Jetzt die Erste rechts, dann die Zweite links. Ganz einfach, so stands in der E-Mail. Oder war‘s doch die Zweite rechts und dann die Erste links? Die Suburbanität lässt auch alles gleich aussehen. Ah ja, da hinten kommt der Uzz-Uzz-Uzz-Sound her, da muss es sein. Angekommen, umgeschaut. Die Vorzeichen stehen schlecht: Das Bier ist nur dürftig gekühlt, Leute tragen riesige Sonnenbrillen mit weißem Rand, es wird zu Usher getanzt. Ich sollte gehen. Doch halt. Da hinten, geschützt vor der Prolligkeit der Youtube-Playlist inmitten eines Couchzirkels sitzt sie: eine Mischung aus Aphrodite und Marlene Dietrich. Ich sollte bleiben. Unauffällig wie ein pinker Elefant wandele ich zwischen Kühlschrank, Draußen und Türrahmen. Stunden vergehen. In einem unachtsamen Moment nimmt mich der Typ in Muskelshirt und Strohhut in den Arm. Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und gröle lauthals mit ihm „I’m too sexy for my cat“. Das nennt man dann wohl Hitting-rock-bottom. Warum bin ich eigentlich hier? Ach ja. Sie sitzt jetzt ganz alleine da. Geh hin. Na los, du bist kultiviert und trägst nen Drei-Tage-Bart. Warum sonst schaut sie die ganze Zeit zu dir herüber? Natürlich, Junge. Es ist deine Nacht.
„Hey!“ – „Hallo.“ (Oh scheiße, und jetzt? Sie redet ja wirklich mit mir. Los, sag was, sonst ist es peinlich.) „Wie geht’s?“ (Lässig.) – „Gut.“ (Oh fuck, jetzt geht wirklich der Gesprächsstoff aus. Wie nun den Anschluss finden? Wie kann ich jetzt überleiten zu meinem herausragenden Sinn für Humor, zu meinem schöngeistigen aber trotzdem bodenständigen Musikgeschmack, meiner Vorliebe für lange Spaziergänge, zu meiner geschundenen sensiblen Seele, die nur etwas Zuneigung in diesem kalten Universum braucht? Okay, trink kurz an dem Bier. Gut, ein paar Sekunden überbrückt. Ah fuck, sie ist ja immer noch da.) „Coole Party, oder?“ – „Geht so. Hör mal, du sitzt gerade auf dem Platz von meiner Freundin. Die müsste jeden Moment wiederkommen.“ Autsch. Der verbale Tritt ins Gemächt, totale Entmännlichung.

Naja, sie hatte sowieso hässliche Zähne. Blöde Kuh. Und jetzt? Die letzte U35 fuhr natürlich vor vier Minuten. Ich gehe nach draußen und setze den Whiskey an. Ästhetisierte Selbstzerstörung ist das einzige, was ich aus dieser Nacht noch rausholen kann. Ich finde jemanden, mit dem ich mich noch ein paar Stunden enthusiastisch über Family-Guy-Szenen austauschen kann. Alkohol vernebelt den Rest. Am nächsten Morgen kann ich nur noch durch Indizien herleiten, dass ich wohl einen Nachhause-Döner hatte und mindestens zwei beschämende SMS an verflossene Liebschaften geschickt habe.

Warum ich mir das jedes Wochenende antue? Nur Verlierer bleiben Samstag­abend zu Hause. Oder?

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