Kommentar. Die neuen Organspenderegelungen führen zu mehr gespendeten Organen und bewussteren Entscheidungen, ohne in Grundrechte einzugreifen.
Über die Änderungen zur Organspende hat sich in den alten wie auch neuen Medien eine Debatte mit breiter Unmut getragen. Dabei scheint es häufig so, als wäre nichts verändert worden und unsozial denkende Politiker*innen im Bundestag hätten eine Mehrheitsmeinung abgelehnt.
Doch diese Darstellung ist verkürzt. Zwar stimmt es, dass die Widerspruchslösungs-Version der Gesetzesänderung im Bundestag abgelehnt wurde, jedoch werden Bürger*innen künftig mindestens alle zehn Jahre oder bei Beantragung eines Ausweises gefragt, ob sie sich für die Organspende bereit erklären. Hinzu kommt die wesentlich wichtigere Änderung des abrufbaren Registers, durch das der ausdrückliche Wille möglicher Spender*innen unanzweifelbar festgehalten wird. Denn nicht jede Person führt ihren Organspendeausweis allzeit mit sich, oder erleidet den Tod in einer Situation, in der er*sie den Geldbeutel mitführt. Diese Unsicherheit wäre durch eine bloße Umkehrung des Normalzustands nicht anders.
Der Unterschied ist nun vor allem, dass sich die Bürger*innen mit der Frage aktiv auseinander setzen müssen. Eine reine Widerspruchslösung hätte dies nicht erreicht. Zudem wäre ein standardmäßiges „Ja“ bei der Organspende immernoch ein Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit. Wie stark man diesen Eingriff bewertet, variiert sicherlich stark von Person zu Person und sicherlich ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nach dem Tod in seiner Schwere anders zu beurteilen als bei lebenden Personen, trotzdem muss auch dieser Eingriff bei einer Gesetzesänderung auf seine Verhältnismäßigkeit berücksichtigt und gegebenenfalls eine Lösung gefunden werden, die dasselbe Ziel erreicht, aber keine Beschneidung der Grundrechte darstellt. Sollte sich die nun beschlossene Änderung als unzureichend herausstellen, können die Gesetzgeber*innen künftig immer noch nachbessern und eine Widerspruchslösung verabschieden. Vorher müssen jedoch die zur Verfügung stehenden Optionen ausprobiert werden, um möglichen Verfassungsklagen entgegenzuwirken. Doch dieser Sachverhalt ging bei den online geführten Debatten,
die meist nur Überschriften
analysierten, verloren.
:Stefan Moll
Bei genauerem Interesse zur Thematik Organspende wendet Euch an Euren Arzt oder besucht die Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA).
Weitere Informationen zu den im Text genannten Statistiken findet Ihr unter:
organspende-info.de/start.html
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