:bsz: Du hast vor einer Weile eine Facebookgruppe eröffnet, in der sich Eltern austauschen können. Über welche Themen redet Ihr dabei?
Jasmin: Dadurch, dass es noch eine kleine Gruppe ist, ist das nicht viel. Dafür ist die Gruppe zu klein. Aber seitdem ich mich aktiver damit beschäftige, waren jetzt Anfragen mit BAföG, Erfahrungen mit dem Stillen und Stillräumen. Ich habe das ein oder andere Mal etwas hineingepostet, wenn ich neue Informationen über Gesetzesänderungen bezüglich Mutterschutzes und so weiter bekommen habe. Aber das ist noch in einem ausbaufähigen Bereich.
Und du möchtest das ausbauen?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, das auszubauen. Selbst wenn ich mit meinem Studium fertig bin, weil ich einfach der Meinung bin, dass da tatsächlich ein Bedarf da ist. Ich bin auch in Kontakt mit einer anderen Mutter, die eine Facebookgruppe eröffnet hat – allerdings überregional – da sind mittlerweile einige tausend Studierende drin, wo nach Gesetzesänderungen, BAföG, Betreuungsmöglichkeiten nachgefragt wird oder auch tatsächlich ein Erziehungsaustausch, also Ratschläge über Erziehung, stattfinden. Sowas wünsche ich mir natürlich für unsere Umgebung auch. Schön wäre es, wenn sowas primär auf die RUB ausgerichtet wäre. Aber vorstellbar wäre auch, dass man das dann auch auf NRW-Sicht oder zumindest auf die Universitäten in der Universitätsallianz ausbaut.
Du sagtest, in der Gruppe melden sich auch Studierende, die überlegen, Kinder zu kriegen. Welche Fragen stellen diese und welche Ratschläge könnt Ihr geben?
Es kommt immer auf die Frage an. Erstmal, womit sie sich gerade beschäftigen. Da waren jetzt unterschiedliche Fragen, wie zum Beispiel zur Vereinbarkeit: Wie sieht das aus mit Betreuungsmöglichkeiten? Kriegt man schnell einen Kita-Platz oder nicht? Wie sieht das aus mit Kindermitnahme in einem Seminar? Da gibt es unterschiedliche Feedbacks zu. Es sind selten explizite Fragen, sondern eher „Ja, ich bin mir da noch unsicher. Soll ich das jetzt machen oder erst später?“ Und es kommt auch ein bisschen auf das Studium an. Hat man Medizin als Studienfach, hat man ganz andere Voraussetzungen für das Studium zu erfüllen, oder hat man einen Auslandsaufenthalt als Verpflichtung, das ist etwas anderes als wenn man, wie ich, Sozialwissenschaft oder Erziehungswissenschaft studiert.
Gibt es Stellen, die Studierenden raten, lieber im Studium als in der Arbeitswelt ein Kind zu kriegen?
Ich habe von Medizinstudenten gesagt bekommen, dass denen wohl von Dozenten oder Professoren gesagt wird, es wäre eine bessere Idee, weil die Arbeitszeiten später nicht besser werden. Das war wohl aus deren Mündern eine Idee. Ich muss dazu gestehen, dass ich ein bisschen geprägt bin – ich habe zehn Jahre Vollzeit Berufserfahrung gemacht. Für mich wäre es damals keine Alternative gewesen, ein Kind zu bekommen, weil ich nicht familienfreundliche Arbeitszeiten hatte. Nun habe ich ein Luxusproblem, da ich einen Ehemann habe, der verdient. Ich sehe aber, dass auch ganz andere Personenkreise dieses Luxusproblem nicht haben. Sie haben vielleicht kein Vollzeiteinkommen, das sie absichert. Sie müssen existenziell noch arbeiten gehen. Sie müssen Familie, Beruf und Studium unter einen Hut bekommen und dafür sind die Bedingungen an der Uni einfach stellenweise unglücklich. Vor allem wenn Kinder mal krank werden. Da sehe ich einen Bedarf, dass etwas geändert wird für diejenigen, die nicht den Luxus haben, ihr Studium weiter hinauszögern zu können, weil sie BAföG-abhängig sind, oder von Zuschüssen der Eltern leben.
Aber ich finde die generelle Frage, wann du ein Kind bekommst, darf eigentlich gar nicht gestellt werden. Wenn ich mit meinem Partner das Gefühl habe, wir sind soweit, da darf die Frage nicht kommen: „Ich steck jetzt im Studium, ist das vereinbar?“ Diese Frage stellst du dir, wenn du im Beruf bist, auch nicht. Da müsste unsere Gesellschaft mittlerweile soweit sein, einer Studentin oder einer berufstätigen immer die Möglichkeit zu eröffnen, ein Kind zu bekommen. Aber sie stellt sich tatsächlich und das ist fraglich für unsere heutige, moderne Zeit.
Erzähl doch mal, wie ein normaler Tag bei dir aussieht.
