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„Wenn man in dem Hotel steht und die Atmosphäre in sich aufnimmt, wenn sich z.B. eine vergilbte Gardine bewegt, glaubt man Geister zu sehen“ – so beschreibt der Künstler seine Erfahrungen, die er während seiner Arbeit gemacht hat. „Es sind die Geister der Reisenden, der Prostituierten und ihrer Kunden, der Asylbewerber, der Künstler. Man weckt sie nicht, sie sind dort stets zugegen.“ Diese Geister zeugen von höchst unterschiedlichen Geschichten.

Prostituierte und Multimedia-Installationen

Nachdem das Hotel 1956 an der Rottstraße errichtet wurde, erlebte es eine sehr kurze Phase gewöhnlichen Geschäftsbetriebes. Bereits in den 60ern diente es den Prostituierten und ihren Freiern als Stundenhotel. Seitdem wurde in den Erhalt des Gebäudes nicht mehr viel investiert. Im Laufe der Jahrzehnte schlug sich der schleichende Verfall immer stärker in der Bausubstanz nieder. Zwischen 1992 und 1995 unterhielt die Stadt in dem Gebäude ein Flüchtlingsheim. Danach wurde es still in den Räumen des ehemaligen Hotels. Nur einmal noch wurde es wiederbelebt, als im Jahre 2001 Studierende des Fachbereichs Design der Dortmunder Fachhochschule unter dem Titel „Irritationen in Eden“ aufwändige Multimedia-Installationen in 14 Zimmern des Hauses zeigten. Doch letztendlich beschloss die Stadtverwaltung, das Hotel zu schließen, da die Sicherheitsrisiken zu groß waren. Seitdem verfällt das Hotel und ein Abriss scheint unausweichlich. Der neue Besitzer Petros Vasiliou plant (seit 2008) anstelle des Hotels einen Glücksspielbetrieb zu errichten. Doch noch immer ist keine städtische Baugenehmigung an den neuen Besitzer ergangen, da nach wie vor wichtige Unterlagen fehlen. Derweil verrottet das Gebäude weiter.

Wendepunkt Kulturachse

Mittlerweile ist in der Umgebung des verfallenden Hotels viel geschehen. Eine Kulturachse, die sich vom Kreativquartier Ehrenfeld entlang der Viktoriastraße bis hin zur Rottstraße zieht, hat sich in den letzten Jahren etabliert. Wer heutzutage die Galerien oder das Theater in der Rottstraße besuchen will, kommt unweigerlich an dem verfallenden Hotel vorbei. Wie ein Relikt aus längst vergessener Zeit wirkten bis vor kurzem noch die lebensecht großen Bilder zweier Portiers, die sich neben dem Haupteingang befanden. Sie schienen Reisende zu begrüßen, die niemals mehr ankommen würden. Von einem geheimen Leben im Inneren des Hotels zeugten Gerüchte und Hinterlassenschaften. Gesprühte Graffitis erinnerten an illegale Rave-Partys. Dazu ließen Reste von Kleidung und persönlichen Gegenständen vermuten, dass einst viele Obdachlose froh waren, in dem ehemaligen Hotel ein Dach über dem Kopf gefunden zu haben. Das Hotel wirkte mysteriös und bedrohlich. Die Fotografien von Thomas Bocian eröffnen nun eine neue Perspektive auf das Geisterhotel. Jedes Bild, zusammengesetzt aus einem Detail und einer Übersicht, suggeriert einen fiktiven Zusammenhalt in Form, Stofflichkeit und Farbigkeit. Durch die ungewöhnliche Perspektive findet eine Symbiose zwischen Realität und Fiktion statt. So zeigt sich, was bei normaler Betrachtung nicht sichtbar wird: eine nach wie vor energetisch aufgeladene Hülle.

Baulücke in den Köpfen

Bocian ist nicht der Ansicht, dass der Hotelstandort die Kulturachse beeinträchtige. „Kunst und Kulturschaffende kennen keine Grenzen“, so der Fotograf. „Natürlich hat der Standort des Hotels eine Geschichte, die fast einmalig in Bochum ist. Diesen Ort für künstlerische Projekte zu nutzen wäre großartig.“

Unlängst waren Bocians Arbeiten in gleich drei Bochumer Galerien zu sehen. Im Schaufenster der Galerie „The Spam“ wurde der abmontierte Schriftzug des Hotels ausgestellt. Die Bilder selbst waren zu einer Videoinstallation von Sebastian Schlecht angeordnet. An die Decke projiziert spiegelten sie sich in einer Pfütze am Boden. Das Ganze war eine sehr beachtenswerte Aktion, die nicht nur eine neue Perspektive auf das ehemalige Hotel Eden eröffnete, sondern gleichsam die KritikerInnen ein Stück weit mit dem verrotteten Gebäude versöhnte. Bocian: „Ich denke, dass durch die vielen Aktionen von Künstlern, die nun mit der Geschichte rund um das Hotel Eden verwachsen sind, sich die Achse Rottstraße-Viktoriastraße, zwar nicht optisch oder bautechnisch, jedoch in den Köpfen der Bochumer angenehm schließt.“ So war es einmal mehr die Kunst, die der Wirklichkeit auf die Sprünge geholfen hat.

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