Die Kanzlerkandidat:innen macht so viel mehr aus als nur ihre Parteizugehörigkeit. Schließlich zählen doch vor allem die inneren Werte… Um sich ein Bild davon machen zu können, wie sich jemand im Kanzleramt abseits der Wahlkampfparolen wirklich anstellen wird, muss man mehr über die Geschichte der Person erfahren – darüber, was sie geprägt hat. Daher folgt nun eine Übersicht über die Biografien der Kandidat:innen á la Siegmund Freud auf Wish bestellt.  

Olaf Scholz (SPD) 

Der Sozialdemokrat wurde am 14. Juni 1958 in Osnabrück geboren, wuchs aber in Hamburg auf. Seine Eltern waren in der Textilindustrie tätig, sein Vater war Geschäftsführer innerhalb eines Unternehmens. Selbst wollte er sich jedoch eher mit “Rechtsstoff” befassen und studierte nach dem Abitur 1977 Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg. 1984 schloss er sein Studium ab. Anschließend leistete er Zivildienst und arbeitete ab 1985 als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. 

Seine politische Laufbahn begann Scholz bereits mit dem Eintritt in die SPD im Alter von siebzehn Jahren. Von 1982 bis 1988 war er sogar stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos. 1998 wurde er erstmals Mitglied des Deutschen Bundestages. Zwischen 2001 und 2011 hatte er verschiedene politische Ämter inne, darunter Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg (2001), Generalsekretär der SPD (2002–2004) und Bundesminister für Arbeit und Soziales (2007–2009). 

Mit Führungspositionen kennt er sich aus: Von 2011 bis 2018 war er zudem Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Auch die Hauptstadt ist schon lange kein Neuland für ihn. Von März 2018 bis Dezember 2021 arbeitete er als Bundesminister der Finanzen und stellvertretender Bundeskanzler. The rest is history – seit dem 8. Dezember 2021 ist Scholz der neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland – und dabei der erste konfessionslose. 

Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) 

Robert Habeck wurde am 2. September 1969 in Lübeck geboren und wuchs in Heikendorf auf. Seine Eltern betrieben eine Apotheke. Vielleicht entwickelte er deshalb  später den Willen, zu Helfen und zu Verändern. Nach dem Abitur 1989 leistete er bis 1991 Zivildienst beim Hamburger Spastikerverband. Anschließend studierte er von 1991 bis 1996 Germanistik, Philosophie und Philologie in Freiburg im Breisgau, Roskilde (Dänemark) und Hamburg. Während seine Eltern mit der Behandlung von Krankheiten zu tun hatten, widmete sich Habeck als Doktor jedoch nur der Behandlung des eigenen Wissensdursts in den Geisteswissenschaften. 1996 schloss er so sein Studium mit dem Magister Artium ab und promovierte im Jahr 2000 an der Universität Hamburg zum Dr. phil. 

Während er sich heute hochkomplexen Sachverhalten widmet, hat er in der Vergangenheit etwas sanftere Töne anklingen lassen. Von 2000 bis 2009 arbeitete Habeck als freier Schriftsteller und veröffentlichte gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch mehrere Romane und Kinderbücher. Das Paar hat selbst vier Söhne. 

Friedrich Merz (CDU/CSU) 

Joachim-Friedrich Merz wurde am 11. November 1955 in Brilon, Nordrhein-Westfalen, geboren. Statt Wahlkampf hieß es zunächst jedoch vermutlich eher Nahkampf. Denn nach dem Abitur absolvierte er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr. Wie viele seiner Berufskolleg:innen entschied auch er sich anschließend dazu, Rechts- und Staatswissenschaften zu studieren – vielleicht auch, weil seine Eltern ebenso Juristen waren. Er studierte in Bonn und Marburg. Seine berufliche Laufbahn begann er als Richter am Amtsgericht Saarbrücken. Die Tätigkeit als Richter schien ihn jedoch nicht zu erfüllen. 1986 wechselte Merz zu einem Industrieverband und arbeitete in Bonn und Frankfurt, bevor er 1989 ins Europäische Parlament gewählt wurde, dem er bis 1994 angehörte. Als Politiker kann er nun wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten und sich dafür einsetzen, Paragraphen abzuändern.   

