Bild: Spiele-Highlights wie Borderlands 3: Dafür kann man schon mal anstehen., Gamescom 2019 Bild: fufu

Videospiele. In der vergangenen Woche, vom 20. bis 24. August, stieg in Köln wieder die gamescom. Neben neuen Spielen gab es auch einen Besucher*innenrekord.

Einmal im Jahr pilgern Computer- und Videospiel-Verrückte nach Köln, um die neuesten Trends und Veröffentlichungen der Gaming-Szene mit eigenen Augen und den eigenen Händen zu begutachten. Seit 2009 präsentieren Spielentwickler*innen und Hardware-Hersteller*innen ihre Neuheiten im August in der Kölnmesse, um Presse und Spieler*innen einen möglichst positiven Vorabeinblick in ihre Projekte zu liefern. Seit ihrem Umzug aus Leipzig, wo die Messe bis 2008 unter dem Namen Games Convention lief, hat das Interesse und der Zulauf der Besucher*innen jedes Jahr zugenommen, sodass die Veranstalter*innen des „Verbands der deutschen Games-Branche“ bei fast jeder Auflage der Messe einen neuen Besucher*innenrekord ausrufen konnten. Mit 373.000 Besucher*innen an fünf Tagen wurde auch die letztjährige Bestmarke erneut, wenn auch nur knapp, überboten. Im weltweiten Vergleich ist die gamescom, gemessen an Ausstellungsfläche wie auch der Besucher*innenzahl, die größte Messe der Welt für den Bereich der Computer- und Videospiele.

Gerade bei den prominenteren Titeln, sorgten jedoch die Besucher*innenmassen für lange Schlangen vor den Präsentationsständen. So konnte es sein, dass Gamer*innen für 20 Minuten zocken auch gerne drei Stunden anstehen durften. Eines der Highlights der Messe, welches einen solchen Andrang standhalten musste, war das Rollenspiel Cyberpunk 2077, welches in einer dystopischen Zukunft stattfindet, in der Menschen ihre körperlichen Fähigkeiten mit Implantaten verbessern. Weitere wichtige Titel waren Borderlands 3, die Fortsetzung der Ego-Shooter-Reihe, die mit bunten Charakteren und reichlich schwarzem Humor aufwartet. Mit Watch Dogs: Legion wurde ein neuer Teil der bekannten Hacker*Heckse-Reihe präsentiert, der politisch aufgeladen daherkommt: Die Spieler*innen organisieren den Widerstand gegen das diktatorische Regime eines Post-Brexit Londons.  

Gamescom als Sprungbrett             

Doch auch abseits des großen Trubels gab es auf der gamescom viel zu entdecken. Beispielsweise im Indie Village, in dem Spieleentwickler*innen aus aller Welt ihre Projekte vorstellten. Darunter auch Sticky Stone Studios aus Freiburg. Diese veröffentlichen am 27. September ihr erstes Spiel Memorrha.  „Für die Entwicklung brauchten wir zweieinhalb Jahre“, teilt Philipp Degasper, Technical Lead des vierköpfigen Teams mit. Ursprünglich als Projektarbeit im Studium gestartet, hin zur Bachelorarbeit, schafft es das Puzzlespiel, welches stilistisch an Vorbilder wie The Witness oder Rime erinnert, nun auf Steam und Konsolen. Die gamescom dient den ehemaligen Studierenden jetzt, um ihr Spiel den Massen zu zeigen und Kontakte zu knüpfen. Beispielsweise sind sie noch auf Ausschau nach einem Vertreiber, der das Spiel neben den digitalen Plattformen auch in den Handel bringt.
An einem noch früheren Punkt in der Entwicklung, befinden sich die Entwickler hinter Upside Drown, einem bunten, storygetriebenen Spiel, bei dem man ein kleines Mädchen auf der Suche nach ihrer Mutter durch eine magische Welt führt und sich vor den Naturkräften schützt. Bisher existiert von dem Game nur ein Vertical Slice – also ein einziges Level, das die Grundmechaniken des Spiels beinhaltet. Sie begannen Upside Drown auch als Studierendenprojekt und sind mit ihrem Level auf die gamescom gekommen, um einen Publisher zu finden, der die Entwicklung weiter finanzieren kann. Denn bisher haben sie das Projekt aus eigenen Mitteln gestemmt.

Während wir die Spielfigur durch die Welt bewegen, setzt sich der Leveldesigner neben uns und erklärt uns die Gedanken hinter dem Aufbau der Welt: Wie kann man Spieler*innen Hinweise geben, wo es lang geht? Normalerweise würde man sogenanntes Colorcoding verwenden. Doch in einer Welt, die ohnehin schon sehr bunt und stilisiert ist, gestaltet sich dies schwierig. Wie gestaltet man ein Level, das die Stimmung der Story in der Spielwelt wiederspiegelt? Und wie kann das Spiel besser werden? So kommt es auch, dass er, während er uns seine Gedanken erklärt, immer wieder sein Notizbuch aufschlägt, Bugs notiert und Ideen sammelt.

