Wir waren immer da, nur hattet Ihr uns auf stumm geschaltet, wolltet nicht hören, dass es strukturelle Probleme gibt. Dieses Schreiben ist von mir an die Allgemeinheit.
Dear White People,
ich schreibe Euch, weil Ihr im Jahr 2020 zum ersten Mal auf Schwarze Stimmen hört. Es schien mein ganzes Leben lang so, als wären unsere Realitäten, Meinungen und Stimmen für Euer Gehör nicht hörbar. Aber nun scheint es so, als hättet Ihr das jugendliche Gehör erlangt und könnt nun alle Frequenzen hören. Doch Ihr werdet fordernd! Wollt, dass wir Euch unsere Welt erklären, was wir über Jahre getan haben. Euch über Dinge aufklären, die Ihr auch aus Geschichtsbüchern bekommen könnt. Denn die gibt es. Auch wenn wir dies kaum in der Schule gelernt haben, weil unsere Körper und Schicksale nie relevant waren, gibt es Bücher von unserer Geschichte. Aber das wäre zu einfach. Ihr wollt, dass wir berichten, kostenlose Bildungsarbeit leisten und Ihr Euch an unserem Schmerz ergötzen könnt. Es scheint so, als ob eine einfache Aussage bezüglich eines Vergehens Eurerseits nicht ausreichend genug erscheint. Ihr fangt an zu wühlen und zu graben: Denn ein Mensch, der mit Rassismen denkt, das wollt Ihr bloß nicht sein. Zu schwer der Vorwurf!
Ein Rassist? Das sind doch die mit Glatze, Hakenkreuztattoo und Bomberjacke! Genau, und von dem bösen Wort hat auch niemand gesprochen. Viel mehr, dass ihr Fans von Stereotypen seid, die auf der europäischen Kolonialgeschichte aufbauen.
Wir wurden gesellschaftlich doch so erzogen. Schwarze Haut steht für Armut, Dreck und Ausbeutung. Wir haben schon lange auf diese Missstände aufmerksam gemacht. Doch immer hieß es, „wir sollen uns doch nicht so anstellen“, „Er hat es doch nicht so gemeint!“, „Du bist einfach nur zu empfindlich!“. Doch die Narben der Schnittwunden, die durch Worte geschaffen worden sind, bleiben. Und ehe diese verheilen können, sollen wir erklären. „Warum ist das so?“, „Also ich empfinde das N-Wort gar nicht so schlimm, hab es ja so gelernt.“ Ach ja das liebe N-Wort. Ein Wort, das Eure Machtstruktur noch einmal mehr unterstreicht. Es gibt kaum eine Bezeichnung, die mehr nach Unterdrückung schreit. Ein Begriff aus der Kolonialzeit, der sogar laut DUDEN seit 1996 als abwertend gilt. Und trotz allem nennt Ihr uns so. Das ist natürlich nicht böse gemeint. Ihr habt es ja nicht anders gelernt.
2020, zig Morde an Schwarzen Körpern, die wir unverblümt auf Social Media ertragen müssen. Lehrer:innen und Dozent:innen die uns schlechter benoten, da uns oftmals das Wissen abgesprochen wird. Ärzt:innen, die uns sagen, dass unsere Knochen eh fester sind und das der Schmerz kein Bruch sein könnte und wir wieder nach Hause geschickt werden.
Unser Alltag hinterlässt viele kleine Traumata, die Ihr erst nach einem 8:46 Minuten langen Video seht und total verdutzt seid, was doch alles zum Rassismus gehört und dass Ihr doch soviel noch lernen müsst. Doch Ihr hättet uns von Anfang an ernst nehmen können, aber IHR spracht uns unsere REALITÄT ab. Denn LEUTE WIE ICH, waren nie GLAUBWÜRDIG! Sowas passt eben nicht in Euer WELTBILD. Doch nun hört Ihr UNS. Unsere STIMMEN. Habt Angst, dass wir EUCH was WEGNEHMEN wollen. #ALLLIVESMATTER Doch wir wollen nur Normalität.
Ich will mit meinem natürlichen Hairstyle auf die Arbeit gehen, ohne das Wort Ghetto von Arbeitgeber:innen zu hören und währenddessen lobpreisen sie eine Kim Kardashian, weil sie Braids salonfähig gemacht hat. Ich will, dass meine Geschwister ihre Leistung anerkannt bekommen und nicht Sprüche wie, „Für jemanden aus einem Schwarzen Haushalt, hätte man nicht mit so einer guten Leistung gerechnet.“ Ich will Komplimente bekommen, ohne dass das Extra „für ’ne Schwarze kommt.“ Ich will mit Menschen Gespräche führen ohne, dass bevor ich überhaupt meinen Namen sagen konnte, meinen Stammbaum darlegen muss. Ich will unter Menschen gehen, ohne dass ich deren Hände ungefragt in meinem Haar oder an anderen Körperstellen finde, weil sich das so „anders“ anfühlt. Ich will nicht vom anderen Geschlecht exotisiert oder gar fetischisiert werden.
Ich will so wie rund 1 Millionen der Schwarzen Diaspora in Deutschland einfach nur als Mensch gesehen werden.
Also dear White People checkt Eure Privilegien und fragt uns nicht immer, ob die Nation, in der Wir leben, ein „Rassenproblem“ hat, wie Polittalkerin Anne Will so schön sagen würde.
Die Antwort wäre immer: Ja, Wir haben ein RASSISMUSPROBLEM!
Mit herzlichsten Grüßen
Die #Mimimigrantenfraktion
Mit herzlichsten Grüßen
Die #Mimimigrantenfraktion
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