Ich habe einen Puffer in der Zeit, in der mein Kind betreut wird und ich habe gottseidank einen Vollzeit-Kindergartenplatz bekommen, sodass ich von 9 bis 15 Uhr am Schreibtisch sitze, weil ich mich dann wieder fertig machen muss, um das Kind abzuholen. Im Moment läuft es ganz gut. Ich habe eine Schwiegermutter, die einmal die Woche nachmittags kommt. Und zwischenzeitlich kann mein Mann die Kleine nach der Arbeit abholen. Das ging die letzten Jahre sehr schlecht, weil er selbst noch studiert nach der Arbeit. Da hatte ich tatsächlich nur dieses eine, fixe Fenster wo ich auch Einkäufe erledigen oder den Haushalt machen musste. Das habe ich meistens nicht gemacht, wenn die Kleine zuhause war.
Hast du das Gefühl, dass noch mehr Erwartungen gegenüber Frauen gestellt wird?
Wenn man sich die heutigen Studien ansieht, sieht man, dass Männer, bevor sie Väter werden, immer sagen, dass sie gerne bereit sind, mehr zu opfern für die Familie. De facto ist aber doch grundsätzlich eher die Frau diejenige, die mehr zu tragen hat. Ich kenne sehr viele engagierte Väter. Ich habe bei den Uni-Zwergen sehr viele kennengelernt, die Betreuungszeiten mit übernommen haben. Man sieht auf der Straße immer mehr Väter, die das machen. Ich habe hier aber mehr Mütter gesehen, als Väter. Das kann natürlich nur ein Eindruck sein. In meinem Fall ist es nun so, dass der Vater arbeiten geht und die Frau studiert. Da geht das natürlich vor, dass der Mann existenziell für die Familie sorgt. Das sind oft individuelle Sachen.
Wo gibt es noch Bedarf in der Betreuung an der Uni?
Wenn ich das richtig überblicke, haben die Programme an der Uni immer nur diese klassischen Kindergartenbetreuungszeiten bis 16 Uhr. Viele Studierende haben aber Bedarf danach, weil sie Pflichtveranstaltungen im Nachmittagsbereich haben. Ganz Bochum hat, glaube ich, eine Kita, die eine 24-Stunden-Betreuung hat. Und versuch da mal, einen Platz zu kriegen.
Welche Wege findet man, damit umzugehen?
Jasmin: Da versuchst du deinen Mann zu akquirieren, deine Familie mit ins Boot zu holen, vielleicht deine Freunde. Wenn ich zwischenzeitlich Prüfungen habe, oder unbedingt eine Hausarbeit abgeben muss, schaue ich, dass eine befreundete Kindergartenmutter mit auf mein Kind aufpasst. Oder man muss das Lernen auf den Abend verschieben, wenn das Kind im Bett ist. Ich habe beispielsweise zwei Semester ein Seminar nicht besucht, weil es unglücklich im Nachmittagsbereich lag.
Wie sieht es im Seminarraum aus? Wie kann Eltern dort entgegengekommen werden?
Es ist nicht so, als wenn wir grundsätzlich unsere Kinder mitnehmen wollen. Aber sollte wirklich Not am Mann sein, so wie bei mir einmal der Fall war, dass kurzfristig meine Kleine eine Bindehautentzündung hatte und deswegen nicht in die Kita durfte als ich ein Referat halten musste. Da ging es ja auch darum, dass meine Punkte davon abhängig waren. Dann dürfte es meines Erachtens und auch nach den Dozierenden, die ich kennengelernt habe, die das befürwortet haben, kein Problem sein, wenn in so einem Notfall mal das Kind mitgenommen wird. Oder wenn eine Mutter noch stillt. Da sollte es vielleicht nicht das Problem sein, wenn ein Kind für einen gewissen Zeitraum mitgenommen werden darf. Ich habe eine Bekannte, die hat das mit ihrem Partner so organisiert, dass er sich den einen Tag, an den sie sich die Seminare gelegt hat, frei nahm und mit an der Uni war. Und er hat dann zwischen den Seminaren mehr oder weniger „das Kind durch das Fenster an die Brust gereicht“ und sie hat gestillt. Auf solche Ideen kommen wir dann.
Du hast deine persönlichen Erfahrungen positiv beschrieben. Hast du auch von negativen Erfahrungen gehört?
Auf jeden Fall! Ich weiß von einer Kommilitonin, die Sozialwissenschaften studiert hat. Bei ihrer Tochter wurde eine chronische Erkrankung festgestellt und sie musste regelmäßig zur Therapie während eines Seminars, dass sie schon angefangen hat. Sie hat angeboten, beispielsweise mehrere Exzerpte zu schreiben während der Semesterferien. Es wurde ihr verwehrt. Sie wäre schließlich Studentin und hätte anwesend zu sein.
Eine andere musste ein Auslandssemester machen. Das Prüfungsamt hat sie zur Prüfung nicht zugelassen, weil sie dieses Auslandssemester nicht gemacht hat. Dann hat sie sich an das Bundesministerium gewandt und das hat ihr gesagt, das ist kein Problem, schreiben sie in der noch offenen Sprache die Abschlussarbeit, dann geht das. Damit ist sie an das Prüfungsamt und dann war das kein Thema.
Dafür muss man sich aber erst an das Bundesministerium wenden?
Ja, diese Hürde muss man erstmal nehmen und diesen Mumm haben.
:Das Interview führte Stefan Moll
Info:Box
Interessierte Eltern und solche, die es werden wollen, können der Facebookgruppe „RUB-Zwergeneltern“ beitreten. Außerdem findet am 13. Februar von 10 bis 12 Uhr das erste Großgruppen-Treffen mit Beteiligung der Zentralen Studienberatung der RUB in der OASE statt.
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