilen rund um Heidi und Leni Klum, in der sie in einer gemeinsam Dessous-Werbung als Tochter und Mutter Duo posieren. Die Kampagne löste heftige Diskussionen aus, da viele die Inszenierung als sexualisierend kritisierten. Solche Darstellungen förderten so nicht nur veraltete Geschlechterstereotype, sondern zementierten auch die Idee, dass Frauen – unabhängig von ihrem Alter oder ihrer Position – in erster Linie über ihre Körper definiert werden. Nun, selbst wenn man die Werbung nicht direkt so wahrgenommen hat, wird schnell eines klar: Der Wert des Produkts soll darin liegen, den Körper

Im Werbeclip werden nicht bloß zwei Frauen dargestellt, die sich wohl in ihren Körpern fühlen. Stattdessen werden sie ästhetisiert und als verführerisch inszeniert, in dem Heidi Klum beispielsweise an den Dessous ihrer Tochter herumspielt. 
In einer Darstellung aus dem „female Gaze” könnten die Dessous hingegen beispielsweise aufgrund ihres Komforts hervorheben und die Protagonistinnen in alltäglichen, authentischen Alltagssituation gezeigt werden. Die Bewegungen der Darstellerinnen wären ausgelassener und nicht so sinnlich und beabsichtigt elegant. So bewegt sich ja keine Frau, wenn sie nicht an einem Filmset dazu aufgefordert wird. In einer solchen Darstellung würden sich Frauen dann auch selbst wiederfinden. 
Dies ist in dem Werbeclip nicht der Fall, hier sollen Frauen sehen, was sie für Männer sein könnten. Der Selbstwert wird in Abhängigkeit der männlichen Begierde verkauft. Dies muss nicht gleich problematisch gesehen werden. Denn natürlich ist es normal und gesund, begehrt werden zu wollen. Anerkennung von anderen Menschen zu erhalten ist bis zu einem gewissen Grad ein menschliches Grundbedürfnis. In manchen Fällen kann dieser Wunsch jedoch das komplette Selbstbild und somit auch den Selbstwert vollständig bedingen. Was dann auf den ersten Blick wie Selbstermächtigung oder individuelle Entscheidungsfreiheit erscheinen mag – der Wunsch, begehrt zu werden oder die eigene Schönheit zu zelebrieren – ist so manchmal mit einer internalisierten Vorstellung von Wert und Anerkennung verknüpft, die durch männliche Zustimmung legitimiert wird.
Durch auf den ersten Blick positiv konnotierten Darstellungen in den Medien können Frauen dann darin bestärkt werden, sich primär über die Meinung der Männer zu definieren. Der Mann, der als starker Versorger die Frau besitzt, erhält also nun sein Gegenstück, das begehrt und deshalb auch besessen werden möchte. Das ist natürlich alles stark auf die Spitze getrieben. Aber diese Eskalation soll ein Wertesystem veranschaulichen, das in unterschiedlich starken Ausprägungen noch fortbesteht. 

Vor allem in Zeiten von Unsicherheitensuchen Menschen nach Möglichkeiten, sich durch ein Kollektiv als Individuum aufzuwerten. Deshalb dürfte die traditionellen Rollenbilder für viele Menschen eine Art und Weise darstellen auf der Bühne des Lebens wieder an Applaus zu gelangen. 
: Levinia Holtz

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