Das reichte damals schon aus, um eine Nacht im Polizeigewahrsam verbringen zu müssen. Hört sich grausam an, war aber eine geile Zeit. Man traf sich halt am Brunnen. Dafür musste man kein (Brunnen-)Punk sein. Der soziale Treffpunkt Engelbertbrunnen kreuzte viele Biographien der Bochumer Jugend. Der Stadt mag dieser Treffpunkt schon immer suspekt gewesen sein. Und das lange bevor es in Mode kam, Waschpulver in den Brunnen zu kippen und somit die Location mit Schaum zu fluten. So wunderte es mich nicht, dass der besagte Brunnen im Zuge der Umgestaltung des Platzes an der Kortumstraße einfach verschwand. Zwar hatten die Raumplaner versichert, der Brunnen käme zurück. Allein: Geglaubt hat es niemand. Schließlich hatten sie für die Engelbertstatue bereits einen Platz schräg gegenüber gefunden, allerdings ohne Brunnen. Der Verdacht stand im Raum, dass der unliebsame Jugendtreff nun endlich verschwinden, das billige Freiluftsaufen unterbunden und die letzten Jugendlichen in die teuren Kneipen des Bermuda-Kartells getrieben werden sollten. „Gentrifizierung, wohin man schaut“, mutmaßte sogar die bsz seinerzeit (bsz 834). Doch welch böse Unterstellung! – Der Brunnen sollte gar nicht verschwinden, sondern mit einer neuen Pumptechnik wieder in neuem Glanz erstrahlen. Leider ist nun der dafür notwendige Kran mit seinen 120 Tonnen zu schwer für das Gelände. Schon streitet die Politik darüber, ob nicht alternative Standorte für den Brunnen gefunden werden könnten.
Ich sage: Das darf nicht sein! Der Engelbertbrunnen muss genau an seiner alten Stelle wieder aufgebaut werden! Alles andere käme einer fahrlässigen Umdeutung der Bochumer Geschichte gleich. Womit selbstredend nicht die Geschichte um den Markgrafen Engelbert gemeint ist. Der hatte sich ja 1388 im Jahre der Fleischwerdung des Herrn besonders knauserig gezeigt, nachdem ihm die Bochumer Junggesellen seine von Dortmundern gestohlene Viehherde zurückgebracht hatten. Eine Eiche durften sie dafür fällen. Und das nach einer blutigen Schlacht mit vielen Toten und Verwundeten. Es gibt in Bochum einen Traditionsverein, der dieses Ereignis immer noch jährlich feiert. Wir können uns den anhaltenden Festivitäten nicht anschließen – aus Gründen der Mathematik. Denn die Rechnung geht einfach nicht auf: Eine Eiche für eine ganze Viehherde, das ist einfach ein Scheißdeal! So wäre auch ein Engelbertbrunnen ohne Engelbert kein großer Verlust. Aber ein Engelbert ohne Brunnen? Niemals. Denn er ist nunmehr seit mehreren Generationen den BochumerInnen zum Symbol geworden. Zu einem Symbol für Jugendkultur und Freiheit von Kommerz. Somit stand er an der Einflugschneise zum Bermudadreieck genau richtig. Nur hier kann der Brunnen seine ganze symbolische Kraft entfalten. Vergesst doch die Pumpen! Sowas braucht kein Mensch. Hier geht es um weit mehr als imposante Wasserspiele oder verbiesterte Adelige, die für ihren Betrug auch noch gefeiert werden wollen. Hier geht es um die Offenheit einer Stadt auch für jene, die sich nur das Bier vom Büdchen leisten können. Die Freilufttrinker mit den gefährlichen Frisuren. Spielt nicht länger den Markgrafen. Gebt der Stadt endlich ihre Jugend zurück!
0 comments