Bild: :ano, Zaudern, Zuckerwatte und Zehn-Euro-Scheine – Jahrmärkte 2025

Von Februar bis Dezember ist in Nordrhein-Westfalen Kirmes-Saison.Vielerortsfinden die beliebten Jahrmärkte statt, die die meisten von uns schon seit unserer Kindheit kennen. Doch lohnt sich der Besuch heutzutage noch? Gerade für uns Studierende ist das fraglich.

Bunte Lichter, das Gekreische von Kindern, welches sich mit der lauten Musik vermischt und aus jeder Ecke weht der Geruch von Köstlichkeiten – in Deutschland folgt ein Rummel dem nächsten, vor allem um Ostern herum. Die Jahrmärkte in den verschiedenen Städten und Gemeinden erwarten ihre Besucher:innen mit offenen Armen. Kein Wunder, denn bei den meisten Gästen liegt das Portmonee griffbereit in der Hosen- oder Handtasche.  Mandeln für lasche fünf Euro, ein Baumstriezel zum Schnäppchenpreis von sechs Euro und zum Nachspülen ein Wasser (0.2 L) für knapp drei Euro – das ist ja fast umsonst! Zumindest, wenn man zur oberen Mittelschicht gehört oder zum vierten Mal im selben Monat von der Finanzspritze von Papa profitiert – kein Vorwurf, manche haben mehr Glück und manche weniger. 
 Für die meisten Studierenden sieht die Realität etwas anders aus und ein finanzielles Gleichgewicht zu wahren, ist gar nicht mal so einfach. Zwischen steigenden Mieten, Jobstress und Prüfungsdruck wirkt da ein 6-Euro-Fahrchip fürs Riesenrad eher wie ein schlechter Scherz als ein Freizeitvergnügen. Dabei wollen wir doch auch nur in Erinnerungen schwelgen, vom stressigen Alltag abschalten und einfach nur einen schönen Tag verbringen, wenn wir zwischen den bunten Gassen der Jahrmärkte hin- und herwandeln.
 Die Kirmes ist und bleibt allerdings auch ein guter Ort zum Gruseln. Eine Gänsehaut können wir uns hier nämlich nicht nur in den Gruselhäusern und Geisterbahnen abholen, die gibt es bei dem Blick auf die Preistabelle kostenlos dazu – und das ist dann auch das Einzige, was wirklich umsonst ist. Denn nicht nur das Essen ist vergleichsweise echt teuer, auch eine Fahrt mit den Fahrgeschäften kostet uns mittlerweile ein halbes Vermögen und dauert dabei oftmals nicht länger als drei Minuten. Und wofür? 
 Um auf der Wilden Maus für acht Euro ruckelnd in dem Sitz hin- und hergeworfen zu werden, beim Kettenkarrussel einen Drehwurm zu bekommen oder sich für ca. fünf Euro im Spiegellabyrinth die Nase zu richten – immerhin günstiger als die Nasen-OPs in der Türkei – weil man vergessen hat, dass man sich am besten mit den Händen vorantastet und nicht mit dem Gesicht, aber naja, you do you boo. Vielleicht ist das ja eine neue Technik, die wir noch nicht kennen. Und sollten die Fahrgeschäfte nichts für Euch sein, dann ja vielleicht das Dosenwerfen mit einer 0,0001 prozentigen Chance auf ein Plüschtier. Nach so viel Spaß klingt der ganze „Spaß“ dann auf Dauer irgendwie doch nicht mehr. Es erinnert eher an ABBAs: „Money, money, money – must be funny – in a rich man‘s world.“ (Gern geschehen für den Ohrwurm). Als Andenken gibt’s dann zumindest ein paar Prellungen und ein Dröhnen im Gehörgang, da hat man sogar am nächsten Tag noch was von.
 In den meisten Fällen laufen wir über die Kirmes, essen was und fahren mit der ein oder anderen Attraktion. Je nachdem, ob man mit dem Auto anreist, kommen noch die Parkkosten auf einen zu. Möchte man nicht jeden Cent zweimal umdrehen, können da an einem Nachmittag locker 40 Euro draufgehen. Das ist verdammt viel Geld für das bisschen, was man bekommt! Beispiel: Bei Freizeitparks bezahlt man zwar auch viel Geld, allerdings hat man hier die Möglichkeit, die Fahrgeschäfte nach Belieben zu nutzen, weil diese im Eintrittspreis mitinbegriffen sind (als Student:in kann man sogar einfacher die Stoßzeiten umgehen).

Tatsächlich schwanke ich mit meiner Meinung zwischen Für und Wider.

Natürlich sieht die Welt heute anders aus als vor ein paar Jahren und auch die Schausteller müssen ihre Preise an die steigenden Lebenserhaltungskosten anpassen. Doch leider wirkt die Kirmes mittlerweile wie ein Ort, an dem man möglichst schnell möglichst viel Geld lassen soll. Fahrgeschäfte gleichen sich in jeder Stadt, das Essen ist überall gleich teuer. Früher war Kirmes ein magisches Fest. Heute ist sie ein Preisvergleich mit Musikbeschallung. Während sich die Lichter drehen, dreht sich einem beim Blick ins Portemonnaie der Magen – und das hat dann nichts mehr mit der letzten Runde Breakdance zutun.
 Andererseits bietet der Rummel auch eine gute Möglichkeit, eine kurze Auszeit zu nehmen. Kirmes bietet Nervenkitzel, Geschwindigkeit und schwindelerregende Höhen. Es ist laut, schrill, übertrieben – und ja, manchmal genau das, was man nach einem Tag in der langweiligen Vorlesung oder einem Monat im grauen Studienalltag braucht.

Am Ende zahlen wir vor allem für das nostalgische Erlebnis und die Alltagsflucht und nicht etwa für das ach so leckere Essen oder den Adrenalinkick, wenn man im Freefall-Tower hockt und die Menschen unter einem aussehen wie kleine Ameisen. Das ist zwar auch cool, aber wiegt die Gegenseite eben nur zum Teil wieder auf.
 Kirmes lohnt sich dann, wenn man bereit ist, für einen Moment Kindheitsgefühl ein paar erwachsene Kompromisse einzugehen. 

:Alina Nougmanov

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