„Aus den Fakultäten wird uns immer wieder berichtet, dass das Geld zweckentfremdet wird, weil es nicht sinnvoll ausgegeben werden kann. Deswegen hat die studentische Fraktion eine Senkung beantragtâ€, berichtet Matthias Brunnert vom AStA-Vorstand. Mehrere Wochen lang hatten StudierendenvertreterInnen bereits recherchiert, um die Verwendung der Gebühren an der Ruhr-Universität auszuwerten. Hierbei trat ein erschreckendes Ergebnis zutage: Mit einem Großteil des Geldes wurde nicht etwa – wie bei der Einführung allgemeiner Studiengebühren – versprochen, die Lehre zu verbessern; vielmehr wurde ein beträchtlicher Gebührenanteil auf die Anschaffung neuen Mobiliars oder Instandhaltungsmaßnahmen von Gebäuden verwendet und hierdurch lediglich der reguläre Uni-Haushalt entlastet. „Dies verstößt nicht nur gegen die Gebührensatzung der Uni, sondern auch gegen das Studiengebührengesetzâ€, sagt Benjamin Bettinger, AStA-Referent für Hochschul- und Bildungspolitik.
Verzögerungstaktik gescheitert
Zunächst hatte es so ausgesehen, als wolle das Rektorat die Debatte gezielt verzögern: Die eigentlich schon offiziellen Zahlen zur Gebührenverwendung waren den SprecherInnen der einzelnen Senatsfraktionen bei der Vorbesprechung zur aktuellen Senatssitzung zunächst vorgelegt und dann mit Verweis auf einen angeblichen „Rechenfehler“ sogleich wieder einkassiert worden. Dies geschah, als klar wurde, dass die StudierendenvertreterInnen auf der Senatssitzung am 19. Juni einen Antrag auf Gebührensenkung stellen wollen und die offiziellen Zahlen eine exzellente Grundlage bieten, um diesen angemessen zu begründen. Als der AStA nach diesem Possenspiel juristische Schritte wegen möglichen Verstoßes gegen das „Informationsfreiheitsgesetz“ und Verdachts auf „Untreue“ erwog, lenkte das Rektorat jedoch rasch ein und gab den Bericht überraschend frei.
Und im Lande?
Am letzten Montag legte auch Innovationsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart einen Bericht zur Verwendung von Studiengebühren vor – und zwar für sämtliche NRW-Hochschulen, wo derzeit Gebühren bezahlt werden müssen. Die gute Nachricht vorweg: „Missbräuchlich verwendet“ werde das Geld angeblich nicht. Zumindest fanden die Gutachter vom Stifterverband der deutschen Wissenschaft und dem deutschen Studentenwerk keine Anzeichen dafür. Ob das Geld jedoch so verwendet wurde, wie es als Begründung für eine Einführung von Studiengebühren immer versprochen worden war, verrät ein genauerer Blick in den über 100-seitigen Bericht. Die Antwort ist – kurz zusammengefasst – sehr ernüchternd. Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen dürfen nach dem Wortlaut des Gesetzes ausschließlich der Verbesserung der Lehre dienen. Welchen Standard man hierzu als Basis nimmt, wurde aber nie festgelegt – und so liegt es im kreativen Ermessen einer jeden Hochschule, was denn nun eine Verbesserung sein soll.
Lediglich ein Drittel der von den NRW-Unis eingenommenen Mittel fließen in die Aufstockung des Lehrpersonals oder den Aufbau von TutorInnen- und MentorInnenprogrammen. Der überwiegende Teil landet also in anderen Bereichen: Zwischen vier und zehn Prozent flossen im ersten Jahr in Baumaßnahmen; bis zu einem Drittel sogar in die Verbesserung technischer Ausstattungen. Was das im Einzelnen heißt, machte der Präsident der Universität Paderborn, Nikolaus Risch, deutlich, als er in der „Aktuellen Stunde“ des WDR-Fernsehens die Anschaffung von Tafelkreide aus Gebührenmitteln rechtfertigte: „Vorlesungen mit Kreide sind besser als Vorlesungen ohne Kreide.“ Die Studie zeigt vielfach auf, dass Studiengebühren nicht dazu eingesetzt werden die Lehre zu verbessern, sondern grundständige Hochschulfinanzierung substituieren. Ein besonderes Schmankerl zum Schluss: 20 Prozent werden für „Sonstiges“ ausgegeben – hier kommt dann selbst der Bericht zu der Erkenntnis, dass die Transparenz bei der Verwendung der Mittel noch stark verbesserungswürdig ist.
Runter mit den Gebühren!
In Bochum jedenfalls zeigte sich der AStA zuletzt erfreut, dass die öffentliche Kritik am Vorgehen des Rektorats und der Universitätsverwaltung Wirkung gezeigt hat: „Damit dürfte einer konstruktiven Debatte über den von uns vorgesehenen Antrag zur Gebührensenkung auf der nächsten Senatssitzung am 19. Juni nichts mehr im Wege stehenâ€, kommentiert AStA-Referent Benjamin Bettinger. Vom Ergebnis der Senatssitzung wird maßgeblich abhängen, wie es aus Sicht der Studierendenschaft an der RUB hochschulpolitisch weitergehen wird: Sollten die Gebühren nicht beträchtlich gesenkt werden, würde eine für Mittwoch, den 25. Juni (12 Uhr, HZO 10) geplante Vollversammlung über die Durchführung einer Gebührenboykottkampagne beraten.
www.bo-alternativ.de/dokumente/Verwendung-von-Studienbeitraegen.pdf
www.innovation.nrw.de/StudienbeitraegeNRW.pdf
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