Deshalb ist es wichtig, sie über die Gefahren dieser Droge aufzuklären. Konkret sieht das dann so aus: Auf einem der breitflächig plakatierten Kampagnen-Poster stehen vier vergnügte Jugendliche in einem Club, die Cocktailgläser in der Hand. Doch hinter dieser aalglatten Lifestyle-Oberfläche verbergen sich Abgründe. Über die junge Frau links im Bild weiß die BZgA zu berichten, dass sie heute noch alle Hemmungen verlieren werde. Über den freundlichen Youngster hinter ihr liest man: „Er stellt sie später nackt ins Netz.“ Wem solche Horrorszenarien nicht genug sind, wird spätestens nach dem dritten Schicksalsschlagpanorama auf ewig dem Alkohol abschwören: „Er feiert bis der Arzt kommt und landet auf der Intensivstation.“ Hui, das ist aber krass. Zu fragen bleibt, wen diese Kampagne eigentlich erreichen soll. Die jugendlichen Komatrinker ganz bestimmt nicht. Auch andere junge Menschen dürften sich von dieser oberflächlichen Strategie genervt fühlen. Zu gestelzt wirkt der Duktus, zu übertrieben die Message. Letztendlich wird hier Vertrauen verspielt. Sieht man durch das Plakat hindurch, erkennt man die einfallslosen PR-Strategen, die höchstwahrscheinlich niemals jung waren und denen, dem Ergebnis nach zu urteilen, die ganze Kampagne völlig egal zu sein scheint. Im schlimmsten Fall könnte der gesamte Aufklärungsversuch kontraproduktiv wirken. Wer so wenig über Jungendkulturen weiß, der weiß höchstwahrscheinlich auch nichts über den Alkoholkonsum der Jugend. Im März startet nun die BZgA gemeinsam mit der Bundesdrogenbeauftragen Mechthild Dychmans eine deutschlandweite Informationstour zur Kampagne. Es bleibt zu bezweifeln, ob dadurch letztendlich die Herzen der Jugendlichen doch noch erreicht werden können. Verunglimpft fühlen sich bereits viele. „Wieviel ist zuviel?“, fragt die BZgA auf der Kampagnen-Homepage. Nun, die Antwort fällt leicht. Hier wurde eindeutig das Limit überschritten. Einmal mehr wurde – unter größten Kostenaufwand – die Chance vertan, die Gründe für das verbreitete Komatrinken junger Menschen zu hinterfragen. Die Youngsters stattdessen mit Panikmache und gouvernantenhaften Verhaltensdirektiven abzuspeisen ist schlicht ein Skandal. In einem eklatanten Ausmaße entzieht man sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung in einem ignoranten Aktivismus, der nicht nur Steuergelder verpulvert, sondern gleichsam das Ansehen der Bundeszentrale nachhaltig diskreditiert. Die Szenarien der Kampagnen-Plakate beweisen es: Hier geht es nicht um Aufklärung, sondern darum, junge Menschen in Diskredit zu bringen. Mündigkeit wird von vornherein ausgeschlossen. Die Konfrontation mit der fragwürdigen Vorbildfunktion der Erwachsenen geschickt umgangen. Alkoholismus ist ein gesellschaftliches Problem. Hier wird suggeriert, es sei ein Problem der Jugendlichen. Somit werden die Angesprochenen mit ihren Problemen nicht nur alleine gelassen, sondern zudem ins Abseits gestellt. Meist sind es die Hysteriker unter den sogenannten Gutmenschen, die ihre Ignoranz gegenüber den Fakten mit ihren „besten Absichten“ kaschieren. Doch Prävention geht anders.
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