Weihnachten wird von vielen Menschen weltweit gefeiert – aber nicht überall gleich, nicht zur gleichen Zeit und nicht nur von Christ:innen.
Christentum
Katholik:innen und Protestant:innen feiern Weihnachten am 25. Dezember, wobei am Vorabend die Christmesse besucht wird. In Mitteleuropa und Skandinavien wird am Heiligabend außerdem beschert. In den anglophonen, frankphonen und iberischen Ländern, in Italien und Lateinamerika geschieht dies dagegen erst am Weihnachtsmorgen. Die Orthodoxe Kirche kennt keine Adventszeit und begeht die Geburt Jesu am 7. Januar. Die unterschiedliche Berechnung hängt mit dem gregorianischen und dem julianischen Kalender zusammen. In der Westkirche findet das Dreikönigsfest zufällig am orthodoxen Heiligabend statt. Da die Ostkirche den Tag der Heiligen drei Könige gemeinsam mit Weihnachten begeht, fällt dieser bei Orthodoxen, Katholiken und Protestanten quasi zusammen. Am darauffolgenden Tag beginnt der Bibel zufolge die Flucht vor König Herodes nach Ägypten. Diese spielt insbesondere für die Koptische (ägyptisch-othodoxe) Kirche eine wichtige Rolle.
In der westlichen Welt bringt bekanntlich entweder das Christkind oder der vom St. Nikolaus entlehnte Weihnachtsmann (Santa Claus) die Geschenke. In Osteuropa übernimmt diese Rolle Väterchen Frost, eine alte Märchenfigur.
Islam
Auch wenn einige Muslim:innen den Geburtstag Muhammeds feiern, spielen Geburtstage in der islamischen Theologie keine Rolle. So wird auch die Ankunft des Propheten Jesus nicht begangen. (Info) Trotzdem gibt es immer mehr Muslim:innen, die Weihnachten feiern: in Westeuropa und Nordamerika vor allem, damit sich die Kinder in der Schule oder dem Kindergarten nicht als Außenseiter:innen fühlen, zum Teil aber auch schlicht aus Freude am Schenken und Backen. Ähnlich sieht es im ehemaligen Jugoslawien aus, wo Christ:innen und Muslim:innen seit Generationen Seite an Seite leben und muslimische Bosnier:innen und Albaner:innen gerne mit ihren christlichen Nachbar:innen und Freund:innen feiern. Auch in einigen arabischen Ländern, vor allem in Großstädten oder Tourismuszentren, kommt es vor, dass westlicher Weihnachtskitsch von Muslim:innen übernommen wird. Dabei dürfte den meisten der religiöse Background nicht einmal bewusst sein.
Messianisches Judentum
Es gibt Jüdinnen und Juden, die an Jesus als Messias glauben. Im Unterschied zu Christ:innen halten sie allerdings an den alttestamentarischen Regeln, wie koscheren Speisegesetzen, der Beschneidung und jüdischen Feiertagen, fest. Darum feiern die meisten von ihnen auch sowohl das Lichterfest Khanukka anlässlich des Wiederaufbaus des Jerusalemer Tempels, als auch Weihnachten. Einige lehnen letzteres allerdings ab, weil sie den 25. Dezember für ein falsch berechnetes Datum halten. Je nach Ausrichtung folgen messianische Jüdinnen und Juden dem jüdischen, dem julianischen oder dem gregorianischen Kalender. Ist letzteres der Fall, kommt es zuweilen vor, dass sich Weihnachten und Khanukka überschneiden, was dann scherzhaft auch als „Weihnukka“ bezeichnet wird. Weihnachtsbäume und Geschenke sind eher unüblich.
:lewy
Der Reiz des christlichen Festes macht keinen Halt vor religiösen Barrieren – denn einige nicht-christliche asiatische Länder feiern ebenfalls Weihnachten.
Weihnachten wird mittlerweile auch in vielen Ländern gefeiert, die keine oder nur eine kleine christliche Bevölkerung haben. In ost- und südostasiatischen Ländern ist dies teilweise auf den Kolonialismus zurückzuführen und teilweise haben sich Weihnachtstraditionen durch globalisierten Kommerzialismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchgesetzt. Die Festtage haben dabei häufig eher eine säkulare und kommerzielle Ausrichtung, statt eine religiöse. Beispielsweise hat Japan eine ausgeprägte Weihnachtstradition, die mit umwerfenden Weihnachtsbeleuchtung und großen Weihnachtsmärkten beeindrucken kann. Allerdings sind die Rollen von Weihnachten und Neujahr aus westlicher Sicht vertauscht. Denn während Weihnachten die Zeit für Freund:innen und Partner:innen ist, wird Neujahr traditionell mit der Familie verbracht. Vor allem gilt der 24. Dezember als der romantischste Tag im Jahr, an dem sich Pärchen treffen, Geschenke austauschen und im Licht der spektakulären Weihnachtsbeleuchtung zusammen spazieren gehen. Wie stark die japanische Weihnachtstradition von den USA geprägt ist, sieht man außerdem daran, was dabei häufig gegessen wird. Nein, keine Weihnachtsgans oder gar Rinderrouladen – in Japan wird KFC gegessen. Diese Kuriosität geht auf eine Werbekampagne mit dem Namen „Kentucky for Christmas!“ (Kurisumasu ni wa kentakkii!) der Fastfoodfirma von 1974 zurück. Auch Erdbeertorte gilt als traditionelles Weihnachtsgericht. Eine weitere Kuriosität: Ein klassisches Weihnachtslied ist Beethovens 9. Sinfonie, die wahrscheinlich von deutschen Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg Einzug fand.
Auch im Land mit der größten Anzahl an Muslim:innen der Welt, Indonesien, wird Weihnachten mit Weihnachtsbäumen aus Hühnerfedern, Dekorationen aus gelben Kokusnussbaumblättern und großen Feuerwerken gefeiert. Als eines der wenigen christlichen Länder Asiens haben auch die Philippinen eine große Weihnachtstradition. Wer meint, die Weihnachtssaison würde hierzulande zu lange dauern: Dort gehen die Festivitäten, samt Weihnachtslieder-Karaoke und Weihnachtsmannmützen vier ausgelassene Monate von Anfang September bis Anfang Januar.
:Stefan Moll
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