Retro-Gaming auf der gamescom

Eigentlich für die Aussicht auf zukünftige Trends bekannt, wird auf der gamescom auch ein Blick zurück geworfen und den frühen Gaminganfängen gehuldigt.
„Retro. Fuck Yeah!“ steht an den Wänden und auf Postkarten in Halle 10 bei der diesjährigen gamescom geschrieben. Und genau das ist der Spirit in dieser Halle. Alles von ausgestellten frühen Konsolen, katalogisiert sortierten Vitrinen, die verschiedene Generationsebenen von Spielereihen zur Schau stellen, oder alte Arcade-Tische zum Zocken für alle frei zur Verfügung. Retroliebhaber*innen konnten sich hier wohl fühlen und auch Leute, die diese alten Titel gar nicht kennen, konnten hier ganz unvereingenommen ausprobieren, wie die Wurzeln von heutigen Spielestandards sich spielen lassen.
Videospielhallenklassiker wie Donkey Kong oder Asteriods von Atari aus dem Jahr 1979 machen immernoch riesen Spaß und nicht umsonst werden auch auf Internetportalen diese Arcadekonsolen heiß gehandelt. Auf der Gamescom natürlich für umme, auch ohne Geldeinwurf oder ähnliches. Schon ein Jahrzehnt weiter, aber auch mittlerweile eher als
Retro-Konsole angesehen, wurde der SEGA Megadrive auf der Messe geehrt, in Form eines Spielplatzes mit Riesen-SEGAMEGADRIVE-Controller, anlässlich einer im Oktober erscheinenden All-in-One Miniversion für Gamer*innen daheim.

Lithuania@gamescom2019

Unsere Gastautorin Laura-Monica Oprea vom Autonomen Referat für Menschen mit Behinderungen und sämtlichen Beeinträchtigungen (AR-MBSB) war auf der gamescom und hat mit Jonas Kireilis, Industry Development Manager von Enterprise Lithuania über Inklusivität, internationalen Austausch und digitalen Ausbau gesprochen.

Laura: Jonas, was ist Enterprise Lithuania?

Jonas Kireilis: Enterprise Lithuania ist eine gemeinnützige Agentur des Ministeriums für Wirtschaft und Innovation, die gegründet wurde, um das Unternehmertum zu fördern, die Geschäftsentwicklung zu unterstützen und den Export zu fördern. Das Team von Enterprise Lithuania ist ein zuverlässiger Berater und Assistent für die Gründung, das Wachstum und den Export nationaler Unternehmen mit Schwerpunkt auf Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Erzähl mir mehr über Gaming und Developer auf der gamescom. Was kannst du uns über barrierefreies Gaming erzählen?

Jonas Kireilis: Wir sind hier mit sieben Kompanien, die hier ihre Spiele, Projekte und Zukunftspläne präsentieren. Sneakybox, Nieko, Kamile VR, Pixelneat, Project Zero Deaths, Crowns and Prawns, sind unsere Projekte, die wir hier präsentieren und hoffen, dass wir uns gut vernetzen werden. Es ist für uns das erste Mal, das wir dies auf der gamescom organisieren. Unseren ausländischen Partnern dienen wir als effektiver Kommunikationskanal zur Verbreitung von Informationen und als Einstiegspunkt, um Geschäftsmöglichkeiten in Litauen zu identifizieren und zu erkunden sowie als kreative Ressource für gemeinsame Initiativen auf den Märkten von gemeinsamem Interesse. Menschen und Studenten mit Behinderungen sind bei uns jederzeit willkommen. Wir lernen viel dazu. Inklusion ist mittlerweile auch beim Gaming ein Thema und das darf auf der gamescom nicht fehlen.

Ohne Frage wird es für Entwickler schwieriger, solche Barrieren zu vermeiden, je komplexer ein Spiel ausfällt. Was sind eure Ziele? Eure Erwartungen? Was wünscht ihr euch hier?

Jonas Kireilis: Zum Ersten wollen wir als repräsentativer Part der Gaming Industry mehr wahrgenommen werden und zum Zweiten suchen wir nach Kooperationen und Publishern aus diesem Sektor. Wir sehen uns als Bindeglied zwischen independent Developers, Gamern mit und ohne Behinderungen und Multimedia-Kanälen. Wir machen Mobile Games und wir wünschen uns Publisher dafür. Bereits 2018 gab es viel neues im Bereich Mobile Games zu sehen. Coole Spiele und Entwicklungsdienstleistungen aus Litauen sind zusammen mit coolen Leuten und einer guten Zeit ein Garant für ein gutes Gamerherz.

Wir kommen jetzt zum wesentlichen Part unseres Interviews und eurer Einladung zum #Lithuanianbeerception. Wir trinken in Deutschland gerne Bier, aber wie sieht es mit dem litauischen Bier aus?

Jonas Kireilis: Ja, unser Bier ist gut, aber nicht so gut wie das Bier hierzulande. In diesem Jahr bringen wir das beliebteste Craft Beer nach Köln.

„Quality Beer, quality People and quality Games“ fügt eine weiterer litauischer Mitorganisator hinzu.

:Philipp Kubu, Christian-Feras Kaddoura, Stefan Moll, Gastautorin Laura-Monica Oprea

 Unseren Kommentar zur Hypekultur findet ihr hier.

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