So wie der Student Horatius Kloppenstock. Horatius besucht gerne seine Freundin, und zwar meistens über Nacht. Das weiß er, das weiß sie, und das wissen (wahrscheinlich am besten von allen) auch die Nachbarn des besagten Mädchens. Neulich hing ein Zettel an ihrer Tür: „Wie viele Personen wohnen eigentlich in Ihrer Wohnung?“ Weil die Frage anonym gestellt war und die Antwort auf der Hand liegt („Na, eine, steht doch auf dem Klingelschild!“), kümmerten sich weder Horatius noch seine Freundin weiter um den Zettel. Der Hintergrund der Frage offenbarte sich dann in einem späteren Gespräch mit dem Vermieter. Die Nachbarn hätten den häufigen Besuch eines jungen Mannes bemerkt und sorgten sich nun darum, dass die Kosten für den erhöhten Wasserverbrauch neu berechnet werden müssten, erfuhr die verblüffte Freundin hier. Offenbar klemmen sich die netten Damen und Herren also in ihrer Freizeit gerne hinter ihre Türspione und protokollieren das Hygieneverhalten etwaiger Besucher. Hat der doch schon wieder geduscht! Auf unsere Kosten! Glücklicherweise hat der Vermieter für das Stasi-Hobby der anderen Mietparteien ebenfalls wenig übrig: Er beließ es bei einem Hinweis auf die Sorgen der armen Nachbarn.
Diese Episode bietet Horatius und seiner Freundin seitdem eine gute Gelegenheit für humorige inszenierte Gespräche im Hausflur: „Ich muss jetzt nach Hause, DUSCHEN!“, oder auch: „Weißt du was ich an dir mag? Du verbrauchst so wenig WASSER!“ Andererseits stimmt sie aber auch nachdenklich. Eine schnelle Recherche in Horatius` Freundeskreis brachte folgende Gechichte an den Tag:
Eine Bekannte hatte beschlossen, ihren Freund bei sich einziehen zu lassen. Ordnungsgemäß wurde der Mietvertrag geändert. Weil der Freund aber bereits eine Woche vor Vertragsabschluss die neue Wohnung bezogen hatte, verlangten die Nachbarn tatsächlich, dass das Paar 53 Cent Wasserkosten nachzahlen solle. Offenbar ist die Angst vor Übervorteilung in deutschen Mietshäusern ein weit verbreitetes Phänomen. Das Auge hinter dem Türspion als Spiegel der Krämerseele! Derart tiefe Einblicke sind viel mehr wert als ein paar Cent Wasserkosten.
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