Der Benefizsong „Do They Know It’s Christmas?“ wurde 1984 als globaler Aufruf zur Hilfe für Afrika veröffentlicht und feiert nun sein 40-jähriges Bestehen mit einer Neuauflage. Doch während der Song Millionen auf einen Umstand aufmesakm machte, bleibt er bis heute wegen seines Afrikabildes und der „White-Saviour“-Debatte umstritten.
1984 rief der irische Musiker Bob Geldof den Benefizsong „Do They Know It’s Christmas?“ ins Leben, nachdem ein BBC-Bericht die Hungersnot in Äthiopien öffentlich gemacht hatte. Gemeinsam mit Midge Ure schrieb Geldof den Song, der mit prominenten Stimmen wie Bono (U2), George Michael, Sting und Paul Young aufgenommen wurde. Ziel war es, Spenden für Hungerhilfe und Entwicklungsprojekte zu sammeln.
Der Erfolg war überwältigend: „Do They Know It’s Christmas?“ wurde in Großbritannien zum meistverkauften Song aller Zeiten, sammelte Millionen von Pfund und legte den Grundstein für die Live-Aid-Konzerte 1985. Über die Jahre gab es mehrere Neuauflagen, darunter Versionen 2004 für den Kampf gegen Ebola und 2014 mit Künstler:innen wie Ed Sheeran, One Direction und Ellie Goulding. Zum 40. Jubiläum erschien 2024 ein „Ultimate Mix“, der Aufnahmen aller bisherigen Versionen vereint.
Trotz seines karitativen Erfolges blieb der Song nicht ohne Kritik. Vor allem der britisch-ghanaische Musiker Fuse ODG und andere afrikanische Künstler:innen prangern schon länger an, dass der Text ein einseitiges und klischeehaftes Bild von Afrika zeichne. Zeilen wie „Where nothing ever grows, no rain or rivers flow“ ignorieren die geografische und kulturelle Vielfalt des Kontinents. Auch die Frage „Do they know it’s Christmas?“ wird als herablassend empfunden, da das Christentum in Afrika seit Jahrhunderten tief verwurzelt ist.
Fuse ODG argumentiert, dass der Song das Bild Afrikas als hilfsbedürftigen Kontinent zementiere und so Wirtschaft, Tourismus und Investitionen hemme. Er sprach von einem „weißen Retter:innen-Komplex“, der Afrikaner:innen ihrer Würde beraube und westliche Helfer:innen als Held:innen inszeniere. Diese Sichtweise wird von Persönlichkeiten wie der nigerianischen Autorin Moky Makura geteilt, die kritisiert, dass westliche Charity-Kampagnen oft auf herablassenden Annahmen basierten.
Ed Sheeran, der 2014 an der Neuaufnahme beteiligt war, erklärte kürzlich, er hätte seine Zustimmung für die Verwendung seiner Stimme im neuen Mix nicht gegeben, da sich sein Verständnis der Problematik verändert habe. Er unterstützte Fuse ODGs Standpunkt und sprach von „einer dringend notwendigen Veränderung der Narrative“.
Bob Geldof und Midge Ure weisen die Kritik zurück, dass die Hilfe und die Aufmerksamkeit eher kurz- als langfristig sei. Geldof erklärte, der Song habe „Millionen von Menschenleben gerettet“ und sei nach wie vor eine wichtige Einnahmequelle für die Band Aid Charitable Trust, die Gesundheits- und Bildungsprojekte in Afrika unterstützt. Er nannte die Vorwürfe eines weißen Retter:innen-Komplexes „nonsensical“ und betonte die konkrete Realität von Hunger und Armut, die nicht durch abstrakte Argumente gelöst werde.
Auch Midge Ure zeigte Verständnis für die Debatte, verteidigte aber die ursprüngliche Intention des Songs. „Es geht nicht darum, Afrika negativ darzustellen, sondern die realen Folgen von Konflikten und Hunger zu zeigen.“ Tony Hadley von Spandau Ballet, der ebenfalls auf der Originalaufnahme zu hören ist, kritisierte Stimmen wie die von Sheeran scharf und forderte mehr Respekt für das Projekt.
Zum 40. Jubiläum wollten die Initiatoren die Erfolge des Projekts feiern und die Aufmerksamkeit erneut auf globale Probleme lenken. Mit Beiträgen von Künstler:innen wie Harry Styles, Chris Martin und der verstorbenen Sinead O’Connor soll die Neuaufnahme neue Generationen ansprechen und an die ursprüngliche Botschaft des Songs erinnern.
Trevor Horn, der Produzent des neuen Mixes, bedauerte, dass Sheeran nicht vorher konsultiert wurde, und zeigte sich offen für Änderungen, betonte jedoch die künstlerische Herausforderung, Stimmen aus unterschiedlichen Jahrzehnten in einer neuen Version zusammenzuführen.
„Do They Know It’s Christmas?“ bleibt ein Ohrwurm. Für einige sogar ein kulturelles Phänomen, das das Bewusstsein für globale Probleme geschaffen hat. Obwohl die Absichten hinter dem Song aufrichtig sind, ist es legitim, wenn Kritiker:innen aus den Ländern die Stereotype und Narrative zu hinterfragen. Die Zukunft der globalen Hilfe könnte davon profitieren, mehr Raum für Stimmen wie die von Fuse ODG zu schaffen und echte Partnerschaften zu fördern. Denn wie er im Rahmen der Kritik treffend sagte: „Afrikas Lösungen und Fortschritte liegen in seinen eigenen Händen.“
:aneb
0 comments