Dass das den Ruhr-Nachrichten einen Artikel wert ist, ist peinlich genug. Dass es immer noch schlimmer geht, beweist das Wahlkampf-Team um den Bochumer CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Lothar „Oma“ Gräfingholt. Hier witterte man offenbar die Chance auf den ganz großen PR-Wurf. Kurzerhand ermittelte ein Schlaufuchs die Adresse von Erika Bochum. Schritt zwei: Absprache mit den Ruhr-Nachrichten, deren Sommerloch-Leidensdruck anscheinend schwer fassbare Ausmaße erreicht hatte. Am 10. August platzte dann die PR-Bombe: Lothar Gräfingholt lädt die Quickborner Rentnerin Erika Bochum in die gleichnamige(!) Stadt ein, um ihr „eine Woche lang die Schönheiten in und rund um Bochum“ zu zeigen! Ist doch auch untragbar, dass die arme Frau nie hier war. Und ja: Erika nimmt die Einladung an. „Toll, das mach ich“, jubilierte die Rentnerin laut RN. Gräfingholt und seine CDU lassen für die Zeit ein Hotelzimmer springen und nehmen bei der Planung des Aufenthalts besondere Rücksicht auf die Vorlieben der Quickborner Wahlhelferin. Die singt nämlich in ihrer Freizeit in einem Operettenchor und will in Bochum „etwas Musikalisches“ erleben. „Da lässt sich bestimmt etwas finden“, verspricht Lothar Gräfingholt in den Ruhr-Nachrichten und legt den Besuchstermin in die „Woche des Kulturhauptstadtjahres“ im Juli 2010. Dank seines mit allen Wassern gewaschenen Wahlkampfteams könnte – nein, müsste – Gräfingholt dann ja auch Oberbürgermeister sein.  

Das beispiellose persönliche Engagement des CDU-Kandidaten weckt indes in der bsz Begehrlichkeiten. Redakteur René Voss war zum Beispiel noch nie in Norwegen, geschweige denn in der kleinen Stadt Voss in der Nähe von Bergen. Nun hofft er, dass die dortigen WahlkämpferInnen auch solche PR-Genies sind wie ihre Bochumer KollegInnen. Er teilt mit, dass er sich gerne für pressebegleitete Kampagnen jedweder Art in der norwegischen Provinz vor den Karren spannen ließe, Partei egal.

Ebenfalls eine Chance wittert bsz-Kollege Rolf van Raden, der sogar zwei Provinz-Gemeinden zur Auswahl hat: Raden in Niedersachsen und Raden in Mecklenburg-Vorpommern. Sollte es klappen mit einer Einladung, könnte Rolf bei der Gelegenheit auch gleich versuchen, eventuelle adlige Besitzansprüche geltend zu machen. bsz-Redakteur Carsten Marc Pfeffer war sich dagegen noch nicht so sicher, ob er gerne da Wahlkampf machen würde, wo die bekannte Gewürzpflanze wächst. Weil allerdings Artikel über Nachnamen derzeit so en vogue sind, plant die bsz inspiriert von den Ruhr-Nachrichten eine Reportage über VeganerInnen mit dem Namen „Fleisch“ – wenn möglich gefolgt von einer Podiumsdiskussion, auf der sich die Betroffenen über ihr Schicksal austauschen können.

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