Bild: Leon Hartmann

Zum zweiten Mal startete der Radiosender 1Live dieses Jahr auf Instagram das Meme-Duell zwischen verschiedenen Städten aus Nordrhein-Westfalen. Das hieß für die sechs teilnehmenden führenden Meme-Seiten der ausgewählten Städte: Innerhalb von jeweils 48 Stunden gilt es, unter einem geposteten Meme möglichst viele Kommentare zu sammeln.

Bei dem Wettbewerb gewinnt der Post mit den meisten Kommentaren pro Follower auf der Meme-Seite. Dabei sind dieses Mal Gelsenkirchen, Münster, Bonn, Aachen, Paderborn und Essen.

Es galt zu klären, wer auf Münster folgt, dem Sieger des ersten Meme-Duells von 1Live im vergangenen Jahr. Wer die Titelverteidigung der Münsteraner Meme-Seite @muenster_dings verhindern wollte, für die hieß es zwei Tage lang so viel in die Tasten zu hauen, wie nur möglich. Denn: Mehrfach kommentieren war ausdrücklich erlaubt. Und das taten unzählige Menschen.

In Essen waren das am Ende die meisten Leute, denn sie holten sich die meisten Kommentare aller 6 sechs Städte. Und nicht nur das: Weil sie sich so ins Zeug legten, holten sie sich einen deutschen Rekord. Der Post zum Meme-Duell ist nun offiziell der am meisten kommentierte deutsche Beitrag aller Zeiten auf Instagram – eine unglaubliche Leistung der Follower:innen von @essendiese, der Essener Meme-Seite. Mit über 21,7 Millionen Kommentaren ließen die Essener:innen den bisherigen Spitzenreiter, einen Post von @bibisbeautypalace mit knapp 16 Millionen Kommentaren, problemlos hinter sich. Der Konzern Meta bestätigte 1Live den Rekord auf Anfrage, für dessen Einstellung sie gerade einmal knapp 40 Stunden gebraucht hatten. Auch weltweit dürften sie damit mindestens in die Top 5 vorgedrungen sein. Laut @essendiese sei man aktuell auf Rang 2 weltweit. Sie erreichten so ein Verhältnis von 169,35 Kommentaren pro Follower:in.

Wie war das möglich?

Eine Rolle spielten dabei sicherlich einige Anreize: Die Sparkasse Essen kündigte etwa an, je nach Platzierung eine hohe Summe Geld an einen guten Zweck zu spenden, für den ersten Platz 100.000, für den zweiten 75.000 und für den dritten 50.000 Euro. @essendiese kündigte zudem mehrere Hundert Liter Freibier in einer Essener Kneipe im Falle eines Sieges an. Der offizielle Instagram-Account der Stadt Essen bot der Meme-Seite zudem an, ihren Account für eine Stunde zu übernehmen, sollten sie fünf Millionen Kommentare erreichen. Die Band Scooter verloste Tickets für ihre Show, Rot-Weiß Essen für Ligaspiele.

Am Ende war es aber wohl vor allem der Wille und die Verrücktheit der Essener:innen, die den Rekord möglich machten. @essendiese repostete Storys von Follower:innen, auf denen mehrere Essener:innen zusammen in größeren Gruppen saßen und sekündlich aufs Handy tippten, um Emojis und Buchstaben möglichst schnell abzuschicken. Man sah dort selbst auch Menschen bei der Arbeit fleißig am Kommentieren – egal, ob im Büro, im Krankenhaus oder im Friseursalon.

Die Meme-Seite lobte deshalb in einem selbst veröffentlichten Statement ausdrücklich die »Zusammenarbeit in der Stadt, aber auch über die Stadtgrenzen hinaus«. Diese habe sie für einen kurzen Moment daran glauben lassen, dass »wir alle eine Einheit sind und gemeinsam Großes schaffen können«.

Über die Stadtgrenzen hinaus? Damit spielte die Meme-Seite auf die Solidarität innerhalb des Ruhrgebiets an. Denn als Essen Gelsenkirchen vorzeitig überholte, war klar, dass es zu einem Kopf an Kopf-Rennen zwischen Essen und Aachen kommten würde. Menschen aus anderen Ruhrgebietsstädten wie aus Gelsenkirchen und auch aus Bochum – so las man in Storys von Meme-Seiten sowie in den Kommentaren – eilten zur Unterstützung. Der Tenor war klar: Gegen andere hält der Pott zusammen. Der Titelkampf hieß am Ende also nicht Essen gegen Aachen, sondern Aachen gegen das Ruhrgebiet. Ein eigentlich aussichtsloser Kampf, sollte man meinen.

Doch das Kuriose und die unerwartete Wendung in der Geschichte ist: Den Sieg holten sich am Ende die Aachener:innen mit über 16,7 Millionen Kommentaren. Ein gigantisch hoher Wert, beachtet man die Follower:innenzahl der Meme-Seite @acbushofmemes von 95.000. Zum Vergleich: Essen hat aktuell 131.000 Follower:innen. Der Sieg ging letztlich aufgrund des besseren Verhältnisses von Kommentaren und Follower:innenanzahl an Aachen.

Gleichzeitig sollte es aber nicht darüber hinwegtäuschen, welch unglaubliche Leistung die Essener:innen vollbracht haben – berücksichtigt man zusätzlich, dass mit einer höheren Follower:innenzahl auch eine höhere Anzahl an inaktiven Accounts einhergeht. Zudem kämpfte die Meme-Seite – aufgrund der ausufernden Beteiligung der Community – mit Einschränkungen seitens Meta, die etwa die Kommentare sowie die Sichtbarkeit des Posts zeitweise für viele einschränkte. Klar ist zudem: Den deutschen Rekord für die meisten Kommentare nimmt @essendiese und seiner Community so schnell niemand, wenn es selbst die übermotivierten Aachener:innen nicht schaffen konnten.

Und: Durch den 2. Platz sicherten sie die Spende der Sparkasse Essen in Höhe von 75.000 Euro. Nach eigenen Angaben befindet sich @essendiese aktuell im Austausch mit Vertreter:innen der Sparkasse, um das Ziel der Spendensumme möglichst sinnvoll auszuwählen. Allein darauf kann die Community der Meme-Seite stolz sein. Hinter all den Accounts der Kommentierenden steckten unzählige Menschen, die in den 48 Stunden des Wettbewerbs »auf seltsame Art und Weise miteinander verbunden waren«, so beschreibt es @essendiese in seinem Statement. Sie alle haben etwas geschafft, das im ersten Moment sinnlos und stumpf klingt, aber bei näherem Hinsehen eine ganze Stadt für zwei Tage (und darüber hinaus) näher zusammengeschweißt, Solidarität innerhalb des Ruhrgebiets ausgelöst und eine sechsstellige Spendensumme herbeigeführt hat – und all das ist sowie so viel mehr wert als der erste Platz in einem Meme-Wettbewerb. Deshalb beendet auch @essendiese sein Statement mit folgendem Appell: „Seid bitte stolz auf das, was ihr da abgerissen habt. Es hat vielen Menschen – auch uns – echt was bedeutet.“

:Gastartikel von Leon Hartmann

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