Content Note: In diesem Artikel geht es um Körperideale und Essverhalten.

Deutsch-Rapperin Shirin David hat ein neues Lied rausgebracht, mit dem sie ihr eigenes Image der aktivistischen Feministin nachhaltig zerstört haben dürfte. Was das Lied so toxisch macht…

Die Semesterferien bedeuten, dass der Social Media Konsum vieler Studis steigt. Leider kann so manch ein Online-Beitrag auch viel Toxisches in sich tragen. Besonders vulnerabel sind Menschen, die ein negatives Selbstbild haben. Zum Glück gibt es ja aktivistische Influencer:innen wie Shirin David. Die passionierte Feministin ist schließlich bekannt für die empowernden Messages in ihren Songs. Sie dürfte ja eigentlich der Safe Space für jede Flinta*-Person schlechthin sein. Oder etwa nicht?

Shirin David, die Frau, die dem konservativen Thomas Gottschalk im Live Fernsehen erklärt, was Feministin sein bedeutet. Die Rapperin, die im Duett mit KittyCat, jahrelanges Opfer sexistischer Anfeindungen, behauptet, sie mache „das Fass der Feministin auf“. Die Influencerin, die für Selbstbestimmung steht, weil sie sich auf Social Media freizügig zeigt und die Kritik daran ignoriert. Die Aktivistin, die in „Bauch Beine Po“ rappt: „Ich bin schlau, aber blond und supermegahot“ — es ist schließlich wichtig zu betonen, dass das gute Aussehen einer Frau sie nicht weniger seriös macht. Okay! In der nächsten Zeile ihres Songs stellt sie klar: „These bitches could never, glaub mir, ich kann“. Okay, hold on, hold on! What is going on? Ich sage es Euch: Wettbewerbsdenken is going on. 

Toll, Shirin David ist also „skinny“ und so manch eine Frau könnte das „never“ sein.

Ja, dünn sein, erfordert Disziplin, aber ist es wirklich so toll und feministisch, sich anderen Flinta*-Personen deshalb überlegen zu fühlen? Definitiv nicht! Schließlich zählen auch Werte wie Genuss im Leben. Und einen Menschen macht doch so viel mehr aus, als sein Essverhalten. Aber dies rückt leider oft in den Hintergrund, wenn man sich über sein Aussehen im Vergleich mit anderen Personen definiert. „Du willst ein’n Body? Ja, dann musst du pushen.“ Sport ist hier ein Zwang, der dazu dient, „pretty im Bikini“ auszusehen. Freude an Bewegung? Wertschätzung anderer Körperformen, die nicht jahrzehntelang durch das Patriarchat idealisiert wurden? Fehlanzeige!

Jede:r hat ja seine persönliche Philosophie des Glücks, aber sein Selbstwertgefühl wirklich überwiegend (!) von externer Anerkennung abhängig zu machen, gehört nicht zu meiner. Als ich ihr neues Lied „Bauch Beine Po“  das erste Mal angehört habe, dachte ich ehrlich gesagt, es handle sich um eine Parodie und irgendwann würde schon noch der Plottwist kommen, dass sie nur unrealistische Erwartungen gegenüber Frauen und ihren Körpern veralbern wollte. Aber nein. Lieber schwimmt man mit dem Strom und pusht Normen, die Frauen als Schaufensterpuppen annehmen. Das tun, was einem wirklich gut tut? Tut mir leid, nicht so wichtig, wie gut auszusehen! So geht ein glücklicher Lebensstil. Nicht. Wie man sieht, das Potential zum Parodieren war also gegeben. Dafür hätte Shirin vielleicht auch gar nicht die ausschließlich männlichen Co-Writer gebraucht. 

Ich habe noch nie verstanden, was daran emanzipatorisch ist, toxische Schönheitsideale „selbstbestimmt“ zu reproduzieren. Ich meine, ja, klar, du machst das, worauf du Bock hast. Aber durch Abmagern und zwanghaften Sport ultra skinny sein und nicht einfach gesund? Das klingt für mich eher nach einer notgedrungenen Art und Weise, sich selbst aufzuwerten. Ich möchte hier auch niemanden verurteilen, oder als schlechten Menschen darstellen. Die meisten Menschen wollen schließlich „ gepflegt“ aussehen und freuen sich auch über Komplimente zur eigenen Erscheinung. Es geht mir nur darum, zu verdeutlichen, dass es nicht zum wirklichen Glück führt, sein Leben zwanghaft danach auszurichten. Denn ist Euer Selbstwert primär von externen Faktoren, wie dem Aussehen abhängig, müsst Ihr immer in Angst leben, ihn wieder zu verlieren. 

Von Promis wird leider zu oft implizit normalisiert, dass ein Mensch schön sein muss, um sich wertvoll „genug“ zu fühlen. Ihr könnt Euer Bedürfnis nach Anerkennung, das wir als Menschen alle haben, aber auch anders stillen. Mit ihrer Reichweite könnte David in diesem Sinne so viel Awareness für einen intuitiven Lebensstil und psychische Gesundheit schaffen. Schade!

Ich verstehe es ja auch, wenn man als Promi dem Schönheitsideal entsprechen möchte, um seine Erfolgschancen zu steigern. Sex sells in unserer Gesellschaft. 

Geht es mich etwas an, was sie privat mit ihrem Körper macht? Nein. Vielleicht denkt Ihr Euch ja jetzt auch :“Ist doch nur irgendein Song. Komm mal klar!“

Allerdings springt Shirin David auf einen altbekannten Zug auf, der sowohl die Body Positivity- als auch Neutrality Bewegung droht, abzuhängen. Als Person des öffentlichen Lebens möchte sie feministisch und aktivistisch agieren? Dann weiß sie ja offenbar selbst um den immensen Einfluss, den sie mit derartig toxischen Botschaften vor allem auf junge Menschen hat…

:Levinia Holtz

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