Das politische Parkett schien ihn schon lange anzuziehen; bereits als Schüler war er 1972 in die CDU eingetreten und ab 1980 dann Vorsitzender der Jungen Union. Schließlich wurde er von 1994 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. In dieser Zeit fungierte er von 2000 bis 2002 als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Heute ist er seit dem 31. Januar 2022 CDU-Parteivorsitzender. 

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2009 war Merz in der Privatwirtschaft tätig, unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender der Atlantik-Brücke e.V. und als Vorsitzender des Aufsichtsrats von BlackRock Deutschland. Über die Jahre hat sich auf seinem Konto ganz schön was angespart: Nach eigener Aussage gehört er so zu oberen Mittelschicht – als Millionär. Ob sein Sohn und seine zwei Töchter das auch so sehen? Der politische Überflieger könnte bald mit seinem Privatjet in der Hauptstadt landen. 

Alice Weidel ( AfD) 

Alice Elisabeth Weidel wurde am 6. Februar 1979 in Gütersloh, Nordrhein-Westfalen, geboren. Ihr Vater war Wirtschaftsingenieur und später auch Handelsvertreter. Nach dem Abitur studierte sie Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth, wo sie 2004 ihr Studium als eine der Jahrgangsbesten abschloss. Anschließend promovierte sie 2011 zum Dr. rer. pol. In ihrer Dissertation analysierte sie das chinesische Rentensystem. Das Thema Ruhestand war für sie ansonsten jedoch noch weit entfernt. Beruflich war Weidel so erstmal in der Finanzbranche tätig, unter anderem bei Goldman Sachs und Allianz Global Investors. Sie sammelte internationale Erfahrung in Europa, Asien und den USA. Aufgrund ihres Forschungsaufenthalts in China spricht sie sogar fließend Mandarin. Bald könnte sie das Ergebnis der anstehenden Bundestagswahl zur Abwechslung mal sprachlos machen.  

Zudem war sie Mitgründerin sowie Beraterin von Start-Up-Unternehmen. Laut Insidern soll der erhoffte berufliche Durchbruch jedoch ausgeblieben sein. 

Privat lebt sie mit ihrer Lebenspartnerin, die auf Sri Lanka geboren wurde, und ihren zwei Adoptivsöhnen in der Schweiz als Zweitwohnsitz. Vor ihrem Eintritt in die AfD soll sie laut früheren Bekannten die Grünen oder die FDP gewählt haben. Ihre Partnerin habe dennoch schlussendlich durch sie ihren links-grünen Freundeskreis verloren. 2013 war Weidel der Alternative für Deutschland in ihrem Gründungsjahr beigetreten. Ursprünglich war die AfD dabei eigentlich als Kritik an der neuen Währung Euro gegründet worden. Wenig überraschend ist es deshalb, dass ihre politischen Ansichten lange Zeit als gemäßigt bezeichnet wurden. Doch wie bereits die gerühmte Lyrikerin Shirin David konstatierte: Zeiten ändern sich, Zeiten ändern dich.  

Bei der Bundestagswahl 2017 bildete sie gemeinsam mit Alexander Gauland das Spitzenduo der AfD und zog über die Landesliste Baden-Württemberg in den Deutschen Bundestag ein. Anschließend kletterte sie weiter die Karriereleiter hinauf und wurde 2021 gemeinsam mit Tino Chrupalla Co-Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion. Im Juni 2022 wurde sie zudem zur Bundessprecherin der AfD gewählt. Für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 nominierte die AfD mit Alice Weidel erstmals eine:n Kanzlerkandidat:in. 

:Levinia Holtz 

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