Was waren das für Zeiten, als noch die gute alte basisbürokratische Weisheit galt: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ‘ ich einen Arbeitskreis. In der offiziellen Politik reichen schnöde Arbeitskreise längst nicht mehr – wer keine ExpertInnenkommission einberuft, wird nicht für voll genommen. Egal ob Hartz eins bis vier, das Zuwanderungsrecht, die Rente und die sozialen Sicherungssysteme: Über 20 Kommissionen, deren Mitglieder von niemandem gewählt worden waren, setzte die rot-grüne Bundesregierung von 1998 bis 2005 ein. Mit den angeblichen Fachleuten im Rücken setzte sie Reformen durch, die niemals eine gesellschaftliche Mehrheit hatten.

Klar, dass auch Rüttgers an diesem Erfolgskonzept teilhaben will. Und weil der Landesvater keine halben Sachen macht, griff er gleich in die Vollen: Nicht um ein Fachgebiet, sondern um die Zukunft an sich sollte sich seine Kommission kümmern. Der Bericht, den die nordrhein-westfälischen ZukunftsexpertInnen jetzt vorgelegt haben, hat einige überrascht: Studiengebühren sollen in NRW zwar bleiben, aber zukünftig erst nach dem Studium kassiert werden. Die Wehrpflicht soll einem allgemeinen Sozialdienst weichen, Kindergarten-Gebühren verschwinden, eine Autobahn-Maut soll kommen – genauso wie übrigens ein pauschales bedingungsloses Bürgergeld für alle, das die bisherigen Sozialleistungen ablösen soll.

Gut gebrüllt, Kommissions-Löwe. Was wird der Ministerpräsident mit einem solchen Bericht anfangen? In erster Linie gut damit aussehen. Die Herren und Damen von Rüttgers Gnaden fordern vor allem Dinge, die gar nicht in die Kompetenz des Bundeslandes fallen. Mit ihrer Hilfe kann sich Rütti jedoch einmal mehr als der angeblich soziale Macher im schwarzen Herzen der CDU gerieren. Die Wirtschaftsbosse in der Kommission haben dagegen wohl schnell erkannt, welchen Stellenwert ein Gremium hat, dass nicht ein konkretes Gesetz vorbereitet, sondern allgemein über die Zukunft schwadroniert. McKinsey-Chef Jürgen Kluge und Friedrich Merz tragen letztendlich auch die Forderung nach mehr Mindestlöhnen mit. Das wird nicht an der Überzeugungskraft des einsamen Gewerkschafters in der Runde gelegen haben. Vielmehr werden sie erkannt haben: Es ist Wahlkampfzeit, und außerdem Wirtschaftskrise. Da ist eben Kreide fressen angesagt. Wer wäre denn so naiv und würde ernsthaft damit rechnen, dass nach den Wahlen umgesetzt wird, was vorher versprochen wurde?

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