Geschlecht. Weshalb wird aktuell das Transsexuellengesetz debattiert? Und wie haben die Bochumer Abgeordneten abgestimmt?
Bis Trans-Menschen ihr Geschlecht in behördlichen Registern korrigieren können – denn darum geht es im Kern: eine Korrektur, nicht eine Änderung – ist es ein langer Weg, auch nachdem das behördliche dritte Geschlecht eingeführt wurde. Das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) regelt unter anderem, dass Menschen in einem Gerichtsverfahren zwei psychologische Gutachten vorlegen müssen, um ihren Personenstand ändern zu können. Nicht nur ist das mit hohen Kosten von durchschnittlich 1.500 bis 2.000 Euro verbunden, auch sind die Gutachten nicht selten mit invasiven Fragen verbunden. Beispielsweise führen manche Ärzt:innen beziehungsweise Psycholog:innen „Pädophilie-Tests“ durch oder stellen Fragen über das Sexualleben. Wie oft man eine weibliche Brust oder männliche Genitalien stimuliert habe? Wie häufig man masturbiere? All das sind Fragen, die Gutachter:innen regelmäßig stellen und dafür jährlich Summen in Millionenhöhe einnehmen. Das Gesetz wird daher von vielen Kritiker:innen als menschenunwürdig betrachtet und verstoße gegen das Selbstbestimmungsrecht.
Daher stand das Gesetz auch dieses Jahr zur Debatte. Mehrere Gesetzesentwürfe von FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wurden dabei abgelehnt. Die Grünen reichten auch eine Änderung des TSG in das Selbstbestimmungsgesetz ein. Gescheitert sind die Entwürfe an dem Widerstand der Regierungskoalition aus SPD und CDU. Während die CDU das Gesetz aus inhaltlicher Position nicht ändern wollte, haderte es bei der SPD daran, sich gegen den Koalitionspartner zu stellen. So erklärte Parteivorsitzende Saskia Esken auf Twitter: „Da fehlt es nicht am Mut. In der aktuellen Situation, inmitten einer Pandemie, wäre es unverantwortlich, die Regierungsarbeit zu gefährden, zum Beispiel die Einigung zur Verlängerung von Kurzarbeit und Überbrückungshilfe uvm.“
Auch die Bochumer Abgeordneten stellten sich mehrheitlich gegen die Änderung zum Selbstbestimmungsgesetz, die von vielen Aktivist:innen befürwortet wird. Michelle Müntefering und Axel Schäfer (SPD) als auch Paul Ziemiak (CDU) stimmten gemäß ihrer Parteien mit Nein gegen das Selbstbestimmungsgesetz ab. Aber auch Sevim Dağdelen (Die Linke) entschied sich gegen den Vorschlag der Grünen und stellte sich damit gegen das Abstimmungsverhalten ihrer eigenen Partei. Olaf in der Beek (FDP) enthielt sich wie der Rest seiner Partei zum Vorschlag der Grünen. Einzig Frithjof Schmidt (B90/Grüne) stimmte mit Ja ab. Bereits im vergangenen Jahr wurde eine Änderung des TSG hin zum Selbstbestimmungsgesetz abgelehnt. Doch damals gab es auch Kritik von Trans-Menschen, die die Ausführung weiterhin als menschenunwürdig bezeichneten.
:Stefan Moll
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